Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
unfähig, diese Prophezeiung zu erfüllen, ... die göttlichen Ursprungs sein könnte, solltest du dann nicht ...«
Sie wollte Ayala nicht erneut erzürnen. Deren Strafen wurden von allen Bewohnern der Nebelinsel gefürchtet, und Caitlin brachte es nicht über sich, weiterzureden. Aber das musste sie auch nicht, denn ihre Mutter schüttelte bereits den Kopf.
»Du irrst! Als meine Tochter kannst du nicht unfähig sein. Du warst bisher lediglich ein wenig ... unbedarft. Du wirst an deiner Aufgabe reifen. Hohe Ziele verlangen Anstrengungen, oft sogar Opfer ... von uns allen! Allerdings wird sich dein Opfer vermutlich darauf beschränken, eine Zeitlang in Latohor zu leben. So bedauerlich das ist, aber die Aussicht auf ein Zusammentreffen aller Siegelerben ist denkbar gering. Doch wir werden für die Erfüllung der Prophezeiung tun, was wir tun können und müssen. Du bist eine Nachfahrin der großen Myria und wirst sie und uns würdig vertreten.«
»Ja, Mutter!« Eine andere Antwort zu geben, hätte Caitlin nie gewagt, und Ayala überhörte den leiernden Tonfall und nickte zufrieden.
»Mein Segen und unsere Wünsche werden dich begleiten. Dich erwartet bereits irgendein Hauptmann, und du musst nicht einmal packen. Dieser Mann führt angeblich alles mit sich, was du benötigst.« Hell lachte sie auf. »Sollte es tatsächlich so sein, darfst du ihm meinen Glückwunsch aussprechen, denn dann wäre er der erste Mann, der ahnt, was eine Frau benötigt.«
Sie wollte sich gerade wieder ihrer Beschäftigung zuwenden, als ihr noch etwas einfiel. »Ach, Caitlin, sollte dein Traum doch einmal eine Änderung erfahren, teile sie mir mit! Die Traumdeuterinnen halten ihn für bedeutsam.« Bei ihren letzten Worten ergriff sie schon die nächste Pflanze.
Ihre Tochter starrte eine ganze Weile vor sich hin und spielte mit ihrem Geschmeide aus glitzerndem Jaspis.
»Glaubst du, der da’Kandar-Prinz, wenn es ihn denn doch geben sollte, könnte schön und ritterlich sein?«, fragte sie plötzlich.
Ayala sah nicht einmal hoch.
»Dass Männer schön sein können, halte ich für ein Gerücht, und Ritterlichkeit zeichnet in der Regel die größten Trottel aus. Ein Mann, der auch nur ansatzweise über Verstand verfügt, nicht stinkt wie ein Ziegenbock und nicht dauernd bewundert werden will, nur weil er von Natur aus schwerere Steine schleppen kann als wir, wäre schon eine seltene Bereicherung dieser Gattung.«
»Sind alle Männer so wie unsere Lakaien oder die, die hin und wieder hierherkommen, um ...«
»Nein! Die Männer, die du bisher kennengelernt hast, sind die Besten ihres Geschlechts. Aber es ist nicht an uns, die Schöpfung der Götter zu hinterfragen. Die werden sich selbst bei Fruchtfliegen und Quallen etwas gedacht haben, was wir Frauen in unserer Schlichtheit nur nicht ergründen können.«
Die Königin sah ihre Tochter an, und ihr Lächeln erreichte diesmal sogar ihre blauen Augen, und endlich konnte auch Caitlin wieder lachen. Es war zwar ärgerlich und würde sicher unbequem werden, aber den Ausflug nach Latohor konnte sie vielleicht auch sinnvoll nutzen. Schließlich war das Fürstentum für feinstes Leinen und für die besten Färber bekannt.
Die Karawane, bestehend aus sechs Reitern, einem Frachtwagen und einer Kutsche, hatte den See längst hinter sich gelassen. So weit das Auge reichte, umgaben sie vom Wüstenwind rund, spitz oder wellenförmig geformte Sanddünen. Einzelne fedrige Wolken schmolzen dahin, wenn sie der Sonne zu nahe kamen, und die Luft flirrte, gaukelte ein ums andere Mal glitzernde Wasserflächen vor. Hauptmann Cornelius wischte sich Schweiß aus dem Gesicht, bevor er durchatmete, vom Pferd stieg und erneut zur Kutsche stapfte. Die erzwungenen Pausen häuften sich. Das erste Mal hatte die Prinzessin dunklere Tücher in den Fenstern gewünscht, um die Sonne auszusperren, dann frisches Wasser, dann Obst und das letzte Mal weichere Kissen.
Der Kutscher zuckte entschuldigend die Schultern. Schließlich war ihm aufgetragen worden, bei jedem Klopfen der Gäste zu halten. Der Hauptmann gönnte ihm kaum einen Blick, denn schon wurde der Kutschenschlag geöffnet, und Prinzessin Caitlin lugte heraus und stellte sofort ihre neue Forderung: »Ich verlange eine Rast. Es ist unerträglich heiß, und ich benötige Schatten, und ich benötige vor allem eine Erfrischung. Das Wasser im Beutel ist warm und ungenießbar.« Leichtfüßig sprang sie aus dem Wagen und blickte sich angewidert um.
Der Hauptmann
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