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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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antrainierten Reflexe mochten noch funktionieren; außerdem boxte er, um sich fit zu halten – aber nackt und angekettet …? Sie würden ihn nicht losmachen, das sahen die Regeln nicht vor. Ich muss auf den Beinen bleiben, nahm er sich vor. Es geht vorüber.
     Was aber, wenn die Männer doch keine Polizisten oder Soldaten waren, sondern Sadisten, die keine Regeln kannten, oder wenn sie die Toten aus der Tiefgarage rächen wollten? Es geht vorüber? Klar, es geht vorüber, dachte er, aber vorher werde ich schreien, bis meine Stimmbänder reißen und meine Lungen platzen. Ich werde Blut kotzen, Zähne spucken, mich bepissen und vollscheißen. Wenn ich ohnmächtig werde, wecken sie mich und fangen von vorne an. Wenn sie mich am Leben lassen, dann bin ich nachher ein Krüppel, auch wenn sie mich nicht verstümmeln. Ich werde für den Rest meines Lebens ängstlich und schreckhaft sein, leicht einzuschüchtern und schnell bereit zu weinen. Ich werde schlecht schlafen und häufig eingenässt aufwachen.
    Besser, sie schlagen mich tot.
    Auf was warteten sie?
    Sie warteten auf einen dritten Mann, bärtig, älter und nicht so kräftig wie die beiden mit den Schlagstöcken. Er drängte sich an den anderen vorbei und trat vor bis zur Mitte des Bettes. Sein Englisch war unbeholfen, und er hatte einen starken Akzent. »Bonjour. Ich bin médecin, Arzt.« Er schwenkte ein Stethoskop. »Ich `öre Ihr `Erz. Ihr pulmón. Lunge. Attackieren Sie nicht, d’accord? Okay?«
    Ross nickte verwirrt. Ein Arzt. Er würde nicht geschlagen. Und er war tatsächlich ein offizieller Gefangener, nicht in den Händen von Kriminellen. Erleichterung kam über ihn, so stark, dass ihn schwindelte.
    »`Erum.« Der Arzt gestikulierte. Er trug keine Handschuhe; er hatte nichts Schmutziges vor.
    Einer der Schlagstockmänner sagte: »Du schlägst den Arst. Wirr schlagen Disch.«
    Ross achtete nicht auf ihn. Vorsichtig kam er hinter dem Bett hervor. Als er sich bewegte, spürte er kalte Nässe unter den Achseln, zwischen seinen Gesäßbacken und Schenkeln. Der Arzt verlor keine Zeit. Nach einer halben Minute rollte er das Stethoskop wieder ein. »`Un-ger?«
    Ross nickte. Die Gefahr war vorüber. Wenigstens vorläufig.
    Sie gingen. Ross setzte sich benommen auf den Rand des Bettes und wartete, ohne zu denken, bis er sich wieder ganz beruhigt hatte. Er fror. Nach einer Weile sah er sich in der Zelle um. Das niedrige Eisenbett mit seiner nackten, gestreiften Matratze war das einzige Möbelstück. An der dem Bett gegenüberliegenden Wand hing ein gusseiserner Heizkörper. Die Tür war bis auf eine kleine, verschlossene Klappe in Augenhöhe völlig glatt. Die Zelle war mindestens doppelt so hoch wie gewöhnliche Räume. Außer der Lampe gab es an der Decke zwei schräg nach unten gerichtete kleine Kameras und über der Tür ein Lüftungsgitter. Das war alles. Wände, Decke und Boden waren einheitlich mit stumpfer weißer Farbe gestrichen. Ross suchte die Wände ab. Er fand keine Kritzeleien. Wenn hier jemand vor ihm gefangen gehalten worden war, dann hatte er nichts hinterlassen.
    Es dauerte nicht lange, bis die Männer zurückkamen. Einer brachte Bettzeug, einen ausgewaschenen blauen Overall und Plastiksandalen. Der andere stellte ein Tablett mit Essen auf den Boden neben die Tür und warf ihm einen kleinen Schlüssel zu. Ross öffnete die Handschelle, schob sie schwungvoll über den Boden in Richtung Tür und warf den Schlüssel hinterher. Der Mann fing den Schlüssel nicht auf und bückte sich nicht nach der Handschelle. Er stieß beides mit dem Fuß in den Korridor und ließ Ross nicht aus den Augen, bis die Tür zuschlug.
    Ich bin gefährlich, dachte Ross.
    Er zog sich an und aß mit dem Tablett auf den Knien lauwarme breiige Bohnensuppe aus einer Plastikschüssel und dazu altes Toastbrot. Schlucken schmerzte ihn noch, aber er war hungrig und aß mit Appetit. Als er dabei war, die Schüssel auszukratzen, fiel ihm das Mädchen ein.
    Er erschrak. Das Mädchen. Er hatte tatsächlich das Mädchen vergessen. Ich bin für sie verantwortlich, dachte er schuldbewusst, ich hätte den Arzt nach ihr fragen müssen, vielleicht hat er sie gesehen. Sie ist bestimmt in der Nähe, überlegte er, man würde sie beide nicht weit voneinander gefangen halten, damit der Abgleich von Befragungsergebnissen einfach war. Hoffentlich ging es ihr gut. Ob sie Angst hatte? Und wenn ja: Konnte sie damit umgehen? War sie stabil genug, um Ungewissheit, Einsamkeit, Verlust des Zeitgefühls,

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