Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
So ein Blödsinn. Was ist in den Taschen überhaupt drin? Vielleicht kommt ja dieser Elomer mal hierher …«
»Walter, wenn wir diese Taschen nicht hinbringen, dann hätten wir sie genauso gut im Stall lassen können«, entgegnete Hartmut vorwurfsvoll.
»Ja, ja, du hast ja recht. Trotzdem, was kann schon so
Wichtiges drin sein?«, maulte Walter.
»Ich werde nicht reinsehen«, knurrte Hartmut. Walter blieb stumm, offenbar war der erste Enthusiasmus nach seinem Abenteuer abgeflaut.
Eine ganze Weile standen sie schweigend da.
»Was ist mit dem alten Mann?«, fragte Walter plötzlich.
»Er ist tot«, antwortete Hartmut und spürte den Kloß im Hals. Tränen brannten ihm hinter den Augen. Er fühlte sich hilflos und war gleichzeitig so wütend, dass er den Eindruck hatte zu ersticken. Zornig fegte er die Schüssel, die vor ihm stand, zu Boden. Walter sprang erschrocken zurück und gab einen glucksenden Laut von sich.
»Es gibt keinen Anstand und keine Menschlichkeit in diesen Mauern«, polterte Hartmut. »Alte Männer im Wald anzuschießen und dann elend zugrunde gehen zu lassen … niemand außer König Leonidas würde das tun. Der scheint sich an dem Leid anderer zu weiden.« Die nächste Schüssel flog in hohem Bogen durch den Raum.
»Ich bring den Stab zum Waldtor, dann bin ich vor dem letzten Glockenschlag wieder hier«, sagte Walter schnell. Mit einem derart wütenden und aufgekratzten Hartmut konnte er nichts anfangen. Auch musste er sich eingestehen, dass er sich ein wenig vor ihm fürchtete. Hartmuts wütender Gesichtsausdruck verebbte. Sanft, beinahe väterlich legte er seine Pranke auf Walters schmale Schulter. »Sei vorsichtig und pass auf, dass keiner dich sieht. Ich möcht nicht wissen, was für eine Strafe der König einem Dieb verhängt.«
»Ich pass schon auf mich auf«, versicherte Walter und huschte zur Tür hinaus.
Hartmut sank auf seinen wackeligen Hocker und vergrub das Gesicht in den Händen.
Die Aufräumarbeiten und das Fertigstellen der Wurst nahmen sehr viel Zeit in Anspruch. Ein paarmal ertappte sich Hartmut, wie er vor dem Sack mit dem Rattengift stand, und den brennenden Wunsch verspürte, etwas davon in die Wurst zu mischen. Wahrscheinlich würde der König kaum genug davon essen, um sich auch nur den Magen daran zu verderben.
Als die Abendglocke schlug, schlurfte Hartmut in die Schenke. Es stand noch niemand vor der Tür, und so hockte er sich allein an die Theke und wartete.
Nach und nach kamen ein paar müde dreinsehende Männer herein.
Jedes Mal, wenn die Tür aufging, hoffte Hartmut, es könnte Walter sein. Er schwankte zwischen Sorge um seinen Freund und Zorn über dessen Gedankenlosigkeit. Wieder krachte die Tür, wieder war es nicht Walter.
»Hat hier jemand Walter Vogelsang gesehen?«, fragte der Mann, der soeben eingetreten war. Hartmut kniff die Augen zusammen, denn bei dem schwachen Licht konnte er ihn nicht sogleich erkennen. »Es ist sehr wichtig, ich muss ihn finden.« Die Stimme des Mannes überschlug sich panisch. Es war Strupp. Mit großen Schritten eilte Hartmut auf ihn zu.
»Was ist los? Soll ich ihm was ausrichten, wenn ich ihn sehe?«, brummte er.
»Er hat mir heute im Stall geholfen, und jetzt werden einige Sachen vermisst. Ich weiß nicht, wo er sie hingelegt hat … Er bringt mich in Teufels Küche.«
»Nun beruhige dich, wir werden ihn schon finden. Wenn ich ihn sehe, schicke ich ihn sofort zu dir.« Hartmut versuchte, so ruhig wie nur möglich zu klingen, dabei hatte er ganz weiche Knie, als er Strupp zur Tür begleitete und ihn mit hängenden Schultern weggehen sah.
Es war zu erwarten gewesen, dass der Verlust der Taschen jemandem auffiel, trotzdem konnten sie die Taschen unmöglich zurückgeben. Unabhängig davon, was sich darin befand. Walter saß in der Falle. Wenn die Taschen nicht auftauchten, würde der Verdacht auf ihn genauso wie auf Strupp fallen. Das konnte üble Folgen haben. Wo steckte Walter nur? Wenn er wieder auftauchte, musste er sofort verschwinden.
Strupp war noch nicht lange um die Ecke gebogen, da sah Hartmut Walter mit schlenkernden Armen aus der entgegengesetzten Richtung kommen. Im Schatten der Mauern hastete er ihm entgegen, packte ihn am Arm und zog ihn in eine Nische.
»Komm in die Metzgerei – sofort. Niemand darf dich sehen«, zischte er.
»Sag mal, wo bleibst du so lange?«, schimpfte er los, als die Tür hinter Walter verriegelt war.
»Was? Ich hatte halt noch was zu erledigen«, knurrte Walter zurück. »Wir
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