Neonazis in Nadelstreifen
Emanzipationsbewegung der 70 er Jahre die eigene rebellisch anmutende Position schnell wieder ein.
Gleichzeitig grenzt sich der Mädelring von den Kameradinnen der GDF und von deren aus dem Dritten Reich stammenden Frauenbild ab, weil das »nicht mehr im vollen Umfang vertretbar« sei. Die Anhängerinnen des Mädelrings wollen nicht mehr nur »Hüterin der Familie und des Heims« sein, sondern auch »gleichwertige Mitgestalterin des öffentlichen Lebens«. Der Mädelring fordert Mädchen und Frauen auf, »endlich politischer Soldat zu werden« und damit die »chauvinistischen Vorurteile aus den eigenen Kameradenkreisen zu verbannen. Die Mädchen und Frauen um Pohl und Bielefeld sind weder besonders fortschrittlich, noch emanzipiert – sie wollen vor allem Anerkennung und politisches Engagement von Frauen in den eigenen Reihen einfordern. Der Mädelring »hat sich auf die Fahnen« geschrieben, junge Frauen »aus ihrer Ohnmacht herauszuholen, um sie politisch zu motivieren«. An die Adresse der männlichen Kameraden gerichtet, fordern die Frauen, das Geschlecht dürfe, wenn »es um das Überleben der eigenen Rasse« gehe, bei der Bildung von »intellektuellen Eliten« keine Rolle spielen. Sie wollen dem »negativen Bild der Frau« in der Gesellschaft entgegentreten und kritisieren dabei auch vorsichtig den Sexismus in den eigenen Reihen. Um jedoch keine Missverständnisse in der Szene aufkommen zu lassen, verkündet der Mädelring, grundsätzlich an der »naturgegebenen Aufgabe – dem Mutterdasein« der Frau festzuhalten. »Es ist unsere völkische Pflicht, Kinder zu bekommen«, betonen sie in dem Artikel »Nationaler Feminismus – ein Paradoxon?« auf ihrer Homepage. So finden wöchentliche Mutter-Kind-Treffen in Thüringen statt. Im November 2007 versammelten sich »fünfzehn junge volkstreue Frauen und Mütter« im Thüringer Wald, um dem aktuellen Thema »Gendermainstream« die eigenen Grundwerte entgegenzusetzen. »Der Zeitgeist streckt seine dreckigen Fühler nach unseren Kindern aus«, beklagten die rechten Frauen und forderten: »Zerschlagt den Zeitgeist!«
So rebellische Positionen wie der Mädelring vertrat Anja Zysk nicht. Doch als geschäftsführende Landesvorsitzende des NPD -Verbandes in Hamburg ging auch sie ungewöhnlich selbstbewusst vor. Sie ließ sich auf einen Krach in den eigenen Reihen über das rechte Verhältnis zu Moslems und Islamisten ein. Es war jedoch ein vorgeschobener Streit, den Kameraden inszenierten, um Zysk zu entmachten. Denn den Bau einer Moschee will in der Szene niemand. Zysk unterschätzte ihre männlichen Gegner, die intern sogar zum Boykott einer von ihr organisierten Anti-Moschee-Demonstration in Hamburg-Bergedorf aufriefen. Empört beklagte sich die NPD -Politikerin über die »beispiellose Mobbingkampagne« an ihren »öffentlichkeitswirksamen Kampagnen«. Dabei ahnte sie noch nicht, dass hinter den Kulissen einflussreiche NPD -Drahtzieher wie der damalige »persönliche Referent« des Parteichefs, Thomas Wulff, bereits ihren Sturz planten. Zysk sollte gehen, um Platz zu machen für Jürgen Rieger. Der Putsch war eiskalt geplant geworden. Bei einer Vorstandssitzung provozierte Wulff die Aktivistin, bis sie mit dem gesamten Landesvorstand zurücktrat. Zysk blieb stur und kündigte naiv eine neuerliche Kandidatur an, da sie sich immer noch der Unterstützung im eigenen Lager sicher wähnte. Doch der Streit spitzte sich zu. Ihr designierter Nachfolger Rieger rieb sich bereits die Hände. Neonazis aus seinem und Wulffs Umfeld beschimpften Zysk im Internet öffentlich als »Verräterin« und »Mosaische Levantiner Hexe«. Sie konterte wütend Anfang Januar 2007 mit einem Brief an den NPD -Vorsitzenden Udo Voigt in Berlin: »Die Vorgänge im Landesverband Hamburg sind eine schlechte Werbung für die NPD und mit Sicherheit keine Ermutigung für Frauen, sich hier zu engagieren.« Denn viele Mitglieder, so Zysk, würden sich Gedanken darüber machen, ob ihre »Demontage nicht auch geschlechtliche Hintergründe« habe. Immerhin habe Kontrahent Rieger ihr zu verstehen gegeben, dass »Frauen sich doch besser aus der Politik heraushalten und Kinder kriegen« sollten. Zysks Traum von eigener nationaler Macht platzte am 25 . Februar 2007 , als sie beim Landesparteitag in Hamburg nur ganze drei Stimmen erhielt. 18 NPD -Delegierte dagegen wählten den Neonazi-Anwalt Rieger, der erst ein paar Monate vorher Parteimitglied geworden war, dessen Einfluss zu dieser Zeit aber schon bis in den
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