Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
Vom Netzwerk:
Elbe blicken konnte. Aber zum Ärger vieler Anwohner gelang es Rieger, junge Leute aus dem Ort für seine politischen Ziele anzuwerben, der Campingplatz wurde immer wieder zum Treffpunkt für Neonazis. Als der Verpächter ihm nach dem Tod des Vaters kündigte, rastete Rieger aus. Nachbarn beobachteten, wie er mit einer langstieligen Axt über den Zeltplatz fegte und Mobiliar zertrümmerte, »alles, was ihm gehörte«. Er habe so lange weitergemacht, »bis jeder Stromverteilerkasten zerschlagen« war. Das Sanitärhaus auf dem Gelände zerlegte der aufgebrachte Neonazi mit einer Kettensäge. Danach wurde es wieder ruhig in Kollmar. Manchmal schaut Rieger noch nach dem Haus.
    Immobilienkäufe wurden zu seiner Obsession. Im Lauf der Zeit erwarb Rieger zwei weitere Häuser in Schleswig-Holstein. Das windschiefe Fachwerkhaus aus dem 19 . Jahrhundert liegt an der Schlei, nahe Schleswig. Den alten Besitzer, einen verarmten Landschaftsgärtner, hatten Schulden zum Verkauf getrieben. Reinhard Hornbostel und Rieger kannten sich bereits aus neuheidnischen Vereinen, deren ideologische Schnittstelle das Germanentum darstellt. Hornbostel bekam Wohnrecht eingeräumt und wurde in einem kleinen Anbau untergebracht. Den Versammlungsraum sowie die kleinen Zimmer mit uralten Schlafkoben nutzen Neonazis seitdem für ihre Zwecke. Unter dem Dach soll ein großer Schlafsaal entstehen. Die Umbauarbeiten gehen aber nur schleppend voran. Er habe sich schon bedroht gefühlt, gesteht Hornbostel, denn einige der jungen Leute könnten sich nicht benehmen und hätten Fenster und Türen zertrümmert. Richtig glücklich ist der alte Mann mit seinem Nachfolger Rieger nicht.
    Auch Bauer Klaus-Hermann Christiansen aus Ockholm in Nordfriesland ist nicht gut auf den Hamburger Anwalt zu sprechen. Der ersteigerte Ende 1999 für 480 000 DM sein Anwesen im Hauke-Haien-Koog, vorgeblich um dem in finanzielle Not geratenen Landwirt zu helfen. Damals verstanden sich die beiden Geschäftspartner noch. Rieger bot dem erwerbsunfähigen 55 -Jährigen an, zur Miete weiter auf dem Hof wohnen zu bleiben. Christiansen sollte nach den Gebäuden schauen und 310 Euro Miete an Rieger zahlen. Der verschuldete Ockholmer kassierte zwar Mietzuschüsse, gab aber kein Geld weiter. Das führte zum Zwist zwischen beiden, Rechtsstreitigkeiten waren die Folge. Fast 21 000 Euro Mietschulden fordert NPD -Landeschef Rieger von ihm ein. Nun strebt er eine Räumungsklage an, will den Bauern vom Hof haben. Rückwirkend zum 4 . Dezember 2007 übernimmt jetzt die Kreisverwaltung Nordfriesland die Miete für Christiansen – und überweist das Geld an den bekannten NPD -Funktionär. Mit den Ansichten des Neonazis will der Bauer nichts gemein gehabt haben. Gleichwohl erzählte er der Lokalpresse, Mitte der 90 er Jahre habe ihm das Deutsche Rechtsbüro, fester Bestandteil der Szene zur internen Rechtshilfe für straffällige Neonazis, Rieger empfohlen.
    Der ist seit Jahren Anführer rassistischer Vereine wie der Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V., Nordischer Ring, Mütterdank oder der Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung. Deren Anhänger gehören vorwiegend der gehobenen Mittelschicht an, unter ihnen Akademiker, Ärzte, Pädagogen und Wissenschaftler. Ihre sektenähnlichen Treffen finden im Verborgenen statt. Personelle und ideologische Wurzeln dieser Organisationen gehen teils noch bis in die NS -Zeit zurück. Auch Verfassungsschutzbehörden warnen seit Jahren vor deren politischen Aktivitäten. Doch da sie, anders als die NPD , öffentlich kaum in Erscheinung treten, ist wenig über siebekannt. »Diese verschworenen Gemeinschaften dienen der Selbstbestätigung der faschistischen Weltanschauung, der Schulung und der rechtlichen Absicherung von Infrastruktur, so etwa von Immobilien«, urteilt Rechtsextremismuskenner Krebs.
    Obwohl sich Rieger nach eigenen Angaben »seit 30 Jahren« für die NPD engagiert, kommt sein »obsessiver Rassismus« nicht überall gut an. Gemäßigte Nationaldemokraten verschrecke dessen offene Verehrung für Hitler, behauptet ein ehemaliges NPD -Mitglied. Riegers engste Gefolgschaft ist handverlesen. Viele ältere Leute aus seinen Vereinen sind alleinstehend, andere davon überzeugt, dass ihr Vermögen in den Händen der »nationalen Sache« besser aufgehoben ist als bei der eigenen Verwandtschaft. So genießt Rieger, natürlich nur hinter vorgehaltener Hand, in der extrem

Weitere Kostenlose Bücher