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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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erzwungene Untätigkeit und die Androhung von Gewalt oder sogar eine tatsächliche physische Demütigung auszuhalten? Hoffentlich überschätzte sie sich nicht, hoffentlich hielt sie ihr Temperament im Zaum und provozierte die Schlagstockmänner nicht. Ich hätte mit ihr reden sollen, dachte er, um sie auf eine Gefangenschaft vorzubereiten. Zu spät. Als Bodyguard bin ich ein Versager, dachte Ross. Die Liste meiner Nachlässigkeiten und Fehler wird jeden Tag länger. Um etwas richtig zu machen, um überhaupt etwas zu tun, beschloss er, nach dem Mädchen zu fragen. Fragen konnte nicht schaden; vielleicht fand er etwas heraus. Er gestikulierte in Richtung der Kameras. Er klopfte ein paarmal an die Tür, erst mit den Knöcheln und dann mit der Faust – ohne Erfolg. Er rief, aber er bekam keine Antwort. Zuletzt schlug er mit dem Tablett gegen die Tür und machte einen Höllenlärm, aber auch darauf reagierte niemand. Saß denn niemand vor den Monitoren und beobachtete ihn? Waren die Kameras nicht eingeschaltet? Wurde er absichtlich ignoriert? In Hörweite musste er der einzige Gefangene sein. Die Bewacher mochten ihn ignorieren, aber andere Gefangene hätten ihm sicher geantwortet. Eine Minute lang verhielt er sich still, dann konzentrierte er sich: Gab es ein Geräusch, das er bis jetzt überhört hatte, das ihm etwas über die Welt hinter der Tür und außerhalb der Mauern sagte? Nur die Neonröhre summte leise. Er legte ein Ohr an die Tür, dann an die Wände und den Boden. Nichts. Er befühlte den Heizkörper. Er war kalt. Er horchte daran und meinte, ein schwaches Rauschen zu hören, womöglich von einer Zentralheizung. Ein Heizkreislauf, ein ausgezeichnetes Medium, um Schall zu transportieren. Das Tablett war sein Werkzeug. Zwanzig Minuten lang klopfte er verschiedene Muster und horchte an Heizkörper und Kloschüssel. Er erhielt keine Antwort. Er war alleine, von der Außenwelt abgeschnitten und ohne Verbindung zu dem Mädchen.
    Also gut. Daran war nichts zu machen. Jetzt hieß es warten. Warten ist etwas, was ich kann, dachte Ross.
    Er wartete. Er wachte, döste, schlief. Das Licht erlosch nie.
    Er erlaubte sich nicht, an das Mädchen zu denken; er verbannte sie aus seinen Gedanken, um sich nicht um sie zu sorgen.
    Von Zeit zu Zeit holten zwei Männer ein Tablett ab und stellten ein anderes neben die Tür auf den Boden. Sie beantworteten keine Fragen. Jedes Mal aß Ross mit einem Wegwerf-Besteck eine Fertigmahlzeit aus einer Plastikschüssel und ein paar Scheiben Brot, die daneben lagen. Seine Uhr war ihm abgenommen worden, und er benutzte die Essensausgabe als Zeitmessung. Er bekam zwei Mahlzeiten am Tag, schätzte er, also waren etwa vierundzwanzig Stunden vorbei, wenn ihm jeweils das dritte Tablett hingestellt wurde. Mit dem Fingernagel ritzte er eine Marke für jede Mahlzeit in die Wandfarbe, immer zwei zusammen für einen Tag.
    Am dritten Tag seiner Zeitrechnung erfasste ihn eine diffuse Unruhe, und er konnte nicht schlafen. Er begann zwischen dem Bett und der gegenüberliegenden Wand Dehnübungen zu machen, Liegestützen und Sit-ups. Er fand heraus, dass er kurze Klimmzüge am Bettrahmen machen konnte, wenn er sich unter das Bett legte. Mit den Zähnen zerfetzte er den Saum seines Bettlakens, riss entlang der Längsseite drei schmale Streifen ab und flocht sie zu einem Springseil. Zwischen Bett und Tür hatte er genug Platz und sprang, bis seine Muskeln schmerzten. Danach fühlte er sich besser.
    Als die Männer mit dem Essen wiederkamen, wollten sie zuerst das Seil. Ross stellte sich an die rückwärtige Wand seiner Zelle, als er sie an der Tür hörte. Das war eine Regel, seit sie ihm die zweite Mahlzeit gebracht hatten. Der Mann, der Englisch sprach, hatte ihn durch die Klappe hindurch aufgefordert, an die Wand zu treten und dort zu bleiben, solange die Tür offen war, jetzt und jedes Mal, wenn sie wiederkamen. Es war eine Vorsichtsmaßnahme, die Ross gleichgültig befolgte, auch wenn er sich darüber wunderte, dass sie ihn für so gefährlich hielten. Aber dieses Mal wurde die Tür nicht geöffnet. Zuerst wollten sie das Seil, zusammengerollt auf dem abholbereiten Tablett. Ross zögerte. Er verstand seine Bewacher; ihre Besorgnis war professionell. Für jemand mit richtigem Training und Motivation mochte das Seil eine Waffe sein. Für ihn war es nur ein Springseil. Er wollte es nicht hergeben. Er war ein wenig stolz, dass er auf die Idee gekommen war, und darauf, wie er es fabriziert hatte. Es vertrieb

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