Neonazis in Nadelstreifen
Neonazi-Aufmärschen leisten.
Eine andere Selbsthilfegruppe wurde schon 2007 geplant: Jeanne D. (Deutschland). Sigrid Schüßler aus Franken und Iris Niemeyer aus Rheine in Nordrhein-Westfalen gründeten diese »Solidaritätsorganisation« für »politisch verfolgte Frauen aus dem nationalen Spektrum«. Der Grund: Auch Frauen erfahren, wenn sie für die NPD offen auftreten, verstärkt gesellschaftlichen Widerspruch, verlieren Arbeit und Jobs. Über laufende Aktivitäten will Schüßler aus Karlstein am Main sich nicht äußeren. »Wir behandeln das sehr diskret«, betont die 37 -Jährige gegenüber der »tageszeitung«. In dem bayerischen Ort unterhält die Diplomschauspielerin das Theater Hollerbusch. Mit ihrem Programm für Kinder tritt sie nicht bloß bei der NPD
auf. Auch Schulen, Kindergärten und Büchereien buchen sie. Im Selbstverständnis erklärte Jeanne D. (Deutschland) Anfang 2008 , auch die »politische Verfolgung« dokumentieren und eine »Orientierungshilfe« für rechtliche Ansprüche veröffentlichen zu wollen. Sie versprechen, »nicht nur psychologische, sondern auch politische Unterstützung« zu leisten. Nötige Ansprechpartner, etwa Rechtsanwälte, würden vermittelt. Eigentlich hatten die Damen als Gruppennamen »Jeanne d’Arc« gewählt gehabt. Aber eine französische Nationalheldin als Vorbild für eine deutsche Selbsthilfefrauengruppe, das war NPD und Freien Kameradschaften unerträglich. Der Name wurde prompt geändert.
Nach Ansicht von Rechtsextremismus-Expertin Renate Feldmann bringt das Engagement junger Neonazistinnen die braune Szene langfristig in Bewegung. Mädchen und Frauen hinterlassen zunehmend ihre Spuren. So kommt kein rechter Online-Versandhandel ohne Girlie-Sparte mehr aus. Schwarz-weiß-rote Tops in den Farben des Deutschen Reiches, silberne Thorshammer-Ketten oder enge Shirts, auf denen eine Schwarze Sonne aufgedruckt ist, gehören zum Sortiment. In nationalen Foren diskutieren Neonazi-Protagonisten mit Frauen über »Müttergehalt« oder Kindererziehung. Manche Frau wagt dann auch anonyme Kritik.
Außerhalb der Reihen der GDF erwarten vor allem jüngere Neonazistinnen jedoch mehr als Kind und Küche. Sie sind nicht weniger fanatisch als die Männer und wollen ihre politischen Ziele direkt an der Seite der Männer umsetzen. Eine von ihnen ist die Landesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten ( JN ) in Hessen, Martha Bettermann. Sie legte sich beim Landesparteitag sogar offen mit der langjährigen NPD -Funktionärin Doris Zutt an, als sie deren Programmschwerpunkt »Altenpolitik« kritisierte. Die junge Konkurrentin Bettermann bezeichnete diesen Schwerpunkt als »Fehlentscheidung« der NPD -Landespolitik, da die Probleme eher in der Bildungspolitik zu finden seien. Ihre Ablehnung gegen die einflussreiche Altenpflegerin Zutt ging so weit, dass Bettermanns Jugendtruppe der NPD in Hessen beim letzten Landtagswahlkampf die Unterstützung verweigerte und sich stattdessen auf die Schulung neuer JN -Kader im Lahn-Dill-Kreis und in Gießen konzentrierte. Seit Februar 2005 existiert zudem der Nationale Frauenkreis Hessen mit Sitz in Karben, der NPD und Kameradschaften nahesteht. Zu deren Aktivistinnen wird auch Daniela Uebelacker aus Eppstein im Taunus gezählt. Die 23 -Jährige ist die Lebensgefährtin eines Anführers der Freien Nationalisten Rhein-Main und nahm im August 2007 gemeinsam mit den Männern an einem Treffen von Neonazis im Schweizer Fricktal teil, bei der auch eine Schießübung stattfand.
»Nationaler Feminismus« oder Protest gegen den »Gendermainstream« heißen die eher ungewöhnlichen Gesprächsthemen beim Mädelring Thüringen. In der intellektuellen Tradition rechtsextremer Frauengruppen wie Mädelgruppe Kameradschaft Tor Berlin und Frauen der Fränkischen Aktionsfront, die inzwischen verboten sind, bewegt sich die Thüringer Gruppe um Marlen Pucknat, Isabell Pohl und Mareike Bielefeld in ideologischen Randbereichen. Die Anhängerinnen des Thüringer Mädelrings werden aufgefordert, sich »als Frau im nationalen Widerstand« unbedingt mit dem Feminismus auseinanderzusetzen. Es soll »ein neues Frauenbild« geschaffen werden. Der Leitsatz des Mädelrings mutet geradezu aufrührerisch an: »Deutsche Frauen, wehrt euch – gegen das Patriarchat und politische Unmündigkeit«. Die Betonung der Selbständigkeit geht jedoch mit der Warnung vor »übersteigertem Individualismus« einher. Und bewusst fängt diese Frauenvereinigung mit ihrer Ablehnung der
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