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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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der Schatten sind nicht ungefährlich, denn in ihnen machen nicht nur die Engel Jagd auf Nephilim. Das Netzwerk ist überaus weitläufig, du wirst eine Weile brauchen, bis du dich darin zurechtfinden kannst. Viele dieser Seitengassen führen nach Katnan. Andere führen nach Or’lok, in die Stadt der freien Dämonen in den Tiefen dieser Welt.«
    Nando zog die Brauen zusammen. »Freie Dämonen? Was bedeutet das?«
    Antonio ließ seinen Blick über die Gestalten auf der Straße schweifen, doch es schien, als würde er sie gar nicht sehen. »Damit sind jene Dämonen gemeint, die einst auf der Seite des Teufels standen und diesen Weg verlassen haben. Abtrünnige, die sowohl die Engel als auch die Schergen ihres einstigen Meisters verabscheuen und die sich in ihrem Reich der Schatten verbergen, in dem ihre eigenen Regeln und Gesetze gelten. Auch Nephilim leben dort, all jene, die weder in Bantoryn, Katnan noch einem anderen Ort der Unterwelt oder in der Welt der Menschen eine Heimat finden konnten.«
    Nando wollte gerade nachfragen, warum ein Nephilim freiwillig in eine Stadt der Dämonen ziehen sollte, als flackerndes rotes Licht durch die Scheibe brach und seine Aufmerksamkeit ablenkte. Am Ende der Straße bildeten zwei Stalagnaten den Eingang zu einem aus glänzendem schwarzen Stein gehauenen Tunnel, aus dem der lodernde Schein zu ihnen herüberdrang. Unter der Steinhaut glommen rote Adern aus Glut. Erst als sie näher kamen, erkannte Nando, dass es zwei Bäume waren, die ihre Kronen in die Finsternis des Ganges erhoben. Ihr geäderter Stamm war teilweise aus Stein, ihre Äste und Zweige jedoch bestanden aus einer Art organischem Gewebe, und ihre Blätter sahen aus wie farbiges, kunstvoll gefaltetes Papier.
    »Glutbäume«, stellte Antonio fest. »Kein Mensch wird jemals mehr in ihnen sehen als Skulpturen aus Stein.«
    Das Taxi fuhr langsam an den Bäumen vorüber, und Nando sah staunend, wie einige der alten Blätter verbrannten, während sich filigrane Netze und Linien aus Glut über sie hinzogen. Feine Ascheflocken fielen zu Boden, wurden vom Wind aufgenommen und wirbelten durch die Luft. Gleich darauf drangen Stimmen durch den Tunnel, die rasch zu einem fulminanten Konzert aus verschiedenen Sprachen, Dialekten und Tonlagen wurden. Das rote Licht wurde heller, und als Giorgio ihr Gefährt mitten hineinsteuerte, kniff Nando geblendet die Augen zu. Dann sah er, dass sie sich in einer Höhle befanden, aus der mehrere Tunnel hinausführten und deren Decke von Glutbäumen gehalten wurde.
    Stalagmiten aus schwarzem und weißem Stein ragten aus dem Boden, an den Wänden befanden sich schleierartige Tropfsteinformationen, die von rotem Licht erhellt wurden, und in der Mitte der Höhle erhob sich der größte Glutbaum aus glänzendem grünen Stein wie eine imposante steinerne Blüte. Auf einem seiner Äste war eine Rundumleuchte angebracht worden, deren Licht unzählige provisorisch zusammengeschobene Stände mit Blechdächern erhellte, auf die hin und wieder die Exkremente von Fledermäusen fielen. Zwischen den Ständen schoben sich Gestalten durch die Gänge, die Nando noch nie zuvor gesehen hatte. Die meisten waren humanoid, einige hatten schneeweißes Haar, das ihnen bis zu den Knöcheln reichte, oder gelbe und rote Augen, andere besaßen Klauen statt Händen oder seltsam ledrige, ockerfarbene Haut, und manche trugen Tätowierungen an Hals und Armen, die sich wie lebendige Bilder bewegten. An den Ständen wurden Waren feilgeboten, Nando entdeckte Kleidung, Nahrungsmittel und Waffen ebenso wie Schmuck und seltsame technische Gegenstände, die ihn an winzige Umsetzungen von da Vincis Flugmodellen denken ließen. Und über allem zogen Aschewolken von den verbrennenden Blättern der Glutbäume vorüber, geisterhaft und flüsternd wie eigenständige Wesen. Nando holte Atem. Sie hatten den Aschemarkt erreicht.
    Giorgio hupte, um einem Engel in zerlumpter lilafarbener Daunenjacke zu bedeuten, dass er unverzüglich beiseitezutreten habe, wenn er nicht unter die Räder kommen wollte. Der Engel wandte den Blick, starrte Giorgio an und ließ eine gespaltene grüne Zunge zwischen seinen Zähnen hervorschnellen. Nando riss überrascht die Augen auf, und Antonio lächelte.
    »Nicht jeder ist ein Engel, nur weil er Flügel hat«, sagte er leise. »Den meisten in relativer Freiheit lebenden Dämonen sieht man ihre einstige Nähe zu Luzifer an, doch sie verstehen sich darauf, gewöhnlich zu erscheinen, wenn es ihnen nützlich

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