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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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Sie Spanisch, Walter?«
    Ross hatte beim Militär Spanisch gelernt. Er sagte: »Es geht. Ich war mal mit einer Latina verheiratet.«
    »Felicidades. Latinas sind die besten Ehefrauen der Welt.« Sie überging lässig, dass Ross’ Ehe offensichtlich keinen Bestand gehabt hatte. »War sie aus Kolumbien?«
    »Aus Queens.«
    »Sie sind witzig«, sagte sie ungerührt. »Haben Sie Kinder?«
    »Eine Tochter.«
    »Das dachte ich mir. Ist sie so alt wie ich?«
    »Viel jünger.«
    »Lebt sie bei Ihnen?«
    »Bei ihrer Mutter.«
    »Sehen Sie sie oft?«
    »Nein.« Nie.
    Die Kellnerin unterbrach sie. Als sie wieder gegangen war, hatte das Mädchen Ross’ Einsilbigkeit anscheinend gedeutet, denn sie wechselte das Thema.
    »Meine Eltern sind auch geschieden.«
    »Ja. Ihr Vater hat so was erwähnt.«
    »Ach, wirklich …? Eigentlich waren sie ja nie ernsthaft verheiratet. Mit Liebe und so. Meine Mutter hat meinen Vater geheiratet, weil sie die Staatsbürgerschaft wollte. Mein Vater hat meine Mutter geheiratet, weil sie die Eintrittskarte zu unserer Familie war. Kaum hatten beide, was sie wollten, da haben sie sich schon wieder getrennt. Zwischendurch bin ich zur Welt gekommen.«
    Immerhin. Ross sagte: »Was ist das für eine Familie? Was macht sie?«
    »Was Familien so machen. Alles Mögliche.«
    »Nein, ich meine, wovon leben sie?«
    »Leben? Sie meinen, geschäftlich. Kaffee, Hotels, Kühlhäuser, solche Sachen, ich weiß auch nicht so genau. Politik. Eigentlich sind wir zwei Familien: die, aus der meine Großmutter kommt, und die von meinem Großvater. Bei uns gibt es so viele Offiziere, Richter und Minister, dass wir einen eigenen Staat aufmachen könnten. Einen Bischof haben wir auch.« Sie machte eine kleine Pause für den Effekt. »Und einen Drogenbaron.«
    Ross ging nicht darauf ein.
    »Und Ihr Vater? Womit verdient er sein Geld?«
    »Wie, verdient? Er ist reich. Warum wollen Sie das alles wissen?«
    »Ich denke, wenn ich etwas über Ihren Hintergrund weiß, bekomme ich vielleicht einen Hinweis darauf, wer Sie entführen will.«
    »Und was würde das nützen?«
    Eine berechtigte Frage. Er war schließlich kein Polizist mehr. Ross ließ einen Moment verstreichen und sagte dann, um ihre Erzählung wieder in Gang zu bringen: »Bis Sie zwölf Jahre alt waren, haben Sie also in Kolumbien gelebt.«
    »Meistens bei meinen Großeltern. Meine Mutter hat wieder geheiratet, noch zwei Mal. Ich habe drei Halbgeschwister. Von meiner Mutter. Ich glaube, mein Vater hat auch noch Kinder aus einer anderen Ehe. Dann starb meine Großmutter, ich wurde schwierig, keiner wollte mich haben, und ich bin ins Internat abgeschoben worden.«
    Die unbekümmerte Gesprächigkeit des Mädchens überraschte Ross, aber sie gefiel ihm auch. Sie würden sich nicht die nächsten fünfundvierzig Minuten einsilbig und befangen gegenübersitzen, und er musste nur zuhören und brauchte selbst nicht besonders unterhaltsam zu sein. Bereitwillig gab er ihr das erwartete Stichwort. »Schwierig?«
    »Ich war die gringa mit dem Auge, und mit zwölf Jahren schon über einsachtzig groß. Einmal haben mich ein paar Jungs gehänselt, von denen habe ich einen ohne Schneidezähne, einen anderen mit einer Hodenquetschung ins Hospital geschickt. Da war mein Schicksal besiegelt.«
    Ihr Lächeln war wieder eine kleine Sensation. Dieses Mal war es besonders breit und hatte etwas Verwegenes, Schadenfrohes. Ross sah sie vor sich, wie sie auf das Telefon in der Tankstelle eindrosch.
    Er sagte: »Sie waren gut in der Tiefgarage.«
    »Oh, vielen Dank!«
    Sie freute sich! Einen Moment lang strahlte sie und gab zu erkennen, dass sie nicht so unabhängig vom Urteil ihrer Umgebung war, wie es aussah. Es war kein Lapsus, im Gegenteil; sie machte sich nicht die Mühe, zu verheimlichen, dass sie geschmeichelt und empfänglich für Komplimente war. Es ist wahr, dachte Ross, keiner kriegt jemals genug Anerkennung, egal, wie viel er davon bekommt.
    »Wenn Sie nicht zwei Angreifer beschäftigt hätten«, sagte er, »hätte ich zwei Bewaffnete gegen mich gehabt.«
    Er erfuhr nicht mehr, ob sie begriffen oder überhaupt gehört hatte, was er sagte, denn die Kellnerin erschien mit dem ersten Gang des Abendessens. Augenblicklich verlagerten sich das Interesse und die Aufmerksamkeit des Mädchens vollständig auf ihren Vorspeisenteller. Beim Essen erinnerte sie mehr denn je an ihren Vater. Wie er ließ sie sich Zeit, wählte scheinbar sorgfältig ihre Bissen vom Teller, kaute lange und lehnte sich

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