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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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kleine Fahrt mit Giorgio«, rief er und lachte laut, als hätte er einen gelungenen Scherz gemacht. Dann eilte er auf Nando zu und drückte ihn so fest an sich, dass ihm die Luft wegblieb. »Alles noch dran«, stellte Giorgio fest, nachdem er Nando in wahnsinniger Geschwindigkeit einmal umkreist hatte, und lachte wieder. »Ich hörte euch rufen, drei Mal, da wusste ich, dass ihr es eilig habt, und jemanden wie Antonio lässt man nicht warten, wenn ich mich nicht irre!« Damit streckte er Nando die Hand hin. »Ich bin Giorgio Franchetto, euer Chauffeur an diesem Abend, und wer bist du?«
    Mit diesen Worten nahm er seine Brille ab, und Nando schaute in zwei freundliche braune Augen, um deren Iris auffallend gelbe Tupfer liefen. Er wusste nicht, woher es kam, aber auf einmal war jede Spur von Wut über seinen Beinahetod wie weggewischt. Er ergriff Giorgios Hand und schüttelte sie.
    »Nando Baldini«, stellte er sich vor. »Danke, dass du mich nicht umgebracht hast.«
    Giorgio lachte schallend, schlug ihm gegen die Schulter und deutete auf seine pinkfarbene Ente. »Kleopatra und ich freuen uns, euch an Bord begrüßen zu dürfen!« Damit sprang er zur rechten Seite seines Taxis und riss die Beifahrertür auf. »Nur zu, nur zu! Ich hörte von Unruhen heute Nacht, wir sollten nicht zu lange hier herumstehen.«
    Mit diesen Worten öffnete er die Tür zur Rückbank. Nando erinnerte sich daran, was Antonio ihm über die Schattenwelt erzählt hatte, wollte sich schwungvoll auf den Rücksitz fallen lassen – und schrie auf. Mit voller Wucht war er mit den Flügeln in der Tür hängen geblieben, ein stechender Schmerz pulste durch seinen Rücken.
    Antonio bedachte ihn mit einem strengen Blick, während er sich vorsichtig auf dem Beifahrersitz niederließ, und Giorgio lachte leise. »Ja«, sagte er und half Nando in den Wagen. »Für gewöhnlich habt ihr keine Probleme mit den Dingern, aber mein Luxusmobil ist ein besonderes Taxi, du wirst schon sehen!«
    Mit eingequetschten Flügeln zog Nando die Tür zu und wusste augenblicklich, was Giorgio gemeint hatte. Das gesamte Taxi war mit wolligem grünen Plüsch ausgekleidet, die Sitze, die Decke, sogar der Schalthebel besaß eine winzige grüne Perücke. Auf dem Armaturenbrett staksten Plastikpferde, Kühe und Schafe über künstliche Wiesen, und am Spiegel hing eine Hula tanzende Gliederpuppe, deren Augen hektisch klimperten, als Giorgio sich auf den Fahrersitz fallen ließ. Kaum hatte er den Zündschlüssel ins Schloss gesteckt, dröhnte ohrenbetäubend laut Adriano Celentano aus den überdimensionalen Lautsprecherboxen, die sowohl vorn als auch hinten neben den Fenstern hingen. Nando hatte Antonio schon einige Male bei blitzartigen Bewegungsabläufen beobachtet, aber nun übertraf er sich selbst. Noch ehe Giorgio auch nur zwinkern konnte, hatte er das Radio abgestellt und vorsichtshalber den Knopf dafür in der Hand behalten.
    Giorgio verzog das Gesicht und startete den Motor. »Alter Freund, wir sollten unsere Traditionen überdenken.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er aufs Gas und raste über die Piazza Navona, als wäre die Hölle hinter ihm her. Nando wurde in seinen Sitz gepresst, panisch grub er seine Finger in grünen Plüsch. Die Häuser jagten an ihnen vorbei, viel zu dicht schoss Giorgio an parkenden Autos und vereinzelten Passanten vorüber, und als er in eine Kurve fuhr, meinte Nando, sie müssten sich jeden Augenblick überschlagen.
    »Ich habe nicht gefragt, wohin ihr wollt«, stellte Giorgio fest. »Aber ich gehe davon aus, dass es das Übliche ist, nicht wahr?«
    Antonio nickte, und Giorgio begann, ein Lied vor sich hin zu summen, während er mit dem kleinen Finger der linken Hand das Steuer festhielt, um mit der rechten im Handschuhfach nach etwas zu suchen. Dabei verlor er die Fahrbahn aus den Augen, Nando schrie auf, als sie auf die Fassade des Palazzo Altemps zurasten. Im letzten Moment lenkte Giorgio den Wagen zurück auf die Straße und warf Nando einen ärgerlichen Blick zu.
    »Wer fährt denn nun, Antonio oder du?«, fragte er und lachte schallend über seinen eigenen Witz. Dann griff er erneut ins Handschuhfach, den Kopf beinahe auf Höhe des Schaltknüppels, und kümmerte sich nicht weiter um Nandos schreckensblasses Gesicht.
    Antonio hingegen saß vollkommen ungerührt auf dem Beifahrersitz, die Miene zu einer Maske aus Gleichgültigkeit gefroren, und schaute aus dem Fenster, als würde er niedliche Blümchen am Straßenrand betrachten. Nandos

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