Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
Mattalan war wichtiger.
Neben ihm tauchte ein Bergjäger auf. Wie besessen schlug der Kommandant mit dem Schwert zu. Der Jäger parierte ein ums andere Mal mit seiner kurzen Axt. Ein Pferd rempelte den Rianer an, und der stolperte seinem Gegner entgegen. Der Kommandant setzte zum tödlichen Stoß an, doch der Jäger fuhr ihm mit der linken Hand übers Gesicht und zerfetzte es mit seinen messerscharfen Widerhaken. Korte schrie vor Schreck und Schmerz gleichermaßen auf. Blut lief ihm ins rechte Auge. Ein Axthieb traf seinen Brustharnisch mit solcher Wucht, dass alle Luft aus seinen Lungen gepresst wurde. Er taumelte, verlor sein Schwert und ging zu Boden. Der Bergjäger war schon über ihm und riss ihm mit den Widerhaken die Kehle auf. Der Kommandant lebte noch, als sein Gegner ihm mit der Axt die rechte Hand vom Arm trennte und in ein rotgefärbtes Säckchen am Gürtel steckte. Er lebte nicht mehr lang genug, um das endgültige Ende seiner Truppe zu sehen, aber er starb mit dem Wissen um eine vernichtende Niederlage.
Königin Morwena stand auf einem Bergplateau und blickte in die Schlucht. Ihre Augen glänzten feucht. Sie hatte schon viele Schlachten erlebt, aber hier sah sie ein Gemetzel. Ihre Männer hielten sich strikt an den Befehl: Es wurden keine Gefangenen gemacht.
Einige Wagen und Geschütze brannten, andere rauchten nur noch. Verwundete Pferde wurden getötet und wieherten schauerlich. Flüchtende wurden niedergeritten und zurück zum Lager geschleift. Hordenkrieger warfen ihre Waffen weg, knieten inmitten gefallener Kameraden nieder und flehten um Gnade. Ihre Schreie hallten durch die Schlucht, aber erbarmungslos wurden sie abgeschlachtet.
Morwena seufzte tief. Sie war nicht gefühllos, aber Überlebende passten nicht in ihren Plan. Sie musste schon bald einer Überzahl trotzen und daher geschickt zu Werke gehen. Sie hatte ihre Befehle als schlachterprobte Heerführerin erteilt, aber sie gefielen ihr nicht. Sie hatte heute den Tod von dreihundert Männern befohlen und zu verantworten, und jetzt würde sie weinen und für sie beten, aber bald würde sie mit ihren Generälen und Kriegern den Sieg gebührend feiern, und unmenschliche Grausamkeiten würden zu Heldentaten werden. Sie war Morwena, Königin und Feldherrin – und wie so oft wünschte sie sich, eine andere zu sein.
Sie wandte sich dem hinter ihr stehenden Krieger zu. »Ich will die Späher sehen, sobald sie hier sind. Wir müssen wissen, wie weit der Haupttross noch entfernt ist. Bitte jetzt General Cahn und General Morabe zu mir.«
Die Generäle trafen zeitgleich bei der Königin ein: zwei Männer, wie sie unterschiedlicher kaum hätten sein können. General Morabe von den Schützen war groß und hager. Sein kantiges Gesicht wurde von einem sauber gestutzten Bart und sorgfältig geschnittenen Haaren umrahmt. Er trug einen grünen Umhang über seiner Lederrüstung und ging kerzengerade mit so weit ausholenden Schritten, dass es wirkte, als messe er seine Gehstrecke ab. Seine ganze Erscheinung, bis hin zu seinem strengen Gesicht, das nur selten ein Lächeln zeigte, strahlte Würde und Erhabenheit aus.
Neben ihm hüpfte General Cahn, Führer der Bergjäger. Er war mehr als einen Kopf kleiner, aber dafür sehr viel breiter als der Schütze. Weder Haare noch Bart schienen regelmäßig mit Kamm oder Schere Kontakt zu haben. Der wild wuchernde graue Vollbart erreichte fast die kleinen braunen Augen, die unter ungewöhnlich langen und zotteligen Brauen lustig hervorlugten. Er trug weite Beinkleider über bloßen Füßen und einen zerlumpten Kittel, der vom Waffengürtel zusammengehalten wurde. Der Umgebung angepasst waren ausschließlich die Farben Grau, Rot und Braun in der Kleidung vertreten. Die Bergjäger waren Meister der Tarnung, verschmolzen förmlich mit ihrer Umgebung. Üblicherweise bewegten sie sich wieselflink. Zum langsamen Gehen gezwungen, wirkten sie, als würden sie hüpfen.
Der Kommandant der Bogenschützen begrüßte die Königin mit einer ehrerbietigen Verbeugung, der Jäger nickte nur strahlend.
»Meine Herren, unsere erste Schlacht war so kurz wie erfolgreich«, eröffnete Morwena das Gespräch. »Allen voran den Bergjägern und den Schützen gilt mein Dank.«
General Morabe nahm das Lob mit einem Nicken zur Kenntnis.
General Cahn demgegenüber rieb sich die Hände und verkündete: »Unser Sieg war vorbestimmt. Sieben ist unsere Glückszahl, und sieben Bergadler kreisten bei Sonnenaufgang. Da wusste ich: ein Tag
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