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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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und riss große Teile der Decke mit sich. Atemlos hob er einen Schutzwall über sich und warf sich zu Boden. Er ertrug kaum die Erschütterungen, die bei jedem Schlag auf seinen Körper einwirkten, und doch sah er nichts anderes vor sich als das Gesicht Paolos, diese Fratze aus Falschheit und Hass, und den Willen in dessen Augen, ihn sterben zu sehen.
    Reglos ertrug Nando die Schläge der Steine, fühlte, wie ein besonders schwerer Felsen auf dem Wall dicht über seinem rechten Bein aufschlug und den Knochen anbrach, doch er schrie nicht, er gab keinen Laut von sich. Es war, als wäre er in eine Kapsel aus Stille gefallen, deren Luft sich in seine Lunge schob und alles in ihm erstickte bis auf das Gefühl des freien Falls. Niemals zuvor, das wusste er, hatte er einen solchen Ausdruck in einem Augenpaar gesehen, nicht einmal in den Augen Bhroroks, und er spürte die Kälte, die sich in ihm ausbreitete wie lähmendes Gift. Paolo hasste ihn nicht, weil er der Teufelssohn war. Er hasste ihn nicht wegen der Verfolgung der Nephilim durch die Engel und auch nicht für das, was der einstige Teufelssohn getan hatte. Paolo hasste ihn, weil Nando sein Spiegel war. Er hasste ihn aus Neid. Diese Erkenntnis pulste durch Nandos Schläfen, während er den Einsturz des Ganges erlebte, und als endlich die letzten Steinbrocken niedergefallen waren und sich der Rauch langsam lichtete, konnte er sich kaum noch rühren, so starr und kalt fühlte er sich.
    Mühsam bewegte er die Finger seiner linken Hand. Der Schutzwall hatte die Brocken der Decke zum größten Teil abgleiten lassen, sodass Nando sich mit dem Rücken an der Wand emporschieben konnte. Er holte Atem, seine Lunge schmerzte, als wäre sie gequetscht worden. Paolos Donnerzauber hatte ein Loch in die gegenüberliegende Wand gerissen. Stöhnend kroch Nando über die Trümmer auf die Öffnung zu und hatte sie fast erreicht, als er schwere Tritte hörte, dicht gefolgt von einem grollenden Brüllen. Das Galkry näherte sich aus dem anderen Tunnel, es kam direkt auf ihn zu.
    Eilig rappelte er sich auf, sein rechtes Bein schmerzte so sehr, dass er kaum auftreten konnte, und schleppte sich durch das Loch in der Wand den Tunnel hinab, fort, nur fort von der Kreatur, die ihn zerreißen wollte. Wieder hörte er die Gesänge der Galkry, er konnte nicht sagen, ob sie tatsächlich da waren oder nur in seiner Erinnerung widerhallten, aber gleich darauf sah er erneut Paolos Gesicht, und als hätte dessen Lächeln ihm einen Schlag versetzt, stolperte er über eine Unebenheit im Boden. Er versuchte noch, seinen Sturz abzufangen, doch es gelang ihm nicht. Er schlug aufs Gesicht, der Schmerz explodierte in seinem Schädel. Keuchend fuhr er herum und kroch rücklings weiter den Tunnel hinauf, doch schon brach das Galkry aus den Schatten, donnernd wie eine Welle aus Dunkelheit. Mit einem Brüllen riss es sein Maul auf und hielt inne, um langsam, quälend langsam auf Nando zuzutreten.
    Er sah in die weißen Augen des Untiers. Eine tiefe Narbe lief über dessen Stirn wie von einem lang vergangenen Kampf. Er wusste, dass es ihn töten würde, wusste es mit so klarer Unausweichlichkeit, dass er auf der Stelle jeden weiteren Fluchtversuch unterließ. Der Schutzwall, der ihm das Leben gerettet hatte in dem einstürzenden Tunnel, hatte zugleich seine gesamte Kraft verzehrt, er war nicht einmal mehr fähig, einen leichten Abwehrzauber zu wirken. Reglos blieb er liegen, wo er war, und schaute dem Galkry entgegen.
    Jeder, der einen Ovo gegen dessen Willen berührte, war des Todes – und nichts anderes war es mit den Galkry. Nandos Kehle zog sich zusammen, als sein Blick auf die Strähne fiel, die er noch immer umklammerte, als könnte er sein Leben damit festhalten. Er hatte viel mehr getan, als dieses Galkry zu berühren. Er hatte ihm einen Teil seines Besitzes geraubt – ein Besitz, der offensichtlich noch immer mit ihm verbunden war.
    Nando spürte die Flammen des Galkry auf seinem Gesicht, und mit einem Brüllen, das ihm die Luft aus der Lunge presste, bäumte es sich auf und holte zum Schlag aus. Instinktiv hob Nando die Arme, er hörte, wie etwas an seiner Faust vorbeiraste – und sah im nächsten Moment einen gleißenden Blitz. Stöhnend fuhr er sich mit den Händen über die Augen, es war, als hätte man ihm zwei Lanzen in den Schädel gebohrt. Doch das Galkry wich mit einem Keuchen vor dem Feuerzauber zurück, der knisternd vor Nandos Füßen brannte, und gleich darauf schlug ein glühendes Messer

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