Nephilim
Nephilim, die sich durch etwas auszeichnen, das er nur als Schwäche kennt, etwas, das er verabscheut, mehr als die Mauern der Hölle, die ihn in seinem Verlies gefangen halten. Es ist das, was er verloren hat, Nando, das, woran er sich nur noch wie an einen Traum erinnert und wonach er sich dennoch sehnt, da es einen Abgrund in ihm hinterlassen hat, in ihm, dem gefallenen Engel. Dies ist es, was der Teufel am meisten fürchtet.«
Noemi lächelte schwach, und Nando sah Antonios Gesicht in ihren Augen auftauchen. Dann holte sie tief Atem und ließ seine Hand los.
Geh, Teufelssohn , flüsterte sie in Gedanken, und ein Lächeln zog über ihr Gesicht, das zu gleichen Teilen zärtlich und spöttisch war. Die Hölle wartet auf dich.
Nando sah sie an, noch einmal spürte er ihr Haar an seiner Wange und tauchte in das smaragdene Grün ihrer Augen. Dann wandte er sich ab, breitete die Schwingen aus und raste durch die Zimmer, bis er mit donnerndem Krachen durch eine Fensterfront brach. Klirrend fielen die Scherben um ihn herum zu Boden, als er auf dem Kopfsteinpflaster landete. Die Gasse wurde spärlich von flackernden Straßenlaternen beleuchtet, und Nando spürte umgehend die Kälte, die zu ihm herüberzog.
Langsam wandte er den Blick und sah die dunkle Gestalt, die am Ende der Gasse stand, den Schatten, der aus den Tiefen der Welt gekrochen war, um ihn zu jagen und zu töten. Bhrorok, der Oberste Scherge des Höllenfürsten, forderte ihn zum Kampf.
51
Das halbherzige Licht der Straßenlaternen ließ Bhroroks Gestalt noch dunkler erscheinen. Seine Augen standen in schwarzem Feuer, den Mund in dem kalkweißen Gesicht hatte er zu einem gleichgültigen Strich verzogen.
Nando hörte das Knistern des Eises, das auf ihn zuglitt, und das Rascheln und Knacken der Insektenleiber, die unter den Schindeln der Häuser, unter den Pflastersteinen und hinter dem Putz der Fassaden hervorkrochen, als würde Bhroroks Anwesenheit sie dazu zwingen. Rasselnd liefen sie auf den Dämon zu, glitten über seine Beine, seine Brust, selbst über sein Gesicht, bis ein Insektenleib vor ihm stand, bedeckt von unzähligen grünschwarzen Schuppenpanzern.
Du bist ein Narr , grollte Bhroroks Stimme durch Nandos Gedanken, doch zwischen den Worten hörte dieser das Schnarren von Insekten, das Knistern ihrer Beine und Mundwerkzeuge, und kurz wusste er nicht mehr, ob es überhaupt der Dämon war, der zu ihm sprach, oder eine andere, schattenhafte Macht, die sich in jeder Finsternis eines Kellers verbarg, in jedem düsteren Verlies und in den eigenen, unheimlichen Gedanken sturmgepeitschter Träume. Mein Herr hat dir ein Angebot gemacht, wieder und wieder. Aber du hast es nicht angenommen. Du weist die Schatten zurück, die dich retten könnten. Die Schatten, auf denen diese Welt steht.
Da zog Nando sein Schwert. Flammend erhob sich die Klinge in der Dämmerung der Gasse, die Insekten schnarrten zornig, als das Licht sie traf. Du weißt nichts von der Welt, erwiderte er und legte jede Verachtung in seine Worte, zu der er fähig war. Sie wird errichtet von freien Kreaturen wie mir, und sie ruht auf unseren Schultern – doch kein Sklave der Finsternis wird das jemals begreifen, und mehr bist du nicht, Oberster Scherge des Höllenfürsten: ein Diener der Dunkelheit!
Kaum hatte er geendet, stieß Bhrorok die rechte Faust vor, und ein Brüllen drang aus seiner Kehle, das Nando vor die Brust schlug wie ein Fausthieb. Die Insekten brachen von seinem Körper, schnarrend schossen sie auf Nando zu, der in rasender Geschwindigkeit das Schwert führte. Knackend hieb er auf die winzigen Leiber ein, die mit messerscharfen Klauen nach ihm griffen, doch schon erhob Bhrorok sich in die Luft und stürzte auf ihn nieder. Nando gelang es noch, einen Abwehrzauber zu errichten, doch der Dämon packte ihn an der Kehle und katapultierte ihn rücklings gegen einen Stalagmiten. Krachend schlug Nando gegen den Tropfstein, doch er kam umgehend wieder auf die Beine und wich der Flammenpeitsche aus, die Bhrorok nach ihm warf. Blitzschnell drehte er sich um die eigene Achse und griff nach dem Zauber. Zischend grub sich dessen Feuer durch seinen Schutz, doch er achtete nicht darauf. Entschlossen schickte er einen Feuerzauber in die Peitsche und verkohlte Bhrorok die Finger.
Wütend schleuderte der Dämon die Waffe von sich und breitete die Arme aus. Dunkle Zauber rollten über seine Lippen, sie schlugen auf der Straße auf wie platzende Früchte, und als er die Finger bewegte,
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