Neonträume: Roman (German Edition)
machen. Spätestens in einem halben Jahr schmeißt der Sender den nächsten dummdreisten Manager raus, und der schreibt dann ein Buch, in dem er die ganze Abgreiferszene entlarvt. Früher war das eine klare Sache: Wer auf die Kasse aufpasst, der plündert sie aus. Heute schreiben wir Bücher über das, was wir ausplündern. Apropos, ich habe ein paar von deinen Kolumnen gelesen. Du bist wohl auf die Reichen und Berühmten spezialisiert, wie?«
» Einfache Dinge auf Glamour zu trimmen und an den Pöbel zu verscherbeln, das ist mein Beruf.« Ich lehne mich zurück und nehme einen tiefen Zug von meiner Zigarette. » Ich bin Glamour-Manager.«
» Ich auch, teilweise«, nickt Vadim. » Wir sind uns nicht zufällig letzten Samstag auf der Eröffnung des Bistro begegnet?«
» Kann schon sein, Alter, kann aber auch nicht sein.« Ich grinse schief. (Irgendwie ist der Kontakt doch da, wie’s aussieht.) » Ich bin ständig auf irgendwelchen Eröffnungs- oder Schlusspartys, ich kann mich echt nicht an jede erinnern. Das ist das Gute an meinem Job, dass man überall als VIP auftritt, ohne eingeladen zu sein. Ziemlich geil, findest du nicht?«
» Finde ich nicht.« Er setzt wieder die Flasche an. » Der Champagner ist abgestanden. Wenn man für jede Party eine VIP -Einladung kriegt und sich bei keiner einzigen sehen lässt, das ist geil.«
» Ich bitte dich!« Ich will protestieren, aber er lässt mich nicht zu Wort kommen.
» Glaub mir, es ist so. Oder hast du Probleme damit?«
» Womit?«
» Etwas einfach so zu glauben.« In seinen blauen, vom permanenten Schlafmangel schmalen Augen funkelt jetzt eine Spur von Interesse. » Jetzt fällt’s mir wieder ein, du warst mit der Reschetnikowa da!«
» Du verwechselst was«, sage ich leicht irritiert.
» Ich verwechsle nie etwas. Aber du brauchst dir nicht gleich in die Hosen zu machen, Lena ist auf der Tanzfläche. Außerdem, wer von uns ist schon ohne Fehl und Tadel? Männer haben nun mal einen Hang zur Polygamie, vor allem die unter vierzig. Das Geld wird immer mehr, je älter man wird, und die Aktivität der Spermien immer geringer, merkst du das nicht?« Er zwinkert mir zu.
» Kennst du Rita schon lange?«, frage ich. Aus dem Nebelmeer meines Gedächtnisses schwappt wieder ein Bild ans Ufer– Ritas neues Telefon– und versetzt mir einen eifersüchtigen Stich. Sicherheitshalber schaue ich zur Tanzfläche hinüber, wo Lena absurde Verrenkungen macht. Jennifer Lopes für Arme, meine Güte.
» Ein paar Jahre. Damals hat sie mir ihre noch ein wenig ungeschickten Zärtlichkeiten geschenkt.« Vadim steht auf und langt nach seinem Jackett. Anscheinend ist sein Interesse an unserem Gespräch erschöpft.
» Und warum ungeschickt, wenn man fragen darf?« Seine komische Art geht mir ein bisschen auf die Nerven. » Vielleicht lag das ja am Empfänger, was meinst du, Alter?«
» Ich sage doch, damals war sie noch ungeschickt. Heute ist sie bestimmt sehr geschickt.« Er sieht mir forschend in die Augen. » Nichts für ungut, ich wollte dir nicht auf den Schlips treten. Ich bin einfach schon ziemlich blau. Was soll das. Ich habe damals Pech gehabt, und du hast heute eben Schwein, Sauschwein sogar mit dieser Reschetnikowa. Ist das was Ernstes zwischen euch? Wolltest du eigentlich noch Champagner, oder nicht?«
» Meinetwegen.« Ich werde wieder locker. Er ist in Ordnung, dieser Vadim, er hat einfach Spaß daran, ein bisschen aus dem Rahmen zu fallen. Man muss eben sehen, wie man sich positioniert. Mich führt er nicht aufs Glatteis, ich bin nämlich genauso. » Absolut nichts Ernstes. Nur so für zwischendurch, verstehst du? Ich bin mit Lena zusammen.«
» Alles klar!« Er grinst jetzt auch, verteilt Champagner und stößt sein Glas an meins. » Wir verstehen uns.«
» Ist das lange her, dass sie bei dir gearbeitet hat?«
» Vor ein paar Jahren, sagte ich doch. In der Rostower Filiale, wenn du nichts dagegen hast. Man muss zugeben, sie hat so gut wie keinen südlichen Akzent und einen göttlichen Körper.«
» Seltsam.« Er muss doch etwas verwechseln. Rita hat überhaupt keinen Akzent. Obwohl… » Und warum musste sie eigentlich arbeiten, ihre Eltern sind doch im Gasgeschäft?«
» Was sind ihre Eltern? Scheiße, mir juckt die Nase, ich kann nicht mehr.« Er gießt wieder Champagner ein. » Vielleicht hatte sie damals ja noch keine reichen Eltern. Die sind wohl erst aufgetaucht, als sie nach Moskau umgezogen ist. Na los, darauf trinken wir!«
So langsam werde ich
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