Neonträume: Roman (German Edition)
Doch, kann man«, beharrt Borja. » Wenn man kann.«
» Schön. Aber wenn der Artikel in die Hosen geht, egal ob er erscheint oder nicht, sacke ich fünfhundert ein. Abgemacht?«
» Und wer sagt, ob der Artikel in die Hosen gegangen ist?«, wirft Anton ein, der bisher nur zugehört hat. Seine Miene ist skeptisch und genervt zugleich. Logo, er hat weder die Fantasie noch die Frechheit, so ein Ding zu landen.
» Ich denke mal, wir haben so ziemlich die gleichen Vorstellungen in dieser Hinsicht«, sagt Borja. » Ich meinerseits bin einverstanden. Wann erscheint die nächste Ausgabe von deinem Magazin?«
» He, Moment mal, Moment!«, protestiere ich. » Die nächste Ausgabe erscheint in drei Wochen, aber wenn ihr einen braucht, der euch umsonst einen Artikel schreibt, dann könnt ihr euch irgendeinen Provinzdackel suchen, aber nicht mich.«
» Wie viel im Voraus?« Vadim spitzt die Lippen und holt sein Portemonnaie aus der Tasche.
» Anderthalb?«
» Ein Riese muss reichen.« Er zählt das Geld ab.
» Anton hier ist Zeuge«, schiebe ich ein.
Alle nicken. Wir rauchen zu Ende und gehen wieder rein.
» Habt ihr gewettet?«, fragt Natascha.
» Hm-hm«, brummt Vadim.
Lena sieht uns starr an. Die anderen Mädchen veranstalten schon wieder ihr albernes Gekreische.
» Verrückt«, konstatiert Anton.
» Ich geh aufs Klo, mir ist schlecht«, sagt Borja und verschwindet.
» Los, wir machen die Flasche leer, zahlen und hauen ab.« Vadim verteilt den restlichen Champagner. » War doch eine nette Feier.«
» Was ist, Honey, let’s go?«, sage ich zu Lena.
» Ich geh nur kurz auf die Toilette, dann können wir los.« Sie lächelt reizend.
Die Lichter auf der Tanzfläche verschwimmen vor meinen Augen, sehen fast aus wie die Scheinwerfer vorbeifahrender Autos, wie wenn man durch die regennasse Windschutzscheibe guckt. Ich würde jetzt wahnsinnig gern schlafen.
» Wieso lassen sich diese Bräute von dir eigentlich einfach so als Schlampen titulieren?«, frage ich plötzlich Vadim, ohne zu wissen, warum ich das frage.
» Weil wir uns gegenseitig nichts schenken.«
Zwanzig Minuten später sitzen Lena und ich im Taxi auf dem Weg nach Hause. Wir biegen nach links in die Petrowka, fahren am Djaghilew vorbei. Irgendwelche Leute, die ich nicht kenne, lassen es sich dort gerade gut gehen, denke ich und schaue verdrossen aus dem Fenster.
» Liebst du mich?«, fragt Lena leise.
Ich sehe sie verständnislos an.
» Ich habe den Eindruck, dass andere Leute dir viel wichtiger sind als ich. Sobald wir mit anderen zusammen sind, vergisst du mich einfach. Ich fühle mich manchmal wie ein Hund, den man vor dem Supermarkt angebunden hat. Ich darf nicht mit rein, aber ich kann auch nicht weg.«
» Ist Anton eigentlich mit Rita abgehauen?«, frage ich.
» Weiß ich nicht. Was geht mich das an? Hauptsache, wir sind zusammen abgehauen…«
» What do you mean?«
» Ich meine, dass wir… Irgendetwas ist anders zwischen uns geworden, findest du nicht?«
Ich liebe dich einfach nicht.
» Ich weiß nicht, wovon du redest.« Es schüttelt mich innerlich vor Zorn, und ich reagiere mich am Fahrer ab: » Können Sie nicht mal einen anderen Sender einstellen? Ich finde Chansons zum Kotzen!«
» Bitte, bitte«, erwidert der Fahrer gelassen und dreht am Radio.
» Wir entfernen uns gerade voneinander, finde ich«, fährt Lena fort.
» Das bildest du dir ein, mein Häschen. Du hast zu viel Champagner getrunken.«
» Ich habe nichts getrunken.«
» Ach nein? Seltsam. Dann bist du vielleicht müde«, sage ich gleichgültig und drehe mich zum Fenster.
» Taxi! Take me to the other side of town. Just as fast as you can«, singt Bryan Ferry aus dem Radio.
Ich würde gerne morgen früh in Katjas Armen aufwachen, denke ich. Ich fühle mich so schwach, dass ich heulen könnte.
Perfectil
Lena und ich wachen gleichzeitig auf. Es ist elf Uhr. Sie hat der Hunger geweckt, mich die Geilheit. Wir lieben uns verzweifelt. So fällt man über eine Frau her, von der man lange, lange Zeit getrennt war, und die man dann ganz zufällig auf einer Party wiedergetroffen hat. So hektisch liebt man die Freundinnen seiner Ehefrau, und so leidenschaftlich, vermute ich, zeugt man Kinder. Wobei Kinder in meinen derzeitigen Plänen nicht vorkommen. Bei aller Sinnlichkeit und Dauer des Aktes wird Lena einfach nicht fertig. Schläft sie noch? Ich versuche es von hinten, merke, dass ich bald komme, und versuche, an etwas anderes zu denken, um mich abzulenken. Wie haben
Weitere Kostenlose Bücher