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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Vollblüter herumführten, um sie abzukühlen, atmeten den wunderbaren Duft von frisch geharktem und gewässertem Rasen und den Geruch von Pferdeschweiß, Mist und Hafer, der aus den Ställen drang, und betrachteten mit tiefer Bewunderung das schimmernde Fell der roten und schwarzen Dreijährigen, die im Schein der elektrischen Bogenlampen auf die Bahn geführt wurden.
    Am Wettschalter kauften wir uns Tickets für das Daily Double und wetteten ein Perfecta, zweimal auf Sieg und dreimal auf Platz. Die Palmen hoben sich dunkel vor dem wetterleuchtenden Himmel ab, der See im Innenoval spiegelte das Licht der Sterne und des Mondes wider, und jedesmal, wenn eine Böe vom Golf die Oberfläche kräuselte, schimmerte das Wasser wie Quecksilber auf. Ich konnte den Duft der Eichen und der Epiphyten und der nachtblühenden Blumen riechen. Spieler und Liebende riskieren einen großen Einsatz und finden nur begrenzt Trost. Doch manchmal ist dies genug.

9
    Am nächsten Morgen war der Himmel über dem See rosa gefärbt. Ich zog meine Laufschuhe und Tennisshorts an und rannte fünf Meilen am Seeufer entlang, den kühlen Wind im Gesicht und die warme Sonne auf meinem nackten Rücken. Ich spürte, wie der Schweiß auf meiner Haut im Wind trocknete, und die Muskeln in meinem Oberkörper und meinen Beinen schienen eine Elastizität und Spannung und Kraft zu haben, wie ich sie schon seit Wochen nicht mehr empfunden hatte. Die Möwen segelten in der angenehmen morgendlichen Brise über dem Ufer, ihre Schwingen vom Sonnenlicht vergoldet, um plötzlich auf den Sand herunterzustürzen und kleine Krebse oder Schalentiere aus dem Schaum der zurückströmenden Wellen aufzupicken. Ich winkte den Familien zu, die mit dem Wagen auf dem Weg in die Kirche waren, trank ein Glas Orangensaft an dem Stand, den ein paar Kinder unter einer Palme aufgebaut hatten, und trottete mit neuen Kräften weiter den Asphalt entlang, Brust und Kopf mit Blut gefüllt und mit kräftigem Herzen. Der Sommermorgen war wie ein Teil eines ewigen Liedes.
    Ich hätte ohne weiteres noch einmal fünf Meilen laufen können, als ich wieder an meinem Hausboot war, aber das Telefon läutete. Ich setzte mich auf die Armlehne eines Sessels und wischte mir mit einem Handtuch den Schweiß vom Gesicht, während ich den Hörer abnahm.
    »Warum hast du nicht mehr Vertrauen in deine Familie?« fragte mein Bruder Jimmie.
    »Wovon redest du?«
    »Ich hab gehört, du bist da neulich abends in ’ne interessante Geschichte reingeplatzt. So richtig stilvoll. Es gibt offenbar nichts Schöneres, als mit ’ner 45er an der Hüfte ’ne Party im Garden District zu sprengen.«
    »Ich hatte ein bißchen Langeweile an dem Abend.«
    »Und warum hast du mich nicht angerufen? Ich hätt dich in ’ner Viertelstunde gegen Kaution auf freiem Fuß gehabt. Vielleichthätt ich sogar was tun können wegen dieser Anklage wegen Tragens einer verdeckten Waffe.«
    »Diesmal hätt’s keinen Zweck gehabt, jemand zu schmieren.«
    »Mir geht’s einfach darum, daß ich es nicht mag, wenn mein Bruder von irgendwelchen Kissenpupern auseinandergenommen wird.«
    »Wenn die mich das nächstemal in den Sack stecken, ruf ich dich bestimmt zuallererst an.«
    »Hast du jemand an der Hand, der Spanisch spricht und etwa in ’ner halben Stunde ’n bißchen Zeit hat?«
    »Wozu?«
    »Ich hab Didi Gee versprochen, ich könnt ihm ’ne Mitgliedschaft bei den Knights of Columbus beschaffen. Er mag mich irgendwie. Wer sonst geht mit ihm zu Mittag essen, es sei denn, mit vorgehaltener Waffe?«
    »Was willst du tun, Jimmie?«
    »Ich hab’s schon getan. Geschenke kommen manchmal in seltsamer Verpackung. Man soll dem Schicksal keine Fragen stellen.«
    »Alles, was Didi Gee tut, ist von oben bis unten voll Schleim und Morast.«
    »Er hat ja auch nie behauptet, daß er vollkommen ist. Bleib cool, Brüderchen«, sagte er und hängte ein.
    Ich rief einen kubanischen Pferdetrainer an, den ich vom Rennplatz her kannte, und bat ihn, zu meinem Hausboot zu kommen. Zehn Minuten nachdem er eingetroffen war, hielt eine langgestreckte Cadillac-Limousine in der Sackgasse bei den Palmen und der Sanddüne, wo ich mein Boot liegen hatte, und zwei von Didi Gees Gorillas stiegen aus. Sie trugen lange Hosen, Slipper und Sonnenbrillen und hatten ihre geblümten Hemden über dem Gürtel hängen. Die beiden öffneten den hinteren Schlag mit den geölten Bewegungen von Chauffeuren, die einen Sonderbeauftragten des Präsidenten fahren. Statt dessen saß ein

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