Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
mit bloßen Händen den Ball direkt vor dem Schläger zu erwischen, und der Bursche an der dritten Base stand so weit innen, daß er bei einem Schlag entlang der Linie Kopf und Kragen riskierte. Mir wurde klar, warum Ausländer angesichts dieser unschuldigen und naiven Aggressivität bei uns Amerikanern immer so überrascht sind.
»Haben Sie bei dieser Sache schon mal eine Bemerkung über Elefanten gehört?« fragte ich Fitzpatrick.
»Elefanten? Nicht, daß ich wüßte. Wo haben Sie das aufgeschnappt?«
»Ich hab gehört, daß Lovelace Deshotels gekichert und was von Elefanten erzählt haben soll, als Seguras Leute sie mit Stoff vollgepumpt haben. Ich habe Segura gegenüber eine entsprechende Bemerkung fallen lassen, und er ist zusammengezuckt wie vom Stromschlag getroffen.«
»Nun, wir haben noch eine zweite Chance. Ich habe die Zimmernachbarin des Mädchens gefunden, eine Mexikanerin, die im gleichen Massagesalon arbeitet. Die würde diesen Mistkerlen liebend gerne eins auswischen.«
»Warum kommt sie dann zu Ihnen und nicht zu mir?«
»Sie scheint der Meinung zu sein, bei Ihnen gibt’s Kretins. Kennen Sie einen Sergeant bei der Sitte, der Motley heißt?«
»Allerdings.«
»Nun, sie sagt, er hat immer den Reißverschluß offen.«
»Könnte hinhauen.«
»Sie tanzt in einer dieser Nacktbars draußen am Flughafen. Sie hat gesagt, für dreihundert Dollar würde sie uns ein paar interessante Typen liefern. Mit dem Geld möchte sie mit ihrer kleinen Tochter nach San Antonio zurück und Friseuse lernen.«
»Klingt, als macht sie Ihnen was vor.«
»Ich glaube, sie meint es ehrlich. Ihr Freund war ein ehemaliger Nationalgardist aus Nicaragua, der für Segura gearbeitet hat. Dann hat er sie verprügelt und ihr das ganze Geld abgenommen. Wirklich heiße Typen, muß ich sagen. Und jetzt will sie unbedingt raus aus der Stadt. Klingt ganz einleuchtend.«
»Ich würde sagen, Sie versucht Ihnen die gleichen Informationen zu verkaufen, die mir Didi Gee vor ’ner Weile gegeben hat.«
»Sie hat mir auch von Bobby Starkweather erzählt. Ihrer Meinung nach ist er ein latenter Schwuler und hat Schwierigkeiten mit Frauen. Er soll eine Kellnerin aus dem Hotelfenster geworfen haben, und einer der Ganoven von hier wurde dafür in Angola gegrillt.«
Ich wandte den Kopf und sah zu den Baseball spielenden Jungs hin.
»Was ist denn?« fragte Fitzpatrick.
»Ich hab ihn gekannt. Sein Name war Johnny Massina.«
»Waren Sie mit ihm befreundet oder was?«
»Ich hab ihm mal geholfen, vom Schnaps wegzukommen. Hat dieses Mädchen eine Ahnung, wo sich Starkweather aufhalten könnte?«
»Sie hat nur vage Andeutungen gemacht.«
»Das hab ich mir gedacht«, sagte ich. »Wenn Sie wollen, können Sie mir ja ihren Namen und ihre Adresse aufschreiben, auch wenn ich im Augenblick keine Zeit dafür habe. Die haben mich momentan ziemlich an der kurzen Leine.«
»Lieutenant, darf ich noch mal ein persönliches Thema ansprechen?«
Ich hatte schon den Mund geöffnet, um zu sagen: »Warum nicht?« Schließlich hatte er sich vorher noch nie irgendwelche Zurückhaltung auferlegt. Aber noch ehe ich antworten konnte, sprach er schon weiter.
»Offensichtlich sind Sie ein guter Polizist und legen großen Wert auf Ihr Privatleben, aber Sie sind Katholik, und als solchermüssen Sie sich doch Gedanken drüber machen, was da unten geschieht«, sagte er.
»Wo unten?« Ich kannte die Antwort bereits, hatte aber keine Lust, mit ihm darüber zu diskutieren.
»In Mittelamerika. Da unten machen sie schlimmen Mist mit unseren Leuten. Sie bringen Priester und friedliche Nonnen um, und das mit den M-16 und M-60-Maschinengewehren, die wir ihnen liefern.«
»Ich finde, Sie sollten die Verantwortung nicht auf sich nehmen.«
»Es ist unsere Kirche. Das sind unsere Leute. Sie müssen dieser Tatsache ins Auge sehn, Lieutenant.«
»Das streitet auch niemand ab. Aber jeder muß wissen, wo seine Grenzen liegen, das ist alles. Das haben schon die alten Griechen verstanden, und Leute wie Sie und ich können davon ’ne Menge lernen.«
»Sie halten das wirklich für einen guten Ratschlag, was?« sagte er.
»Auf jeden Fall besser, als sich den Kopf zu zermartern.«
»Wo Sie schon so viel für klassische Metaphern übrig haben, wie wär’s mit dieser: Was ist wohl der Grund, warum wir Prometheus bewundern und für Polonius nur Verachtung übrig haben? Sie sollten vorsichtig sein, wenn Sie sich mit einem Jesuitenschüler anlegen, Lieutenant. Verbal haben wir Leute
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