Neonazis in Nadelstreifen
der Nähe der noblen Hamburger Mönckebergstraße. Der kommerzielle Erfolg von Thor Steinar lockt. Das bei Rechten äußerst begehrte Label findet bereits Nachahmer in neuen Marken wie Erik and Sons, einem brandenburgischen Label, das ebenfalls mit zweideutigen Runen und völkischer Symbolik auftritt. Auch das »Nationale Warenhaus« des »Deutschen Stimme«-Verlages führt die neue Marke bereits in seiner virtuellen Auslage.
Ihren Besitzern hat Thor Steinar aus dem Hause Media Tex Reichtum beschert. Einer der beiden Geschäftsführer hat nach Recherchen des »Antifaschistischen Infoblattes« im August 2007 Brandenburg in Richtung Steuerparadies Schweiz verlassen und die Befugnisse scheinbar abgegeben. Als Geschäftsführer ist seit Anfang November 2008 ein Mann mit arabischem Namen aus Dubai im Firmenregister des etwa 40 -köpfigen Unternehmens eingetragen. Media Tex ist umgezogen. Auf dem Gelände des ehemaligen Ferienheimes »Krimnickidyll« entsteht eine zweistöckige Villa mit Büro- und Wohnflächen im geschätzten Wert von 1,12 Millionen Euro. 2006 lag der Jahresumsatz der Firma bei rund zwei Millionen Euro.
Von solchen Summen für seine Medienpläne kann der ehemalige hessische NPD -Landesvorsitzende Marcel Wöll nur träumen. Ebenso wie sein Hamburger Parteikollege Rieger macht der jüngst zu einer Haftstrafe verurteilte 25 -jährige Schreinergeselle aus Butzbach keinen Hehl aus seiner Ablehnung der Demokratie. Bei einer NPD -Demonstration gegen die Verurteilungen von NS -Kriegsverbrechern in Nürnberg 2006 beklagte er: »Wir stehen hier, weil vor 60 Jahren die deutsche Regierung gehenkt wurde!« Bei demselben Aufmarsch forderte Rieger, »dass wir es wiederbekommen, unser Deutsches Reich!« Hinsichtlich ihrer Strategien ähneln sich die beiden. In einem Interview mit einem NDR -Hörfunkjournalisten bedauerte der Millionär aus Blankenese, dass er nicht das Geld habe, um sich »einen eigenen Fernsehsender« zu kaufen, nur damit könne es eine »nationale Revolution« geben. Wöll dagegen ist pragmatischer, er macht Internetfernsehen. Gemeinsam mit Kameraden verbreitete er seine NPD -Nachrichtensendung »Die Woche« über die Internet-Videoplattform »YouTube«, bis sie gesperrt wurde. Jetzt versorgen hessische Neonazis mit ihren »Volksfront Medien« aus einem kleinen Studio im Wetteraukreis, nördlich von Frankfurt, die Szene mit kleinen Filmchen zur nationalistischen Weltsicht. Als Nachrichtensprecher trat Wöll höchstpersönlich vor die Kamera, um »kritische Nachrichten der Woche« zu verkünden. »Wir schreiben oder sprechen für Deutschland«, tönte Wöll gegenüber der ARD -»Tagesschau« und legte nach: »Natürlich machen wir Meinung, das macht jeder Fernsehsender.« Eine Videokamera, ein Computer und blauer Studiostoff reichen ihm und seinem Team für die Produktion ihrer Propagandafilme, die auch der NPD zur Verfügung gestellt werden. Auf rund 30 000 vor allem jüngere Menschen schätzt er selbst seine Zahl der Zuschauer, gemessen auf zahlreichen Internetseiten.
Alles geschieht in enger Absprache mit dem NPD -Bundesvorstand. Gern möchte die ihr » TV -Standbein« noch weiter ausbauen. Dafür werden die Anhänger aufgefordert, »Informationen, Videomaterial, Sach- und Geldspenden« zu schicken. Lauthals kündigte die Partei bereits Mitte 2006 eine »Medienoffensive« an. Es gebe eine ganze »Reihe von Graswurzelprojekten«, teilte NPD -Pressesprecher Klaus Beier mit. »Überdies arbeiten wir in Berlin an einem zentralen Projekt Neue Medien«, so Beier. Mit ihnen wolle man sich vom »Meinungsdiktat der Systemmedien unabhängig machen«. Amateur Wöll machte sich allerdings mit einem selbstgedrehten Werbefilm für den hessischen Wahlkampf lächerlich. In dem Spot eilt er als Retter hoch zu Ross mit NPD -Fahne heran, um drei Gartenzwergen beizustehen, die Gold im Boden gefunden haben. Ein öliger Politiker möchte es ihnen abnehmen. Wöll, der propere Reitersmann, der den Fiesling verjagt, preist daraufhin die NPD als »Partei des kleinen Mannes« – und fordert anschließend ungehindert die »Ausweisung aller kulturfremden Ausländer«. Die »tageszeitung« höhnte, das »Machwerk in seiner ganzen brunzdummen Schlichtheit« könne bei »YouTube« glatt als eine Art satirischer Protest gegen die Rechtsextremisten durchgehen. Da der Hessische Verwaltungsgerichtshof das Filmchen nicht für volksverhetzend hielt, musste der Spot beim HR auf Sendung gehen. In Niedersachsen gingen die NPD ler
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