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Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition)

Titel: Neobooks - Entbehrlich: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Anderson
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antwortete nicht. Sie hatte ihr Gesicht vollständig unter Kontrolle, aber er konnte sich vorstellen, wie das Psychologenhirn dahinter arbeitete. Klick, klick, klick.
    Sie sagte: »Sie sind ein Jäger.«
    Ross war nicht sicher, ob sie das wörtlich meinte. Er sagte: »Früher. Ich bin auf dem Land aufgewachsen.«
    Klick, klick, klick. Sie stellte die naheliegende Frage nicht, wohl, weil sie glaubte, dass er nicht antworten würde. Sie fragte: »Wie lange waren Sie Soldat?«
    »Sechs Jahre.«
    »Haben Sie oft geschossen?«
    »Nein. Wir wollten ja nicht auffallen. Die Einsätze waren geheim.«
    »Haben Sie auch mal ohne Auftrag getötet? Ohne Befehl?«
    »Aber das wissen Sie doch. Als Polizist. In der Schweiz.«
    »Nein, ich meine, aus persönlichen Gründen vielleicht? Oder einfach, weil Sie es konnten?«
    Ross antwortete nicht. Und wenn schon, dachte er. Vom Ergebnis her betrachtet sind alle Gründe gleich gut oder schlecht. Nur für den, der übrig bleibt, sind einige besser. Vergeltung, zum Beispiel, ist ein gesundes Prinzip.
    In seiner Erinnerung erschien ein Lagerhaus in New Jersey, zwölf Meter hoch und groß wie ein Fußballfeld, das er nach seiner Militärzeit zwei einsame Jahre lang in Zwölf-Stunden-Nachtschichten bewacht hatte. Es war eins von mehreren der Firma, für die er arbeitete. Was es enthielt, erfuhr er nie; es interessierte ihn nicht. Für die Sicherheit sorgten außer ihm, dem Wachmann, ein paar trübe Lampen, eine Handvoll Überwachungskameras und ein drei Meter hoher, solider Maschendrahtzaun. Und der Hund. Ross konnte lesen, fernsehen oder dösen, bei leise laufendem Radio, damit er nicht vollständig einschlief – der Hund war immer wachsam. Ihm entging nichts. Wenn sich jemand dem Tor oder dem Zaun näherte, dann sprang er auf und machte in seinem Brustkorb ein grollendes Geräusch. Er war groß und struppig, von undefinierbarer Rasse und hatte keinen Namen. Er stank, und anfangs konnte er Ross nicht leiden. Ross fütterte ihn jeden Tag zu Beginn und Ende seiner Schicht. Nach zwei Wochen störte ihn der Gestank nicht mehr, und der Hund machte keinen Bogen mehr um ihn. Wenn Ross zu ihm redete, dann hörte ihm das Tier mit philosophischem Gleichmut zu, und sein Blick war ohne hündische Demut. Manchmal war er tagelang das einzige Wesen, mit dem Ross in zusammenhängenden Sätzen sprach.
    In einer Winternacht wurde der Hund unruhig und rannte los, als Ross ihm die Tür des Wachraums öffnete. Wenig später fand er ihn mit gesträubtem Fell am Zaun und sah auf der anderen Seite zwei Männer in die Dunkelheit verschwinden. In der nächsten Nacht waren sie wieder da. Ross rief die Polizei, und ein Streifenwagen fuhr im Schritttempo durch die Straßen in der Umgebung des Lagers und leuchtete mit seinem Suchscheinwerfer in Einfahrten und dunkle Durchgänge. Einige Nächte später, kurz nachdem er wieder einmal aus dem Wachraum gerannt war, lag der Hund ohne Namen sterbend am Zaun. Ein Schuss oder ein Stich hatte seine Lunge verletzt; in seiner Schnauze stand helles, schaumiges Blut. Ross kniete neben ihm im Schneematsch und streichelte seinen Kopf, als er aufhörte zu atmen. Das ganze Gelände war asphaltiert; es gab keine Möglichkeit, das tote Tier zu begraben. Ross wickelte den Kadaver in ein Stück Teppichboden, das er aus einem Müllcontainer gefischt hatte, fuhr zu den nahen Piers – damals besaß er noch ein Auto – und ließ das Bündel ins schwarze Wasser gleiten.
    Für die Wachmänner gab es einen alten Achtunddreißiger, der unbenutzt und verstaubt in einer Schublade lag. Ross suchte ihn heraus und säuberte ihn. Fünf Kammern der Trommel waren geladen. Aus einer PET-Flasche und Glaswolle fabrizierte er einen provisorischen Schalldämpfer und befestigte ihn mit Klebeband am Lauf der Waffe. Probeweise gab er einen Schuss ab. Die Munition zündete noch, und die Explosion war nicht lauter als eine zuschlagende Autotür.
    Drei Nächte lang umkreiste Ross das Gebäude und beobachtete den Zaun. Trotzdem wurde er fast überrascht. Das Klicken eines Bolzenschneiders alarmierte ihn. Es schneite stark, und auch im Licht der Lampen konnte man kaum zwanzig Schritte weit sehen. Er wartete im Schatten, bis zwei Männer durch den Zaun und auf dem Weg zum Wachraum waren. Dann folgte er ihnen geräuschlos durch das Schneetreiben, holte sie ein und erschoss sie.
    Wie den Hund warf er die Toten ins Meer. Den improvisierten Schalldämpfer zerlegte er und vergrub das Material in dem Müll, aus dem er es

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