Neonazis in Nadelstreifen
Interesse signalisieren, sich aktiv in den Wahlkampf der Partei einbringen zu wollen. Unter den 42 Direktkandidaten, die sich am 27 . Januar 2008 in Niedersachsen zur Wahl stellten, waren auffällig viele Handwerker, Köche und Bäcker sowie Bankkaufleute und zwei Informatiker. Bauunternehmer wie Marc Reuter und Manfred Börm oder Tischlermeister wie Manfred Dammann traten an. Auch Alfred Brückner aus Stadthagen bei Hannover, der das Fachgeschäft Elektro-Brückner betreibt, unterstützt die NPD in Niedersachsen. Andere Parteikameraden sind in der Militaria- und Antiquitätenbranche aktiv. Eines der Neumitglieder, Graf Friedrich-Werner von der Schulenburg, entfernter Verwandter eines 1944 hingerichteten Widerständlers, unterhält einen Juwelierladen in Hameln. Matthias Behrens, Anführer der Kameradschaft Snevern Jungs, leitet die Firma Behrens Finanzberatung in Schneverdingen in der Lüneburger Heide. Alle beteiligen sich, wenn es um die »nationale Sache« geht. So sorgte die Firma Reuter-Bau aus Bremervörde für Sanierungsarbeiten auf Riegers »Heisenhof« in Dörverden, ausgeführt von glatzköpfigen Mitarbeitern. Behrens regelt finanzielle Transaktionen auch für Kameraden. Bauunternehmer Manfred Börm aus Handorf bei Lüneburg gehört bereits seit Jahren dem Bundesvorstand der NPD als Leiter des parteiinternen Ordnungsdienstes an. Börms Unternehmen hat keine Firmenwerbung nötig, das Mauerwerk seines Anwesens zieren ganz offen verbotene Embleme der NS -Szene, Odalrune und Wolfsangel. Börm lebt anscheinend von der Szene und arbeitet für sie.
Auch Mike Steiner, Unternehmensberater aus Lauscha, ist etabliert in seiner südthüringischen Heimatstadt. Als Anführer der extrem rechten Kameradschaft Lauscha steht er der NPD und der DVU nahe. In fast keiner anderen Thüringer Gemeinde beobachten Szeneexperten wie Martina Renner, Mitarbeiterin im thüringischen Landtag, solch eine Akzeptanz zwischen Bevölkerung und Rechtsextremisten. Zu deren alljährlichem »Kinderfest« strömen auch Alteingesessene. Kaum einen stört es, wenn Neonazis im Schützenverein aktiv sind und dort gelegentlich Schießturniere für Kameraden organisieren. Diese kommunale Verankerung, so Renner, bescherte dem DVU -Stadtrat, der als Redner auch bei der NPD auftritt, bei den Kommunalwahlen im Mai 2006 stattliche 18 Prozent. Eine Hand wäscht die andere. Die Kameraden um Steiner unterstützen den DVU -Stadtrat in der 4000 Einwohner zählenden Gemeinde im Landkreis Sonneberg. Gemeinsam gibt man eine rechte Lokalpostille, den »Pappenheimer«, heraus. Darin werben dann auch örtliche Handwerksbetriebe.
Bundesweit entstehen so stetig wachsende Wirtschaftsnetzwerke kleinerer Unternehmer, die sich politisch der NPD verbunden fühlen. Sie inserieren nicht nur wie gewohnt in Lokalblättern auf der Suche nach Arbeitskräften, sondern auch in der »Deutschen Stimme«. Die Tischlerei Keilberg GmbH aus Sachsen suchte dort im Februar 2007 »bis zu 20 Mitarbeiter«. Ein Großhandel aus Driburg hält sich bedeckter bei der Mitarbeitersuche und gibt seinen Firmennamen nicht preis. Ebenso ein Security-Unternehmen aus Düsseldorf, das in der NPD -Zeitung nach Personal für den »Personenschutz« sucht. Umgekehrt bieten dort auch Sympathisanten ihre Arbeitskraft an. »Glühender Nationaldemokrat, 52 Jahre alt u. kernig, seit über 20 Jahren Bau- und Oberbauleiter im Straßenbau, mit abgeschlossenem Bauingenieurstudium (...) sucht eine neue Herausforderung, vorzugsweise im Raum Berlin«. Die große Anzahl solcher und ähnlicher Stellengesuche in der »Deutschen Stimme« zeigt, dass Arbeitssuchende auf eine große Zahl sympathisierender Unternehmen setzen.
Rostocker Wissenschaftler fanden heraus, dass unter den Selbständigen jeder Zehnte bei der Landtagswahl 2006 in Mecklenburg-Vorpommern die NPD gewählt hatte. Mittelständler suchen den Kontakt zur NPD , doch ebenso schlagen auch zunehmend Neonazis den Weg in den Mittelstand ein. Einer, der es vom vorbestraften Neonazi-Gewalttäter zum Kleinunternehmer geschafft hat, ist Sven Krüger aus Jamel in Mecklenburg-Vorpommern. Vor Jahren überschlugen sich die Meldungen, als Krüger und seine Hammerskin-Truppe die Region in Schrecken versetzten. »Ein Dorf in Angst?« titelte noch 2007 der »Spiegel«. Seit 1992 hatte sich in dem 30 -Seelen-Ort bei Grevesmühlen ein brauner Mob breitgemacht, der dem »Führer« huldigte und nordische Götter verehrte. Die »tageszeitung« berichtete, dass an Hitlers Geburtstag
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