Neonazis in Nadelstreifen
machen Gerüchte von geheimen Geldströmen aus Übersee oder Südafrika die Runde. Der Mythos von verschlossenen SS -Konten in Schweizer oder Liechtensteiner Schließfächern hält sich hartnäckig. Doch Beweise dafür, dass NPD oder »Freie Kräfte« in den Genuss solcher Gelder kommen, gibt es bislang nicht. Tatsächlich sieht es eher so aus, als wenn Vereine wie die größte rechtsextreme Kulturorganisation Gesellschaft für freie Publizistik oder die Hilfsgemeinschaft für nationale Gefangene, die sich um Kameraden im Knast bemüht, aber auch einzelne Aktivisten – wie der in Mannheim zu einer Haftstrafe verurteilte kanadische Holocaust-Leugner Ernst Zündel – regelmäßig mit Geldbeträgen aus einem weitestgehend anonym wirkenden Sympathisantenfeld unterstützt werden.
Der frühere Neonazi Ingo Hasselbach hatte 1994 in einem Interview gesagt: »Waffen und Geld waren noch nie ein Problem in der rechten Szene. Es gibt genug Leute, die ein großes Interesse daran haben, Neonazis zu fördern. Wenn wir keine Kohle hatten, wussten wir immer, wen wir anrufen mussten. Da wurde das Geld einfach so im Briefumschlag gebracht …« Jahre später, Ende 2005, äußerte sich die Aussteigerin Tanja Privenau ähnlich: »Die Szene zahlt Tausende von Euro an Spenden.« Während ihrer rund 20 -jährigen Zugehörigkeit baute die fanatische Nationalistin Kameradschaften in Norddeutschland auf, war auch in der Artgemeinschaft von Rieger aktiv. Ihre Familie lebte dabei jahrelang von finanziellen Hilfen. Ihrer Meinung nach kommen gerade aus der gutsituierten Artgemeinschaft viele Sponsoren. »Die geben regelmäßig große Summen«, erinnert sie sich. Aber die Mutter von fünf Kindern wusste auch, dass dadurch der Ausstieg erschwert würde, denn »die finanzielle Abhängigkeit eines jeden ist groß in der Szene«.
Es gibt Gönner wie den Düsseldorfer Unternehmensberater Heiko Möhring. Dessen Firma, die Möhring Personal-Management GmbH, vermittelte auch Jobs für Kameraden. 1997 bot Möhring, der einst »Führer« des »Gaues Niedersachsen« des rechtsextremen Bundes Heimattreuer Jugend ( BHJ ) gewesen war, dem aufstrebenden NPD -Kader Holger Apfel eine Stelle im rechten österreichischen Leopold Stocker Verlag an. Die »Hildesheimer Allgemeine Zeitung« hatte ihrem Anzeigenberater aufgrund seiner politischen Radikalität zuvor gekündigt. Als Möhring 2004 64 -jährig starb, betrauerte die Heimattreue Deutsche Jugend den Verlust ihres »Förderers, Ratgebers und Kameraden« als »aufrechten Kämpfer für unser geknechtetes Volk«, der »den Schulterschluss zwischen unserer jungen und der älteren Generation« gebildet habe.
Die Suche nach den Geldquellen der Neonazis hat sich zu einer der zentralen Fragen im Hinblick auf die NPD herauskristallisiert. Im Juni 2007 veröffentlichte eine Länderoffene Arbeitsgruppe der Senatsverwaltung für Inneres in Berlin erstmalig eine Studie mit dem Titel »Finanzquellen der rechtsextremistischen Kreise«. Den Erhebungen zufolge sind tatsächlich die eigenen Anhänger, die über Mitgliedsbeiträge und Spenden zur Kasse gebeten werden, eine der Haupteinnahmequellen der Neonazi-Partei. Staatsgelder, wie Wahlkampfkostenerstattung, Parteienfinanzierung und Fraktionsmittel, machen jedoch den größten Posten aus. Der Fiskus kam 2006 für rund 40 Prozent des NPD -Haushaltes auf. Im Vergleich dazu bestreiten die im Bundestag vertretenen Parteien lediglich zwischen 25 und 38 Prozent ihrer Ausgaben aus staatlichen Mitteln. Die »Financial Times Deutschland« bezifferte den Jahresetat der extrem rechten Partei auf knapp drei Millionen Euro.
In den 90 er Jahren war die NPD mangels Wahlerfolgen überwiegend auf finanzielle Leistungen ihrer Mitglieder und Unterstützer angewiesen. Nach Angaben des NPD -Rechenschaftsberichtes zahlte jedes Mitglied 2005 im Durchschnitt etwa 79 Euro. Rund eine Million Euro für die NPD im Jahr stammen insgesamt aus privater Schatulle.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting verwies auf Erkenntnisse, wonach Parteispenden an die NPD und die rechtsextreme DVU zu 90 Prozent jeweils weniger als 3000 Euro betrügen. Im Rechenschaftsbericht 2005 werden sieben Personen aufgeführt, deren Spenden und Mandatsträgerbeiträge 10 000 Euro überstiegen. Fünf von ihnen sind Parteifunktionäre wie Udo Voigt oder NPD -Landtagsabgeordnete wie Holger Apfel aus Sachsen. Die Partei profitierte aber auch von großzügigen Geldgebern wie dem ehemaligen Entwurfsarchitekten beim Staatlichen
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