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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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gemeint?«
    »Äh, also wenn ich ›wir‹ sage, dann meine ich mehr oder weniger mich selbst, zumindest beim jetzigen Stand der Dinge. Kommen Sie, ich werd’s Ihnen erklären. Vertrauen Sie mir. Jemand, der nach Howdy Doody aussieht, muß einfach ein ehrlicher Kerl sein. Abgesehen davon lade ich Sie zu einem Poor-Boy-Sandwich ein – auf mein Spesenkonto.«
    Also so ist das Niveau da unten im Regierungsgebäude, dachte ich bei mir. Wir hatten mit der Bundespolizei nicht viel zu tun, weil sie in der Regel allein arbeiteten, und obwohl sie das Gegenteil behaupteten, waren wir ihrer Meinung nach unfähig und ungebildet. Andererseits hatten auch wir nicht viel für sie übrig. Im Fernsehen erscheinen Bundespolizisten als gepflegte, adrette Altruisten, die elegante Anzüge von Botany 500 tragen und ständig hinter öligen Mafiosi her sind. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Wie Didi Gee es ausdrücken würde, haben die Gangster vom Syndikat kaum Angst vor irgendeiner Polizeibehörde oder vor den Gerichten. Sie haben Richter, Cops und Staatsanwälte in der Tasche, und außerdem kommen sie ohne Schwierigkeiten an jeden Zeugen und jeden Geschworenen heran, wenn sie wollen.
    Etwas anders sieht die Sache beim Schatzamt aus. Bei sämtlichen Strafverfolgungsbehörden, aber auch unter Kriminellen, gelten die Agenten des Schatzamts als absolut unbestechlich. Innerhalbder Bundesregierung sind sie für die Strafverfolgung etwa das, was Smokey der Bär und der U. S. Forest Service für den Naturschutz sind. Selbst Joe Valachi, der berühmte Informant des Mobs in Brooklyn, hatte vor den T-Men immer nur höchste Achtung.
    Fitzpatrick fuhr mit mir quer durch die Stadt zu einem lateinamerikanischen Restaurant an der Louisiana Avenue. Wir setzten uns an einen geschützten Tisch im Innenhof unter den großen Eichen und Weidenbäumen. Überall in den Zweigen hingen elektrische Birnen, und durch das schmiedeeiserne Gittertor konnten wir den Verkehr auf der Avenue beobachten. Die Bananenstauden entlang der Ziegelmauer raschelten im Wind. Fitzpatrick bestellte uns Poor-Boy-Sandwiches mit Shrimps und Austern und goß sich gemütlich ein Glas Jax ein, während ich an meinem Eistee nippte.
    »Sie trinken nicht, hab ich recht?«
    »Nicht mehr.«
    »Sie hatten wohl ein Alkoholproblem?«
    »Und Sie sehen nicht nur wie ein kleiner Junge aus, Sie sind auch so taktvoll und diskret wie ein Scheißhaus, was?« gab ich zurück.
    »Was glauben Sie, warum ich Sie in dieses Restaurant geschleppt habe?«
    »Keine Ahnung.«
    »Nun, fast alle, die hier arbeiten, sind das Produkt unserer Lateinamerikapolitik – Sie wissen schon: immer nur Sonne und Vergnügen. Ein paar sind legal hier, aber andere haben ihre Papiere von Kojoten gekauft.«
    »Das trifft ja bloß auf rund 5000 Restaurants in den Bezirken Orleans und Jefferson zu.«
    »Sehen Sie den Besitzer da drüben an der Kasse? Wenn sein Gesicht irgendwie nicht ganz rund aussieht, dann liegt das daran, daß Somozas Nationalgardisten ihm sämtliche Knochen im Kopf gebrochen haben.«
    Er machte eine erwartungsvolle Pause, aber ich gab keine Antwort.
    »Der Mann hinter der Bar ist auch ein interessanter Bursche«, fuhr er nach einer Weile fort. »Er stammt aus einem kleinen Dorfin Guatemala. Eines Tages kam die Armee in sein Dorf, und obwohl niemand die Soldaten provoziert hatte, brachten sie sechzehn Indianer und einen amerikanischen Priester aus Oklahoma um. Sein Name war Pater Stan Rother. Dann luden sie die Leichen in einen Hubschrauber der amerikanischen Armee und warfen sie einfach so aus Spaß aus großer Höhe raus.«
    Er beobachtete forschend mein Gesicht. Die Farbe seiner Augen war ein ausgewaschenes Hellblau. Ich hatte noch nie einen Mann mit so vielen Sommersprossen gesehen.
    »Ich kämpfe nicht mehr für ’ne gute Sache«, sagte ich.
    »Ich nehme an, darum sind Sie zu Julio Segura rausgefahren und haben ihm ein wenig Feuer unterm Arsch gemacht.«
    »Unser Dinner wird ein bißchen teuer.«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie gelangweilt habe«, sagte er. Bedächtig nahm er eine Stange Brot und brach sie in drei Stücke, die er aufrecht vor sich auf dem Tisch aufbaute. »Sprechen wir von was, das Sie direkt betrifft. Sprechen wir von den drei Typen, die Ihnen gestern abend in der Badewanne Nachhilfeunterricht im Gurgeln gegeben haben. Ich wette, das wird Sie mehr interessieren.«
    »Sie geben sich nicht gerade Mühe, Ihre Feindseligkeit zu verbergen.«
    »Wissen Sie, es gibt ein paar Dinge, auf die ich

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