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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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offenkundig verschreckter Mann im abgedunkelten Wageninneren und neben ihm ein dritter Ganove. Der Mann stieg krampfhaft schluchzend aus dem Wagen ans Sonnenlicht. Sein weißes Gesicht, das mit Pomade eingeschmierte rote Kraushaar und der wie mit einem Fettstift markierte dünne Schnurrbart waren wie eineParodie auf einen Filmstar aus den 30er Jahren. Mit der einen Hand hielt er die Finger der anderen umklammert.
    »Dieser Typ hat uns gebeten, ihn mitzunehmen. Er hat uns auf Knien angefleht, ihn hierherzubringen«, sagte der Fahrer. »Aber wir kriegen ihn einfach nicht dazu, die Klappe zu halten. Er redet in einer Tour.«
    »Gebt ihm wenigstens was, um seinen Atem aufzufrischen. Der riecht ja wie ein stinkender Abfluß. Der Kerl muß Hundescheiße zum Frühstück essen«, sagte der andere Gangster.
    »He, im Ernst, er hat wirklich ’ne interessante Geschichte auf Lager«, sagte der Fahrer. »Wenn er sich aus irgendeinem Grunde nicht mehr dran erinnern sollte, dann bind einfach ’n Hemd an die Fernsehantenne. Ich muß nachher noch mal zu dem Laden an der Ecke und Brot holen. Dann können wir nachliefern, was er ausgelassen hat. Wir wollen sowieso bloß ’n bißchen frische Luft schnappen.«
    Ich konnte die Gesichter der beiden hinter den dunklen Sonnenbrillen nicht genau erkennen, aber Didi Gees Handlanger waren fast immer vom gleichen Schlag – schlanke junge Sizilianer oder Neapolitaner, die einem mit der gleichen Leichtigkeit das Licht auspusteten, wie sie eine Zigarettenkippe wegschnippten. Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß ich den Fahrer vor zwei Jahren schon mal bei einer polizeilichen Gegenüberstellung gesehen hatte, nachdem wir die Überreste eines Buchmachers aus einem Müllschlucker gefischt hatten.
    Die Ganoven fuhren mit ihrem Cadillac davon. In der schwarzgetönten Rückscheibe spiegelte sich die weißleuchtende Sonne.
    »Wenn ich Sie wäre, Andres, würde ich die Gesellschaft dieser Leute meiden«, sagte ich.
    Aber man kann die kleinen Aufmerksamkeiten, die einem andere zuteil werden lassen, nicht ohne weiteres ablehnen, besonders, wenn sie von jemandem wie Didi Gee kommen. Außerdem war die linke Hand des Nicaraguaners mit Bandagen umwickelt, und ich hatte eine Ahnung, wo sie vorher gewesen waren. Er saß an meinem Küchentisch und hielt die braunen Augen angstvollauf mich gerichtet, als ob die Lider an seinen Brauen festgenäht wären. Ich stellte mein Tonbandgerät, eine Polaroidkamera und eine kleine Flasche weißen Rum auf den Tisch.
    »Hier gibt’s kein Aquarium mit Piranhas, und wenn Sie wollen, fahr ich Sie gern ins Krankenhaus«, sagte ich zu ihm, wobei Jaime, mein kubanischer Freund, ins Spanische übersetzte.
    Er wollte nicht ins Krankenhaus, weil seine Verletzungen nicht so schlimm seien, aber er würde gern ein Glas Bacardi trinken, ohne Eis.
    Ich schlug die Morgenzeitung auf, platzierte meinen Stuhl neben den seinen, hielt die Titelseite der Zeitung zwischen uns, so daß man die Schlagzeile und das Datum lesen konnte, und bat Jaime, ein Polaroidfoto von uns zu machen. Der Nicaraguaner roch wirklich schrecklich aus dem Mund, so als habe er etwas Totes in der Lunge. Er trank den Rum und wischte sich den Mund, wobei die schmalen grauen Narben ringsum wie gewachste Fäden glänzten.
    »Ich möchte, daß Sie eines verstehen«, sagte ich. »Sie werden sich kooperativ verhalten, aber nicht etwa wegen Didi Gees Schlägertypen oder wegen der Sache mit Ihren Fingern. Diese Kerle werden Sie nicht mehr belästigen, jedenfalls nicht meinetwegen. Wenn Sie wollen, können Sie gegen sie Anzeige erstatten wegen Körperverletzung und Entführung. Wenn Sie wollen, fahre ich mit Ihnen entweder zur Polizei oder zum FBI.«
    Er sah mich aufmerksam an, während Jaime übersetzte. Der Gedanke, sich wegen Didi Gees Männern an die Behörden zu wenden, erschien ihm offenbar so absurd, daß seine Augen nicht einmal erkennen ließen, ob er meinen Vorschlag verstanden hatte.
    »Dieses Foto von uns hier ist allerdings eine andere Sache«, fuhr ich fort. »Ich werde davon Abzüge machen lassen, viele Abzüge, und sie in der Stadt verteilen, falls sich jemand dafür interessieren sollte. Mag sein, daß Sie das Vertrauen Ihrer Freunde genießen und diese Sache Ihnen nicht viel bedeutet. Vielleicht haben Sie die Situation auch unter Kontrolle, und dies erscheint Ihnen wie eine Kinderei.«
    Sein Gesicht umwölkte sich, und seine Augen funkelten mich einen Augenblick lang bösartig an, wie ein scheinbar

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