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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ich ihm gar nicht folgen wollte. Unsere Unterhaltung hatte schon viel zu lange gedauert. Ich interessierte mich nicht dafür, was für Probleme er mit dem Schwurgericht hatte, und seine vagen Andeutungen, er könne gegen seine moralischen Prinzipien verstoßen, erschienen mir zumindest in der damaligen Situation eher wie ein Ausdruck des Größenwahns und der Selbstüberschätzung, die für Leute seines Schlages charakteristisch war.
    »Sie haben ganz recht. Es geht um eine persönliche Sache«, sagte er. Sein drohender Blick wandte sich von mir ab und den Leuten am Tisch zu, die sofort wieder zu essen und zu reden begannen. »Wollen Sie diesen Philip Murphy haben?«
    Ich klopfte mit den Fingern an mein Wasserglas, ohne ihn anzusehen.
    »Keine Spielchen, Partner«, sagte ich.
    »Glauben Sie wirklich, daß ich Spielchen mache? Ich, der ich ganz Orleans und den halben Sprengel St. Bernard in der Tasche hatte, als Sie noch zur Schule gegangen sind? Glauben Sie wirklich, daß ich Sie hierhergebeten habe wegen solcher Spielchen?«
    »Wie kommt’s, daß Sie diesen Kerl an der Leine haben?«
    »Er ist drogensüchtig, und ein Süchtiger ist immer bloß einen Tag weg, wenn man ihn mal haben will. Der Bursche hat früher bloß so aus Spaß gefixt. Heut braucht er jeden Tag seine zwei Tütchen. Wenn Sie ihn haben wollen, versuchen Sie’s mal in diesem Restaurant.« Er ließ ein Streichholzbriefchen auf das Tischtuch fallen. Auf dem Deckel war eine Palme abgebildet, unter der die Worte GULF SHORES. FINE FOOD. BILOXI, MISSISSIPPI standen. »Seine Connection ist der Typ, der den Parkplatz des Restaurants leitet.«
    »Und warum ist dieser Philip Murphy für Sie von Bedeutung, Didi?«
    »Ich hab meine Gründe, vielleicht sogar mehrere.«
    »Aber der spielt auf einem anderen Platz. Er ist doch keine Konkurrenz für Sie.«
    »Er hat da drüben in Fort Lauderdale ein paar Sachen versaubeutelt. Es gibt ’n paar Leute dort, die ihn gern aus dem Weg hätten.«
    »Ich kenn den Burschen. Er gehört nicht zu Ihrer Art Leute.«
    »Ganz recht, er gehört nicht dazu. Aber er funkt uns dazwischen. Sie müssen verstehen, daß Süd-Florida einfach nicht New Orleans ist. Miami und Lauderdale sind offene Städte. Dort gibt’s niemand, der alles in der Hand hat, und niemand wird einfach so untergebuttert. Das haben auch alle immer respektiert. Und heut haben überall die Farbigen, die Kubaner und die Kolumbianer ihre Finger drin. Die sind verdammt noch mal wie Bestien. Die machen einen für fünfzig Scheine fertig und bringen sogar gegenseitig ihre Kinder um. Und dann kommen Typen wie dieser Murphy und machen irgendwelche politischen Deals mit denen – eine Verschwörung gegen Castro oder irgendwelchen Scheiß da unten in Mittelamerika. So kommt es, daß Menschen, die Kannibalen sind, die in ’nein Hühnerhof geboren sind, plötzlich für die Regierung arbeiten. Und gleichzeitig werden Leute wie ich vors Schwurgericht zitiert.«
    Ich nahm das Streichholzbriefchen und steckte es in meine Hemdtasche.
    »Vielen Dank für die Information, Didi. Ich hoffe, daß sich die Dinge drüben in Baylor besser für Sie entwickeln«, sagte ich.
    »Sie haben ja gar nichts gegessen. Mögen Sie kein italienisches Essen?«
    »Sie wissen doch, wie wir echten Säufer sind – völlig vernarbter Magen und so.«
    »Vielleicht liegt’s auch dran, daß Sie sich nicht gern von mir einladen lassen, oder?«
    »Ich weiß Ihre Gastfreundschaft zu würdigen. Sie waren immer schon ein sehr großzügiger Mann. Also dann, bis später, Didi. Wir sehen uns.«
    »Ja, sicher. War mir ein Vergnügen. Aber vergessen Sie eins nicht: Ich hab nie im Gefängnis gesessen. Nicht ein einziges Mal in den ganzen dreißig Jahren. Und das können Sie ruhig auch Ihren Freunden, diesen verdammten Scheißern im Büro des Staatsanwalts, sagen.«
    Ich kochte fast, als ich wieder zu meinem Hausboot kam. Hitzewellen prallten auf das Dach, und jeder Zentimeter Metall und Holz an Deck war fast zu heiß zum Anfassen. Ich zog meine Badehose an, streifte meine Taucherbrille über und schwamm in den See hinaus. An der Oberfläche war das Wasser warm, aber ich spürte, wie die kalten Schichten darunter zunahmen, je weiter ich mich vom Ufer entfernte. Ich sah den drei Pelikanen zu, die vor mir in der Brandung auf dem Wasser schaukelten, die Kehlsäcke prall gefüllt mit Fischen, und dachte darüber nach, was Didi Gee vorhatte. Ich hatte ihm seine Erklärung, daß Murphy dem Syndikat in Süd-Florida in die

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