Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Werfer für die Lafayette Bulls in der heute nicht mehr existierenden C-Liga von Evangeline gespielt und war nie so richtig von der Vergangenheit losgekommen. Er verkaufte lose verpackten Tabak und Zigaretten der Sorte Virginia Extra, die er in Kartons im Regal hatte, und an jedem Donnerstagabend deckte er die Billardtische mit Wachstuch ab und servierte darauf kostenlosen Chicken Gumbo, so wie es in den Kneipen draußen im Bayou Country üblich war. Er rief niemals die Polizei zu Hilfe, wenn es einen Streit zuschlichten gab; er hatte auf dem Tresen ein großes Glas mit eingelegten Eiern stehen und machte einen heißen boudin, der einem das Herz brechen konnte. Die Bar war immer angenehm kühl und dezent beleuchtet, die Musikbox war voll mit Zydeco- und Cajun-Musik, und hinten im Lokal spielten immer irgendwelche Arbeiter unter einem roten Jax-Schild und einer Hängelampe mit Blechschirm ein paar Runden Billard.
Archie, der Besitzer, räumte meinen leeren boudin -Teller ab und wischte mit einem Lappen den Tresen sauber. Er war ein dunkelhäutiger Cajun mit einem breiten, runden Gesicht und einem kleinen Mund. Seine Arme waren dicht mit schwarzen Haaren bewachsen. Ich machte eine Bewegung mit meinem Schnapsglas, damit er mir nachschenkte.
»Weißt du eigentlich, warum diese Drinks Boilermaker heißen, Dave?« fragte er mich. »Weil man danach das Gefühl hat, als hätte man Gußeisen im Hirn, abgebrochene Eisenzähne oder so was.«
»Klingt wie ziemlich übles Zeug.«
»Und eines Tages frißt es sich durch dein Gehirn durch.«
»Kann ich noch ein Glas Beam haben?«
»Ich verderb mir nicht gern selber das Geschäft, aber ich würd’s nicht besonders gern sehen, wenn du auf der Veranda sitzt und zuhörst, wie deine Leber verrottet.«
»Hättest du ein besseres Gefühl, wenn ich dir sage, daß es mir überhaupt keinen Spaß macht?«
»Laß gut sein für heute. Du kannst jeden Tag ein Scheißhaus voll Kummer haben.«
Ich mußte den Blick von seinem Gesicht abwenden. Er war mein Freund und ein ehrlicher Mann, und da ich mich nicht rechtfertigen konnte, wußte ich, daß ich imstande war, andere Menschen zu beleidigen – sogar einen guten Freund –, um mich in meiner ausweglosen Situation zu behaupten.
»Außerdem hast du noch ein Problem. Man kann dein Zaumzeug sehen.«
»Was?«
»Wenn jemand eine Pistole so groß wie eine Bratpfanne an der Hüfte trägt, löst das bei manchen Leuten ein bißchen Unruhe aus.«
»Hier«, sagte ich und löste Halfter und Waffe von meinem Gürtel. »Leg sie unter den Tresen, bis ich gehe.«
»Was zum Teufel ist eigentlich los mit dir, Dave? Legst du’s drauf an, richtig auf die Nase zu fallen? Warum willst du dir unbedingt noch mehr Probleme schaffen?«
»Die kamen von ganz allein und völlig umsonst.«
»Ich red ja nur von heut abend. Man hat dir die Dienstmarke abgenommen, und das bedeutet, daß du hier nicht rumlaufen kannst wie Wyatt Earp.«
»Schon mal was von einem pensionierten General namens Jerome Abshire gehört, der drüben an der Prytania Street wohnt?«
»Ein bißchen. Sein Sohn kam früher öfter mal hier rein.«
»Ist er einer von diesen verrückten Rechtsradikalen?«
»Nein, glaub ich nicht. Ich hab nur gehört, daß er ziemlich klasse sein soll. Sein Junge war jedenfalls ein feiner Kerl. Kam immer mit seinem Baseballteam hierher, als er noch in Tulane war. War ’n großer, blonder Kerl mit ’nem Wurfarm wie ’ne Peitsche. War ständig in Fahrt, hat sich mit den andern rumgebalgt und gealbert. Wirklich ’ne Schande, daß er da drüben in Vietnam vermißt ging.«
»Weiß man, was mit ihm passiert ist?«
»Da gibt’s ’ne Menge Stories. Er wurde gefangengenommen, vermißt, der Vietcong hat ihn hingerichtet oder irgend so was. Mein Junge war auch drüben, aber er kam heil nach Hause. Ehrlich gesagt, Dave, wenn ich ihn verloren hätte, wüßt ich wirklich nicht, was ich anstelle.«
»Also, ich muß los. Wir sehen uns, Archie.«
»Ich hoffe doch. Und geh kein unnötiges Risiko ein, hörst du? Drängel dich nicht ans Schlagmal, Partner.«
Ich fuhr in den Garden District. In diesem Viertel gab es eine Menge Häuser, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gebaut wurden. Sie waren mit Säulen und Voluten verziert und ausgestattet mit einem Ausguck auf dem Dach, mit Spaliergittern, breiten Veranden auch im Obergeschoß, mit gepflasterten Innenhöfen und kleinen Teehäuschen auf dem Rasen. Die Straßen waren mit Eichen bestanden, und die Gärten
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