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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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eine ungewöhnliche Schwüle lag über der Stadt.

37
    Johanna hatte sich einen Plan zurechtgelegt. Sie wollte alles mit ihrer Mutter und mit ihrem Bruder besprechen. Die besonders peinlichen Stellen wollte sie weglassen. Es musste ja nicht jeder wissen, was der Anrufer von ihr verlangt hatte. Doch dass sie telefonisch belästigt und bedroht wurde, wollte sie ihrer Mutter und ihrem Bruder nicht länger ersparen.
    Als sie die Küche betrat und ihre Mutter sah, schrumpfte ihr wassermelonengroßer Mut sofort auf Erbsengröße zusammen.
    So, wie Ulla Fischer dasaß, wollte sie ihren Kindern selbst etwas sagen. Sie hatte den Frühstückstisch schön gedeckt. Es gab Müsli und Weintrauben, Aufbackbrötchen und Honig, Krabben und Spiegeleier. Die Mutter zündete ein Teelicht an und stellte es in die Mitte zwischen Krabben und Honig.
    Ben schlappte herein. »Oh, hat einer Geburtstag? Hab ich was verpasst?«
    »Nein, Kinder, aber ich muss etwas mit euch besprechen, und ich dachte, bei einem schönen Frühstück könnten wir …«
    »Dein Macker hat dir ’n Heiratsantrag gemacht«, platzte Ben heraus und grinste hämisch. Er drehte den Stuhl um und setzte sich rittlings darauf. Die Ellbogen legte er auf die Rückenlehne und stützte sein Kinn auf die Unterarme. Er bemühte sich, ein ganz interessiertes Gesicht zu machen und seiner Mutter zu lauschen.
    Johanna goss sich erst mal einen Tee ein. Immerhin, ihre Hände zitterten nicht mehr.
    Die Mutter warf sich die Haare aus der Stirn und rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Nein, das ist es nicht. Aber wir wollen zusammen nach Mallorca fahren. Er hat mich eingeladen.«
    Na klar, dachte Johanna. Und ich wette, du bezahlst, Mama. Aber sie presste die Lippen aufeinander und schwieg.
    Ben lachte und klatschte in die Hände. »Meine Mama fährt nach Malle! Ich glaub es nicht! Bist du auf so ’n Ballermanntypen reingefallen? Wirst du jetzt auch im Bierzelt stehen und Zehn nackte Friseusen singen? Das ist doch peinlich, Mama!«
    Johanna wollte ihre Mutter verteidigen: »Es gibt auf Mallorca auch noch andere Orte. Die Insel besteht nicht nur aus dem Ballermann, und Mallorca ist auch nicht das siebzehnte deutsche Bundesland! Es gibt da wunderbare kleine Fischerdörfer, zum Beispiel Cala Figuera.«
    Sie erntete dafür von Ulla einen dankbaren Blick.
    »Jedenfalls werden wir eine Woche gemeinsam auf der Insel verbringen, um uns über unsere Beziehung klarzuwerden.«
    Ben stöhnte, als würde das Wort »Beziehung« ihm Übelkeit bereiten. Er sah aus, als müsse er gleich brechen.
    »Wann fährst du, Mama?«, fragte Johanna.
    »Ich wollte es euch ja eigentlich schon früher sagen, aber …«
    »Wann, Mama?«
    »Er holt mich heute Nachmittag ab. Wir wollen erst noch gemeinsam seine Eltern besuchen, und dann …«
    Johanna hatte jetzt mit Wut und Empörung zu kämpfen. »Aber das weißt du doch nicht erst seit gestern Abend. Warum sagst du es uns erst jetzt?«
    »Es war ja immer irgendetwas anderes wichtiger«, entschuldigte sich die Mutter. »Freut ihr euch denn überhaupt nicht für mich?«
    »Doch«, spottete Ben, »ich krieg vor Glück kaum Luft.«
    Dann hellte sich sein Gesicht auf. Offensichtlich hatte er eine Idee. »Du bist also heute Abend schon nicht mehr da?«
    Die Mutter nickte und bestrich sich ein Brötchen mit Honig.
    »Der Kevin wollte eigentlich eine Fete geben, aber seine Eltern haben es ihm verboten, weil er Mathe verbockt hat …«
    Die Mutter legte das Brötchen ab, hob die Hände und zeigte die leeren Handflächen vor wie jemand, der sich ergibt. »Ja, ihr habt sturmfreie Bude.«
    Ben griff ein imaginäres Seil, das irgendwo in der Luft zu hängen schien, und zog daran. »Ja!«
    Damit war er völlig versöhnt mit seiner Mutter und baggerte sich Krabben auf den Frühstücksteller.
    Johanna konnte sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als die nächste Woche allein mit ihrem Bruder hier zu verbringen, und dann noch eine Party … Nein, das ging für sie überhaupt nicht. Aber ihr fehlten jetzt die Worte. Sie nippte nur an ihrem Tee und kämpfte mit den Tränen.
    »Ich kann mich doch darauf verlassen, dass ihr hier keinen Mist baut, während ich weg bin?«, fragte Ulla und legte hundertfünfzig Euro auf den Tisch. »Damit müsstet ihr gut hinkommen. Außerdem habe ich eingekauft. Der Kühlschrank ist voll und … Esst nicht nur an der Pommesbude.«
    Ben nahm das Geld rasch vom Tisch und steckte es ein.
    »Das ist für uns beide«, sagte Johanna noch, aber ihre Worte

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