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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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aus dem Zorn des Donners, als Himmel und Hölle zerbarsten, genährt von den Tränen der Welt, verdorben in den Ruinen ihres faulenden Fleisches. Erwachsen zum Krieger des Zorns und zum Schatten der Gier, der alles verschlingt, was sein Meister sich anbefiehlt. Einst zerrissen von der Hand eines Jägers, doch wiedergekehrt in Kälte, Blut und Finsternis – wie in den lang vergangenen Tagen, damals vor dem Ersten Frost.«
    Ängstliche Rufe hallten über den Platz, Iljas Finger schlossen sich fester um Nandos Arm. Salados wandte den Blick nicht von ihm ab.
    »Wir alle wissen, dass Bhrorok von seinem Herrn ausgeschickt wurde«, fuhr er fort und hob die freie Hand, um lauter werdende Schreckensschreie zu unterdrücken. »Wir wissen, dass er geschickt wurde, um jenen zu finden, der die Macht in sich trägt, den König der Finsternis aus seinem Gefängnis zu befreien. Wir wissen, dass Bhrorok den Teufelssohn sucht – den Nephilim, der sich bei uns versteckt hält!«
    Er deutete auf Nando, und augenblicklich wandten sich alle Köpfe zu ihm um. Selbst Ilja starrte ihn an, er fühlte es wie eine Ohrfeige, und obgleich sie seinen Arm nicht losließ, schien es ihm doch, als würde sie in diesem Moment begreifen, wer da vor ihr stand, oder als würde sie sich an etwas erinnern – etwas, das sie beiseitegedrängt hatte und das nun mit aller Macht seinen Platz zurückforderte.
    »Wir haben uns dagegen entschieden, den Teufelssohn auszuliefern, damals, als er uns um Schutz ersuchte«, stellte Salados fest, und obgleich die Nephilim sich ihm wieder zuwandten, spürte Nando noch immer ihre Blicke wie Lanzenstiche in seinem Fleisch. »Doch nun liegen die Dinge anders. Bhrorok weiß, dass er bei uns ist. Er hat diese Engel nicht umsonst getötet, er wird seine Beute fangen, bald schon – sehr bald! Es gibt nichts, was wir dagegen tun können. Doch er ließ uns eine Nachricht zukommen, eine Botschaft, die uns vor die Wahl stellt zwischen Tod und Freiheit!«
    Er wandte den Blick ab, um die Zeilen zu verlesen, die auf dem Hautfetzen standen. Doch es war nicht seine eigene Stimme, die aus seinem Mund kam, sondern die Stimme Bhroroks, die sich wie mit einem dunklen Zauber die Stimmbänder von Salados zunutze machte. Der Senator riss erschrocken die Augen auf, doch er sprach weiter, als hätte er die Kontrolle über seinen Körper verloren.
    »Ihr, die ihr in den Schatten wohnt, aus denen ich komme«, grollte Bhroroks Stimme über den Platz und ließ die Nephilim zusammenfahren wie unter Peitschenhieben. »Ihr, die ihr euch versteckt vor jenen, die ich jage: Seid keine Narren! Stellt euch auf die Seite meines Herrn, und er wird sich für euch an jenen gütlich tun, die euch eine Existenz jenseits jeder Würde antun – jenen, die im Licht wohnen, während sie andere in die Dunkelheit drücken und sie knechten für das, was sie sind! Jene, die sich Engel nennen!«
    Die Nephilim begannen zu flüstern, erschrocken fuhr Nando zusammen und hob die Hand an seine Kehle.
    »Wir werden uns an ihnen rächen«, rief Salados mit Bhroroks Stimme. »Und wir werden euch ein Leben in Freiheit verschaffen, wie ihr es verdient! Gebt mir den Jungen! Ich bekomme ihn sowieso, und ihr wisst das! Seht sie an, die Engel, die ich euch zu Füßen lege! Seht sie an, und ihr erkennt, wen aus der Schar der gefallenen Dämonen ich rufen werde, um den Sohn des Teufels zu bekommen!«
    Nando hörte den Namen, der über den Platz flüsterte, knisternd und kalt wie fallender Schnee, und es lief ihm eisig den Rücken hinunter.
    Harkramar.
    »Niemals«, fuhr Salados mit Bhroroks Stimme fort, »hat dieser Dämon eines seiner Opfer verfehlt: Harkramar, der Vielgesichtige! Er, einst ein Thron ersten Ranges, der in den Chroniken meines Volkes auch als Der Sucher bezeichnet wird. Aufgewachsen unter den Gorgonen der Anden, genährt vom Gift ihrer Schlangenhaare, war er selbst ein Geschöpf ohne Lebenssaft. Nichts als das Schlangengift, so sagen es die Legenden, war durch seine Adern geflossen. Doch er vermochte es zeit seines Lebens, jedes atmende Geschöpf der Welt aufzuspüren, wenn er nur einen Blutstropfen von ihm in seine Nüstern sog. Im Kampf mit Alvys, der neunköpfigen Harpyie Konstantinopels, ist er gefallen – doch das Blut der Throne bringt ihn mir zurück! Und mit ihm werde ich den Teufelssohn finden!« Er hielt kurz inne. »Noch habt ihr die Wahl! Liefert ihn mir bei Neumond auf dem Aschemarkt aus, belegt ihn mit einem Bann, sodass er nicht fliehen kann – und

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