Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
versucht, ihn ihm auszureden. War sie schon so alt, dass sie keine Veränderung mehr wollte?
Mit einer energischen Armbewegung wies sie diesen Gedanken von sich. Sie war doch bestimmt nicht diejenige, die alles verzögerte, und sie war doch gewiss auch nicht diejenige, die alle Menschen schlechtmachte. Rond’taro wusste das besser als jeder andere. Trotzdem hatte er sie umgangen. Warum tat er das? Warum hatte er ihr nicht von Leron’das' Plan erzählt? Warum hatte niemand sie um ihren Rat gebeten?
»Du bist meine Liebe, mein Leben und meine Seele und ich sehe, du bist bedrückt.« Es war Rond’taro, der am Ufer des Sees auf sie wartete.
»Du weißt, was mich bedrückt«, antwortete sie, ohne ihn anzusehen. Er trat auf sie zu und nahm ihre beiden Hände in seine.
»Ich weiß es, und ich wünschte, es würde andere Wege geben. Wege, die dich nicht so traurig stimmen. Ich beobachte dich seit dem ersten Tag des Rates, ich sehe deinen Mut und deine Entschlossenheit und ich sehe deinen Schmerz. Jede Last möchte ich von deinen Schultern nehmen, und trotzdem lade ich dir immer neue Lasten auf. Ich hoffte, es würde dich erfreuen, wenn jemand sich auf die Suche nach Jar’jana und ihrem Kind macht.« Er senkte seinen Kopf. »Es tut mir leid.«
Ala’na hob langsam ihren Blick und sah ihrem Mann in die Augen.
»Ich weiß, was du planst. Ich kann verstehen, dass du es tust, obwohl du weißt, dass du mir damit das Herz brechen könntest. Deine Aufgaben hast du selbst gewählt, doch mir ist diese Wahl versagt geblieben. Ich werde weder dir noch unseren Kindern mit einem Schwert zur Seite stehen können, und ich fürchte mich davor, euch alle sterben zu sehen …«
Rond’taro legte seine Arme um ihre Schultern und zog sie sanft an sich.
»Wir hoffen alle, dass es nicht zu einem offenen Kampf kommen wird und wir die Halle der Erkenntnis wieder verschließen können. Die Opfer, die wir bringen müssten, wenn wir uns in einem offenen Kampf den Gnomen und ihrem Meister entgegenstellten, wären zu hoch.
Danach werden wir alle in unser altes Leben zurückkehren und für die nächsten Jahre unsichtbar bleiben.«
Ala’na löste sich aus seiner Umarmung, ließ aber seine Hände nicht los.
»Was ist mit Leron’das? Er wird draußen sein. Weil du es ihm aufgetragen hast. Du weißt, wie die Menschen sein können. Du hast es mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib erfahren.«
Rond’taro legte ihr einen Finger auf den Mund. Seine Augen waren dunkel, sein Herz wie erstarrt, und seine Lippen formten tonlose Worte.
Nur langsam löste sich der schwarze Knoten in seiner Seele so weit, dass er seine Sprache wiederfand. Er schloss die Augen, als er zu sprechen anfing.
»Ja … und obwohl ich um ihre Grausamkeiten und Schwächen wusste, dachte ich vor einigen Jahren selbst darüber nach, die Menschen aufzusuchen. Bevor ich es dir jedoch offenbaren konnte, war es zu spät.« Zärtlich streichelte er Ala’na über die Wange. »Ich beobachte das Schicksal von uns Elben seit tausend Jahren mit Argwohn, und meine Hoffnung schwindet, dass wir ohne die Menschen hier in Ardea’lia überleben können.
Du weißt, wie es früher war, und du weißt, wie es heute ist. Wir werden immer weniger und wir schwinden immer weiter. Keiner ist mehr da, der uns kennt, an uns glaubt, und uns braucht. Früher kreuzten sich die Wege der Menschen mit den unseren und auch einige Schicksale verknüpften sich miteinander.« Er senkte den Blick, um den Schatten, der bei diesen Worten über seine Augen flog, vor Ala’na zu verbergen. Doch er hob ihn gleich wieder, denn es gab keine Geheimnisse zwischen ihnen. »Wir lernten von den Menschen, was es bedeutet, zu leben und zu kämpfen, und sie lernten von uns Geduld und Weitsicht.
Es ist seit jeher meine Überzeugung, dass wir den Weg zu den Menschen einschlagen müssen. Ich bin froh, dass Leron’das ihn gehen will. Er ist derjenige, der gehen kann und gehen muss. Sein Herz ist ohne Vorurteile, sein Verstand ist scharf und sein Auge ist wachsam.«
»Aber er ist noch so jung«, wandte Ala’na ein.
»Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut, und er ist jung genug, um offenherzig und freudig die Welt zu erkunden. Er hat bereits viele Gefahren gesehen und gemeistert, er hat sich uneigennützig für seine Sippe eingesetzt, er versteht es zu kämpfen, und er hat den Funken, der ihn zu etwas Besonderem macht. Du weißt, dass er, ähnlich wie du, Dinge sehen kann, die für alle anderen unsichtbar sind. Er
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