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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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alles zur Zufriedenheit sei, sah aus, als habe sie einen Mund voller Hummeln verschluckt.
    Didi Gee hatte den Platz direkt neben sich für mich freigehalten. Er trug einen weißen Anzug und ein mit orangen Blüten bedrucktes Hemd, dessen Kragen und Aufschläge er über sein Jackett gezogen hatte. Auf dem schwarzen Brusthaar, das ihm bis an den Hals wuchs, war ein goldener Anhänger mit dem Bild des Heiligen Christophorus zu sehen. Sein Brustkorb und sein Bauch waren so umfangreich, daß er seinen Stuhl bis fast an die Wand gerückt hatte.
    »Trinken Sie ein Glas Wein?« fragte er.
    »Nein, vielen Dank.«
    »Ich hab gehört, Sie trinken wieder. Ich sag das bloß, weil es mir vollkommen egal ist. Jeder Mensch hat ein Laster. Das ist es, was uns menschlich macht.«
    »Nun, heut trink ich jedenfalls nicht. Drücken wir’s mal so aus.«
    »Ah, nach dem Motto: Jeder Tag ist ein neuer Tag, wie? Ich wünschte, ich könnte das auch sagen. Ich mach mir die ganze Zeit Gedanken über alle möglichen Dinge, die ich nicht kontrollieren kann.«
    Es war schon merkwürdig, dachte ich, wie die wahren Indikatoren eines plötzlichen gesellschaftlichen Stellungsverlustes funktionierten. Didi Gee benutzte nicht mehr die unterwürfige Anrede »Lieutenant«, wenn er mit mir sprach, und seine Ganoven aßen ruhig weiter, als sei ich überhaupt nicht vorhanden.
    »Ich mach mir ständig Gedanken wegen dieser Operation, derich mich unterziehen soll«, sagte er. »Je länger ich damit warte, um so mehr müssen sie mir aus meinem Loch rausschneiden. Aber ich kann mich einfach nicht überwinden. Vielleicht gibt’s einfach Dinge, die man nicht akzeptieren soll und kann. Es ist einfach nicht natürlich, wenn ein Mensch ständig einen Beutel mit Scheiße an seinem Körper rumtragen soll. Sehen Sie nur, worauf ich jetzt immer sitzen muß. Das ist schon schlimm genug.«
    Er erhob sich ein wenig von seinem Stuhl und gab den Blick frei auf ein aufgeblasenes Gummikissen, das aussah wie ein Klositz in einer öffentlichen Toilette.
    »Ich werd mal zum Baylor Hospital in Houston rüberfahren und hören, was die zu sagen haben. Alle wirklich guten Chirurgen in New Orleans sind Juden. Wenn ein Mann meiner Größe bei denen durch die Tür kommt, dann taxieren die sofort meine Körperteile, als ob ich an jedem ein Preisschild hätte.«
    »Vielleicht finden die noch ’nen anderen Weg, Ihnen zu helfen, Didi.«
    »Ganz recht. Vielleicht find ich da drüben die richtigen Ärzte, dann setz ich mich einfach dort zur Ruhe. Mein Bruder ist gestorben und hat mir ein Bürogebäude in San Antonio vererbt, drei Häuserblocks von diesem Alamo da. Ist das eigentlich ein Rummelplatz oder so?«
    »Nein, ein historisches –«
    »Auch wenn ich in New Orleans geboren und aufgewachsen bin, bin ich’s doch leid, ständig mit Dreck beworfen zu werden. Hier versucht doch jeder billige Fünf-Cent-Anwalt sich ’nen Namen zu machen, indem er mir den Schwanz abschneidet.«
    Seine Stimme war plötzlich laut geworden, ähnlich wie die Hitze in einem Brennofen ansteigt, und die anderen am Tisch hatten aufgehört zu reden und hantierten jetzt leise mit Messer und Gabel auf ihren Tellern.
    »Ich habe nicht ganz verstanden, worüber wir eigentlich reden«, sagte ich.
    »Ich hab eine Vorladung vom Geschworenengericht bekommen. Ich und noch ein paar andere Leute, mit denen ich geschäftlich verbunden bin.«
    »Das wußte ich nicht.«
    »Es gibt Leute, die offenbar plötzlich was gegen Geschäfte haben, die ich schon seit dreißig Jahren betreibe. Die rümpfen plötzlich die Nase, als verspürten sie irgendwo einen schlechten Geruch in der Luft. Ich rede dabei von Leuten, die an der Taufe meiner Kinder teilgenommen haben und regelmäßig vor den Wahlen wegen einer Spende zu mir kommen. Aber plötzlich sieht’s so aus, als hätte ich ’ne ansteckende Krankheit.«
    »Sie sind ein Profi, Didi. Das ist einfach eine Sache der Geographie.«
    »Aber diesmal isses ihnen ernst. Ich hab’s direkt aus dem Büro des Staatsanwalts. Die wollen mich nach Angola schicken.«
    »Wie Sie schon selbst gesagt haben – vielleicht ist es an der Zeit, daß Sie sich zur Ruhe setzen.«
    »Aber die wollen sich auf keinen Fall auf einen Deal einlassen. Das bedeutet, daß ich gegen meine Regeln verstoßen muß. Ich bin gezwungen, Dinge zu tun, die ich lieber nicht tun würde.« In seinen dunklen Augen leuchteten kleine schwarze Blitze auf.
    »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
    Die Wahrheit war, daß

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