Neobooks - Die Zitadelle der Träume
machst du sehr gut, mein König. Du bist …«
Er stieß heftig die Luft aus, klammerte sich fest an die Hand und bat mit zittriger Stimme: »Pass auf dich auf, mein Junge! Du weißt, auch auf dich wartet noch eine wichtige Aufgabe.«
Rhonan erwiderte den Druck seiner Finger. »Keine Sorge, Gideon! Ich habe …«
»Bisher überlebt, dann wird dir das vermutlich auch noch einen Tag länger gelingen«, vollendete der Verianer tonlos. »Ich weiß, ich weiß. Sieh zu, dass es heute keine leere Versprechung bleibt! Viel Glück!«
Er löste sich sichtlich unwillig, schwang sich hinter einer immer noch ziemlich missmutig dreinblickenden Marga aufs Pferd und mit den Worten: »Mögen die Götter mit euch sein«, ritten sie durch die Reihen nach hinten.
Darius’ Mund umspielte ein dankbares Lächeln, als er seine Tochter davonreiten sah. Allein wegen dieser Anordnung war er sofort bereit, den neuen Großkönig zu lieben.
Rhonan drückte derweil schon Derea warm die Hand. »Die Umstände sind nicht gerade die besten, aber trotzdem schön, dich wiederzusehen. Wo ist Caitlin?«
Der erwiderte den Händedruck genauso warm. »Gut, dass du gekommen bist, und dazu noch in so sehenswerter Begleitung. War selten froher, jemanden zu sehen. Caitlin ist nicht hier.«
»Nicht hier? Wo ist sie denn?«
»Wir besprechen das besser später. Camora hat es eilig. Das war das Kriegshorn der Horden. Die Schlacht beginnt.«
»Was heißt das? Was gibt’s da zu besprechen? Sag mir sofort …«
»Sie ist auf der Nebelinsel«, unterbrach Canon ungeduldig. »Zusammen mit Hylia. Es geht ihnen gut.«
»Was? Aber …«
Derea legte ihm die Hand auf den Arm und bat beschwörend. »Du musst uns jetzt anführen. Alle warten auf dein Zeichen.«
»Auf der Nebelinsel?«
»Bei den Göttern, Rhonan! Sie wird auch nach der Schlacht noch dort sein. Gib endlich das Zeichen!«
Camora war nicht verdrängt, er war vergessen. Im Prinzen drehte sich alles. Er hatte also doch recht gehabt: Caitlin war in Gefahr, und er war nicht bei ihr, um sie zu beschützen. Wie im Traum ritt er an die Spitze und hob das Schwert.
Das Kriegshorn der Reiche erklang und die große Schlacht begann.
Es war keine Schlacht der Taktik, keine Schlacht für schlaue Kriegspläne. Zwei gewaltige Heere stürmten wild schreiend und ihre Waffen schwingend mit ungezügelter Gewalt aufeinander los.
Morwenas Hände verkrampften sich um die Zügel, als sie Canon und Derea vor den Flammenreitern und Adlern zusammen mit Rhonan an vorderster Front in die Senke reiten sah. In wildem Galopp flogen sie der wogenden schwarzen Masse entgegen und sprengten die Reihen der gefürchteten Schattenkrieger auseinander. Mit unglaublicher Schnelligkeit stürzten sich auch die Kalla in das Menschenmeer. Vor allem sie und die Schattenkrieger sorgten dafür, dass diese Schlacht später als eine der grausamsten in den Schriften der Gelehrten geführt werden würde.
Getrieben von dem Befehl zu töten, marschierten die willenlosen Züchtungen Maluchs durch die Reihen und fuhren mit ihren riesigen Waffen blutige Ernte ein. Beseelt durch den göttlichen Gedanken, den Schatten zu besiegen, zogen die hünenhaften Echsen ihre genauso blutigen Kreise. Waren die Krieger noch auf ihre Waffen angewiesen, reichten den Echsen schon allein die starken, messerscharfen Krallen, um Rüstungen zu spalten und Körper zu zerfetzen. Ihre Gefährten der Luft unterstützten sie nach besten Kräften. Krieger wurden hochgehoben und an geeigneter Stelle fallen gelassen, wo sie wie zerbrochene Gliederpuppen liegen blieben.
Wo bei Sonnenaufgang noch atemlose Stille geherrscht hatte, war jetzt ein unglaubliches Getöse, Geklirre und Geschrei zu hören. Hatte bei Sonnenaufgang noch wunderschön glitzernder Tau das Gras benetzt, färbte jetzt das Blut von Hunderten die Gräser rot.
In den Schriften würde später nachzulesen sein, wie unendlich groß die Zahl der Toten und der Verwundeten war und wie entsetzlich die Verstümmelungen auf beiden Seiten waren, aber einige Ereignisse würden keine Erwähnung finden, weil niemand über sie berichtete.
Morwena und Darius waren heute Morgen in diese Schlacht gezogen im festen Glauben daran, hier ihren Tod zu finden, doch innerhalb kürzester Zeit fanden sie sich inmitten von Echsenkriegern wieder, die offensichtlich nur die Aufgabe hatten, sie vor Angriffen zu schützen. Da es den Heerführern vieler Schlachten einfach nicht gelang, die Reihe ihrer Beschützer zu durchdringen, und
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