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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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lösten weder bei Ben noch bei der Mutter eine Reaktion aus. Er war der große Bruder, sie die kleine Schwester.
    In solchen Situationen spielte Ben das gerne aus. Dabei kam er ihr kindisch vor. Sie hatte immer mehr das Gefühl, auf ihn aufpassen zu müssen. Wenn hier einer Mist baute oder mit Geld nicht umgehen konnte, dann sicherlich er.
    »Ihr vertragt euch doch, wenn ich weg bin?!« Es war mehr eine Ermahnung als eine Frage.
    »Ja«, maulten Ben und Johanna gleichzeitig.

38
    Birte Schiller kam mit leichter, flatternder Kleidung zum Dienst. Sie trug das Haar offen. Sie hatte sich die Haare mit einem neuen Shampoo gewaschen, duftete nach Kokosnüssen und Mangos. Sie wirkte leicht und beschwingt, als sie den Verhörraum betrat.
    Hauser, der Chef der Achterbahn, hatte die ganze Nacht über gebrütet und saß nun verschwitzt, ungewaschen und unrasiert am Tisch. Er hatte den Kaffeebecher vor sich nicht angerührt. Die Finger waren ineinander verschränkt, die Unterarme lagen auf der Tischplatte wie festgenagelt.
    Mehrere Mücken summten im Raum. Kommissarin Schillers karibische Düfte interessierten die Insekten nicht. Der verschwitzte Hauser war ihnen lieber.
    Er tat nichts, sagte nichts, saß einfach nur da.
    Birte Schiller begrüßte ihn freundlich, ging vor ihm auf und ab und beobachtete dabei seine Augen.
    Er folgte ihren Schritten nicht. Sein Blick war auf seine Finger gerichtet und ging gleichzeitig irgendwie ins Leere, als könne er durch seine Hand und den Tisch hindurchsehen bis tief ins Innere der Erde. Vermutlich hinein in die Hölle, dachte sie.
    Die erste Möglichkeit, mit einem Menschen Kontakt aufzunehmen, ging für Birte Schiller über die Augen. Dies funktionierte bei Hauser nicht.
    Sie stellte ein Diktiergerät auf den Tisch und schaltete es ein. Ein rotes Lämpchen leuchtete. Dann setzte sich ihm gegenüber an den Tisch und versuchte, nun Blickkontakt herzustellen.
    Eine Mücke brummte um seinen Kopf und setzte sich auf seinem rechten Wangenknochen kurz unterm Auge nieder. Jeder andere hätte versucht, diese Mücke zu vertreiben. Nicht so Dieter Hauser.
    Er war wie versteinert. Die Mücke saugte sein Blut, und er tat nichts.
    Birte Schiller fing einfach an. »Ich habe Sie ja gestern bereits auf Ihre Rechte hingewiesen. Sie sagten, dass Sie keinen Anwalt wollen. Dies ist nicht klug. Ich muss Ihnen wirklich raten, sich einen Rechtsbeistand zu nehmen. Sie werden schwerer Verbrechen angeklagt. Falls Sie sich keinen Anwalt leisten können, ist das kein Problem. Es steht Ihnen ein Pflichtverteidiger zu. Wir haben in Bremerhaven mehrere gute Leute …«
    Ansatzlos, blitzartig, klatschte er sich ins Gesicht und zerquetschte die Mücke. Ein Blutstropfen lief an seiner Wange hinunter. Augenblicklich fiel seine Hand zurück in den ursprünglichen Zustand, als hätte er seine Haltung niemals verändert.
    Er ist verdammt schnell, dachte Birte Schiller. Er hat Reaktionen, um die ihn so mancher Scharfschütze beneiden würde.
    Sie ermahnte sich selbst, den Mann nicht zu unterschätzen. Er war gefährlich, und er konnte jeden Moment explodieren.
    »Schmeckt Ihnen der Kaffee nicht? Soll ich Ihnen lieber einen Tee bringen lassen oder ein Glas Wasser? Also, mir persönlich ist der Kaffee hier auch zu stark und schlägt mir ganz schön auf den Magen.«
    Sie hoffte, über so einen Smalltalk Zugang zu ihm zu bekommen. Das hatte schon mehr als einmal bei Befragungen gut funktioniert.
    Sie hatte sich vorgenommen, nicht zur Glasscheibe zu gucken, hinter der Büscher und Staatsanwalt Reinhardt standen. Aber sie schaffte es nicht, denn sie ahnte, dass Büscher die Augen verdrehen würde, wenn sie ein Gespräch über Kaffee begann. Ihm waren die harten Verhörmethoden lieber.
    Sie konnte ihn durch die Scheibe nicht sehen, doch sie glaubte, sein mitleidiges Grinsen körperlich spüren zu können.
    Mit staubtrockener Stimme sagte Hauser: »Ich traue Anwälten nicht. Während unsereins gearbeitet hat, haben die studiert. Und was haben sie da gelernt? Wie man unsereins über den Leisten zieht. Und ich lasse mich nicht gerne ausnehmen. Ich bin einer von der Sorte, die ihre Sachen gern selbst regelt. So oder so.«
    In seiner Stimme liegt etwas, darum würde ihn jeder Soulsänger beneiden, dachte Birte Schiller.
    Bestimmt werden ihm die Frauenherzen nur so zufliegen, dachte sie. Ein starker Mann mit einer tiefen Stimme, der offensichtlich genau weiß, was er will. Er hat verschrobene, altmodische Ansichten und ist wahrscheinlich der

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