Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
zurück, die sie als Gebühr für meine Kaution bezahlt hatte, und klapperte dann die Katasterämter der Sprengel Jefferson, Orleans und St. Bernard ab auf der Suche nach Eintragungen für gewerblich genutzte Grundstücke auf den Namen Whiplash Larry Wineburger. Ich fand heraus, daß er ein ziemlich mächtiger Slumlord war, aber wenn er in der Tat ein Lagerhaus in einem der drei Sprengel besaß, dann war es unter einem anderen Namen registriert.
Am Abend ging ich zu einer Sitzung der Anonymen Alkoholiker, und anschließend lud ich Annie zum Dinner auf der Rennbahn ein. Es war eine heiße Nacht, und ich schlief draußen auf dem Deck meines Hausboots. Das war in meiner Situation möglicherweise etwas riskant, aber in meinem Zustand sagte ich mir, wenn man mir bis jetzt so wenig Glauben geschenkt hatte, bestand eigentlich kein Grund anzunehmen, meine so oft wiederholte Geschichte könne für jemanden eine Bedrohung darstellen. Der Wind wehte die ganze Nacht hindurch über dem See, und ich schlief in meiner Hängematte so tief und gut, daß ich erst aufwachte, als mir die Sonne direkt in die Augen schien.
Ich ging zu einer Frühsitzung der Anonymen Alkoholiker im French Quarter, kaufte mir danach beignets und Kaffee im Café du Monde, setzte mich auf eine Bank am Jackson Square und sah den Straßenmalern zu, wie sie die Touristen malten und zeichneten. Im Schatten war es immer noch kühl, und vom Fluß her wehte eine angenehme Brise. Es roch nach Kaffee und Gebäck, Eiskisten voller gekühlter Shrimps, den Bäumen und Blumen in dem kleinen Park und feuchtem Mauerwerk, und die Wassersprinkler prasselten auf die Blätter der Bananenstauden längs des eisernen Gitterzaunes, der den Park umgab. Nach einer Weile ging ich in die St. Louis Cathedral, kaufte mir eine der kleinen Broschüren über die Geschichte des Gebäudes und setzte mich damit zum Lesen auf eine Bank, während ein paar Schritte weiter ein schwarzer Straßenmusikant Bottleneck-Gitarre spielte.
Ich war drauf und dran, die Jagd aufzugeben. Ich wußte, daß ich weder ein Feigling noch ein Drückeberger war, aber irgendwann mußte schließlich die Vernunft wieder in mein Leben zurückkehren. Ich konnte es mir nicht leisten, mich ständig sinnlos zu verausgaben. Ich hatte bereits einen Rückfall erlitten und war in wenigen Minuten von einem einzigen Drink zu einer regelrechten Sauftour übergegangen. (Wie sagen sie einem doch immer bei den Anonymen Alkoholikern: Man fängt stets da wieder an, wo man aufgehört hat.) Und wenn mir das gleiche noch mal passieren sollte, war ungewiß, ob ich jemals wieder herauskommen würde.
Nachdem meine Suche auf den Katasterämtern ergebnislos verlaufen war, hatte ich schon daran gedacht, in Wineburgers Haus oder in sein Anwaltsbüro einzubrechen. Ich kannte sogar ein paar Leute, die mir dabei helfen würden – kleine Diebe, die in Autowaschanlagen arbeiteten und die Gelegenheit nutzten, Abdrücke von den Hausschlüsseln zu machen, die manche Leute am Bund mit den Wagenschlüsseln hängen ließen; einen überaus gerissenen Typen, der ein Abschleppunternehmen führte und bei einem Wagen, dessen Besitzer er ausrauben wollte, die Verteilerkappe entwendete, den Wagen dann auf den Haken nahm und einmal um den Block fuhr, auf der Maschine, die er in seinem Kranwagen hatte, Duplikate der Schlüssel machte, den Wagen mit einer fingierten Reparaturrechnung zurückbrachte und eine Woche später das Haus ausräumte.
Aber die Sache war den Aufwand nicht wert. Wineburger, der kleine Israeli, Philip Murphy und der General konnten da draußen ungestört ihren dunklen Geschäften nachgehen, weil ein paar sehr viel wichtigere und mächtigere Leute als ich es ihnen gestatteten. Wenn diese Typen niemandem mehr nutzen, dann würde man sie einfach aus dem Spiel nehmen. Das mag wie eine reichlich zynische Überlegung für einen Mann klingen, der an einem kühlen Morgen auf einer schattigen Steinbank unter Bananenstauden saß, aber jeder ehrliche und erfahrene Polizist wird Ihnen das gleiche sagen. Es ist einfach, dem Obersten Gerichtshof die Schuld an pornographischen Buchläden und Sexshows zu geben. In der Regel existieren diese Läden nur, weil jemand im Gewerbeamt geschmiert wird. Jugendliche kommen nicht deshalb an Drogen, weil ihre Eltern und Lehrer ihnen zuviel Freiheit lassen, sondern weil es Erwachsene gibt, die ihnen das Zeug verkaufen. Mit psychologischen Schwierigkeiten oder soziologischen Problemen hat das nichts zu tun.
Wenn die
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