Neongrüne Angst (German Edition)
hatte eigentlich Herrn Senfbauer gefragt.«
»Danke für die Zurechtweisung, Frau Kollegin.«
»Ich … ich möchte mit meinem Anwalt sprechen«, verlangte Senfbauer.
»Hast du denn einen?«, grinste Büscher.
»Ja, ich dachte … kriegt man denn nicht einen gestellt?«
»Natürlich können Sie jederzeit einen Anwalt hinzuziehen, darauf hat mein Kollege Büscher Sie auch hingewiesen.«
»Nein, hat er nicht.«
»Hab ich doch!«, giftete Büscher.
Birte Schiller wünschte sich zurück nach Norddeich. Sie bog den Rücken durch und sagte gegen den Deckenventilator, der seit Monaten stillstand und an dem zwei Spinnen ein kunstvolles Netz gewoben hatten: »Mein lieber Herr Senfbauer, wenn wir uns nicht sehr irren, dann ist hier eine Art Krieg in Gang, und Sie sind mitten zwischen den Fronten. Wenn Sie uns nicht helfen, die Täter zu fassen, weiß niemand, wer das nächste Opfer sein wird. Sie, Ihr bester Freund oder eins Ihrer hochgeehrten Familienmitglieder vom Jahrmarkt.«
Er sah getroffen aus und blickte sie hündisch an.
»Wir kämpfen hier auch um Ihr Leben und Ihre Existenz. Oder glauben Sie, dass noch viele Leute kommen werden, um sich Lose zu kaufen, wenn sie statt einem Nachmittagsvergnügen mit einer Schießerei rechnen müssen?«
Er begann, an seinen schwarzen Fingernägeln zu kauen.
»Ich glaube«, sagte Senfbauer, »mit Drogen hat das alles nichts zu tun, sondern die wollen Hausers Fahrgeschäft. Bei uns läuft alles in bar, da kann man einiges am Finanzamt vorbei machen, und man kann Schwarzgeld sehr leicht waschen.«
»Ach, übers Fahrgeschäft kann das dann als offizielle Einnahme verbucht werden?«, fragte Schiller.
»Zum Beispiel«, antwortete Senfbauer vielsagend. »Außerdem sind solche Fahrgeschäfte teuer. Da braucht man Kredite für die Anfangsfinanzierung … Jedenfalls wollten die ihm den Laden schon lange abnehmen. Und er hat sich geweigert wie ein störrischer Esel. Das konnte nicht lange gutgehen. Für viele von uns ist er ein Held, ein einsamer Kämpfer.«
»Allein gegen das Unrecht«, brummte Büscher.
»Ja, darüber können Sie ruhig Witze machen. Für uns war es so. Die meisten anderen sind längst eingeknickt, haben ihre Läden abgegeben oder zahlen. Aber der Alte nicht. Ich kenne einige Leute, die würden sich für ihn in Stücke reißen lassen.«
Büscher rückte einen Stuhl ganz nah an Senfbauer, legte freundschaftlich den Arm um ihn und sagte: »Das vorhin, das müssen Sie nicht ernst nehmen.«
»Warum siezen Sie mich jetzt, Herr Kommissar? Gerade wollten Sie mich noch zusammenschlagen.«
»Nein, das habe ich nie ernsthaft vorgehabt. Wir haben hier nur ein Spiel mit Ihnen gespielt. Sie kennen es bestimmt. Guter Bulle, böser Bulle. Und ich hatte den Part des bösen.«
»Und ich bin voll drauf reingefallen?«
»Ja, so kann man es nennen«, grinste Büscher und zwinkerte seiner Kollegin Schiller zu. Die blickte zum Urlaubsfoto an der Wand.
47
Johanna beobachtete den Eingang des Columbus-Centers. Warum, fragte sie sich, soll ich eigentlich bis fünfzehn Uhr warten? Diesmal, mein lieber Verehrer, werde ich nicht zu spät kommen, sondern sogar schneller sein.
Sie beschloss, das Einkaufszentrum zu betreten, sobald Ben bei Phan aufgegessen hatte. Sie wollte nicht an ihm vorbei.
Leider gab es die Möglichkeit, dass er gar nicht hier rauskam, sondern einen der anderen Ausgänge nahm, zum Beispiel bis zum Mediterrano rüberlief und dann von dort zum Hafen ging. Aber wie sie ihn kannte, würde er nur schnell essen und dann auf dem gleichen Weg, den er gekommen war, wieder zurückgehen, um sich den Dingen zu widmen, die er wichtig fand. Seiner bescheuerten Party oder seinen dämlichen Freunden. Vielleicht saß er auch wieder stundenlang am Computer. Es war ihr egal. Hauptsache, er sah sie nicht bei dem, was sie jetzt vorhatte.
Sie wollen mich beobachten, dachte sie, das ist ganz klar, sonst hätten sie mir keine Zeit gesagt. Und sie haben Spaß daran, wenn ich beim Klauen erwischt werde oder mit schlotternden Knien wegrenne.
Sie staunte selbst darüber, dass sie, wenn sie an den Verehrer dachte, inzwischen von mehreren Personen ausging. Die Frage war nur, ob Ben dazugehörte.
Sie hatte Glück. Ben verließ das Columbus-Center durch die Drehtür und verschwand, ohne sich noch einmal umzusehen.
Gestärkt von der Currywurst und drei knackigen Elstar-Äpfeln, schritt sie fest aus, als sie das Columbus-Center betrat.
Rechts neben ihr in der Sparkasse stand Pit Seidel am
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