Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
Vom Netzwerk:
kleiner.
    » Hallo, Andrej! Rita, darf ich dich mit meinem Freund bekanntmachen?« Das war Lenas Stimme.
    Schlagartig fährt mir Eiseskälte in die Glieder. Ganz langsam drehe ich mich um… Gott sei Dank, eine andere Rita!
    » Hallo!« Wir küssen uns, ich nicke der anderen Rita zu, Anton schaut interessiert.
    » Lena, das ist mein bester Freund, Anton. Wir haben uns ganz zufällig hier getroffen.«
    » Die Welt ist klein«, kommentiert Rita.
    » Andrej arbeitet für die Moskauer Niederlassung von Wal-Mart«, sagt Lena an Rita gewandt. » Außerdem hat er eine Kolumne im Beobachter.«
    » Oh, dann sind wir ja quasi Kollegen! Ich leite die PR -Abteilung der Metro. Sind Sie denn schon am Markt? Wer leitet eigentlich die PR -Abteilung bei Ihnen? Und warum habe ich Sie auf der Einzelhandelskonferenz letzte Woche nicht gesehen?«
    » Zu viele Fragen, Darling. Wir starten erst durch, wenn die erste Filiale eröffnet ist.«
    » Und in welchem Bezirk bauen Sie?« Dieses Luder lässt einfach nicht locker.
    » Lassen Sie uns doch lieber über etwas anderes reden, Rita«, bitte ich mit charmantem Lächeln.
    » Genau, Rita, trinken wir erstmal was zusammen!«, kommt Anton mir zu Hilfe.
    » Ich habe so lange auf dich gewartet«, flüstert Lena mir zu. » Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.«
    » Ich hatte irre viel zu tun, Häschen, entschuldige. Aber jetzt bin ich ja da.«
    » Ich habe dich vermisst. Tanzen wir?«, fragt sie und lächelt mich an.
    » Gleich, Liebling, ich will mich zuerst mal mit den Leuten hier bekanntmachen.« Verblüfft merke ich, dass ich Lena eben zum ersten Mal » Liebling« genannt habe. Wahrscheinlich wegen Katja. Das macht mich auf einmal traurig.
    Jetzt kommt ein unbekannter Typ an den Tisch, vom Aussehen her um die fünfunddreißig, mittelgroß, dunkler Anzug. Sein weißes Hemd ist bis fast bis zum Bauchnabel offen, auf seinem unrasierten, abgekämpften Gesicht liegt ein unbestimmtes Lächeln und in seiner rechten Hand schwenkt er eine geöffnete Flasche Champagner. Als er sich mit der freien linken Hand auf den Tisch stützt, bemerke ich an seinem Handgelenk ein seltsames Armband: Kautschuk mit Stahleinsätzen. Im Hintergrund singt Mika » Grace Kelly«.
    » Mika hat eine Stimme wie Freddy Mercury, eins zu eins.« Der Typ streicht über sein kurzes, mit Gel verwuscheltes Haar. » Why don’t you love, why don’t you love me, without making me try?« Er singt mit, beugt sich vor, legt der Braut, die ihm am nächsten sitzt, einen Arm um die Schultern und küsst sie auf die Wange. » I wanna be like Grace Kelly, uuuyeah! Ich will Party! Was hockt ihr denn hier rum wie Zombies?«
    Mit einer Hand rafft er die Gläser zusammen, zwei, drei fallen um, Flüssigkeit spritzt über den Tisch, die Mädchen springen kreischend zurück, die anderen lachen. Ohne sich darum zu kümmern, dass in einigen der Gläser noch Whisky ist, verteilt er großzügig Champagner. Ich denke mal, er ist ziemlich blau.
    » He, Alter, in meinem Glas ist Whisky«, merke ich an.
    » Tatsächlich?« Er glotzt mich an, macht aber weiter. » Ist das wichtig?«
    » Nee«, gebe ich zurück. So gesehen hat er recht.
    Der Typ beendet sein Werk, zieht sein Jackett aus und hängt es über die Lehne des freien Stuhls neben mir. Paul Smith, würde ich sagen, nach den violetten Streifen im Jackenfutter zu urteilen.
    Jetzt hebt er sein Glas, schwenkt es über den Tisch und verkündet:
    » Trinken wir auf das Kino!«
    » Auf dich!«, rufen die anderen im Chor.
    Alle stoßen an.
    » Und jetzt wird getanzt!«, schreit er und zieht auch schon los in Richtung Tanzfläche. Der ganze Trupp zockelt hinter ihm her.
    » Was ist denn das für ein Typ?«, frage ich Anton, der als Einziger mit mir sitzen geblieben ist. » Der Chef vom Dienst, oder wie?«
    » Das ist doch Vadim Dajew. Hat einen wichtigen Posten in einer Kosmetikfirma.«
    » Sein Gesicht kommt mir irgendwoher bekannt vor. Mir fällt bloß grad nicht ein, woher.«
    » Kann schon sein. Er ist ein alter Fuchs in der Szene.« Anton beugt sich näher zu mir. » Vadim war mal mit einem Typen befreundet, der war Direktor bei einer französischen Firma, die Gemüse verkauft hat, glaube ich. Die beiden waren unzertrennlich, wie siamesische Zwillinge.«
    » Und?«
    » Und? Vor ein paar Jahren wollten die beiden dann bei einem neuen Klub einsteigen, den ein gewisser Sascha aufziehen wollte, das war damals ein ziemlich bunter Hund in der Szene.«
    » Und wie sollte der Klub heißen?«
    » Jet-Lounge.

Weitere Kostenlose Bücher