Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Abhilfe verschaffen konnte. Morgen würden sie ans Festland müssen, wenn sie überleben wollten. Er wusste nur nicht, wie. Und wenn sie es doch schafften … was dann? Sie konnte nicht laufen, und er konnte sie nicht tragen. Die einzige Waffe, die er bei sich trug, war ein Dolch, und es war nicht einfach, damit ein Tier zu erlegen, von Feinden einmal ganz abgesehen. Unwillkürlich sah er auf seine Begleiterin. Juna war nicht dumm und wusste genau wie er, dass ihre Möglichkeiten, hier zu überleben, eingeschränkt waren, aber sie hatte kein Sterbenswörtchen davon erwähnt. Weder über ihren schmerzenden Fuß noch über Prellungen, Schürfwunden, Kälte und Hunger hatte sie sich größer beschwert. Sie war zwar eine Hexe, aber darüber hinaus auch eine bemerkenswerte Frau.
Als Juna erneut erwachte, war es schon heller Tag. Sie drehte sich um, stutzte kurz und beobachtete dann belustigt ihren Begleiter, der gerade ächzend und mit wilden Verrenkungen versuchte, vorbeischwimmendes Treibholz zu erreichen.
Ein paar dürre Äste hatte er augenscheinlich schon zusammengetragen, aber die würden sie beide kaum über Wasser halten können.
Jetzt bei hellem Tageslicht besehen hielt sie es für unmöglich, an eine der Uferseiten zu gelangen. Als Nichtschwimmerin erfüllte sie allein das Tosen des Stroms schon mit Furcht. Wild schäumend brach er sich an ihrer kleinen Insel, und Gischt benetzte sie wie kleine Regenschauer. Es konnte noch nicht spät sein, aber die Sonne brannte bereits vom Himmel.
Mit leisem Stöhnen setzte sie sich auf und streckte sich versuchsweise. Es gab kaum ein Körperteil, das sie nicht schmerzte, und jede noch so kleine Bewegung tat weh. Sie betastete ihren Fuß und stellte fest, dass die Tücher feucht waren. Offensichtlich hatte der Hauptmann sie vor nicht allzu langer Zeit gewässert.
Erschrocken fuhr sie zusammen. Derea hüpfte plötzlich wie wild herum und stieß dabei seltsame Geräusche aus. Sie wollte gerade fragen, was los wäre, als sie sah, dass er einen ansehnlichen Fisch zu halten versuchte, der ihm immer wieder aus den Händen flutschte.
Juna lachte laut auf. »Hört auf, wie blöd am Rand herumzuspringen, kommt lieber weiter auf die Insel. Fliegen wird Eure Beute nicht können.«
»Leichter gesagt als getan! Himmel, ist das Ding glitschig«, keuchte er und schleuderte ihr den Fisch unabsichtlich vor die Füße.
Er strahlte übers ganze Gesicht und erklärte munter: »Das ist der erste Fisch, den ich gefangen habe, und dann auch noch mit bloßen Händen. War allerdings Zufall, ich wollte eigentlich einen Ast greifen. Was sagt Ihr dazu?«
»Ein schönes Tier«, lobte Juna gönnerhaft. »Was wollt Ihr mit ihm anfangen? Soll er unser Frühstück sein, oder wollt Ihr ihn großziehen und dazu abrichten, uns an Land zu ziehen?«
Derea warf ihr nur einen bösen Blick zu, trug ein paar Äste zusammen und forderte: »Entzündet das Holz!«
»Kann ich nicht mit dem Halsband.«
»Ich denke, doch. Hylia sprach lediglich von eingeschränkter Zauberkraft.« Jetzt wurde sein Blick herausfordernd. »Ich esse ihn notfalls auch roh. Ihr auch?«
»Nehmt mir endlich die Kette ab! Was ist, wenn Ihr sterbt? Wollt Ihr mich mit diesem Ding um den Hals in der Wildnis allein lassen?«
»Was mit Euch geschieht, wenn ich tot bin, ist mir ehrlich gesagt gleichgültig, aber nicht, was mit mir geschieht, solange ich am Leben bin. Hylia hat mir sehr unschöne Dinge über Euch berichtet. Entzündet das Holz und frühstückt gebratenen Fisch, oder lasst es eben und esst ihn roh! Der Geschmack ist bestimmt … einzigartig.«
Sie funkelte ihn wütend an, aber die Äste fingen kurz darauf an zu brennen und zu qualmen.
Derea nahm seinen Dolch und enthauptete den Fisch und sah sich den Torso genauer an, um vielleicht erkennen zu können, was er vor dem Braten noch mit ihm anstellen sollte.
»Ihr müsst ihn ausnehmen«, belehrte Juna. »Schneidet ihn am Bauch auf!«
»Hatte ich gerade vor«, log er. »Was macht der Fuß?«
»Was wohl? Tut weh. Was macht die Schulter?«
»Was …« Er sprang plötzlich hoch, ließ alles fallen und stolperte zum Wasser. Ein Baumstamm trieb geradewegs auf die Insel zu.
Der Hauptmann lag schon halb im Wasser und versuchte unter lautem Stöhnen, ihn den Fluten abzutrotzen, ohne selbst in den Strom gezogen zu werden. »Ich schaff es nicht allein. Jetzt helft mir schon«, keuchte er.
Umgehend kroch sie, so schnell sie konnte, zu ihm hin. Sie konnte vom Ufer aus
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