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Nephilim

Nephilim

Titel: Nephilim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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ebenso erschöpft wie er selbst, und zum ersten Mal seit seiner Ankunft in der Akademie fühlte er für einen winzigen Moment etwas wie Gemeinschaft zwischen ihnen. Doch der Augenblick währte nur kurz. Kaum dass sie seinem Blick begegneten, verschlossen sich ihre Gesichter, und Paolo verschränkte mit spöttischer Miene die Arme vor der Brust.
    »Es geht um nichts Geringeres als euer Leben«, sagte Drengur ernst. »Fangt an, das zu begreifen – und lernt schneller! Teufelssohn!«
    Nando fuhr zusammen, das Wort traf ihn wie ein Schwertstreich. Schnell trat er vor.
    Drengur deutete auf die Mitte des flammenden Kreises. »Geh!«
    Schadenfrohes Kichern ging durch die Reihen, und Nando überlegte, ob er einen Anfall von Schwäche oder Übelkeit vortäuschen sollte, um der Aufgabe zu entgehen. Letzteres wäre nicht einmal gelogen gewesen. Sein Magen krampfte sich zusammen, doch er spürte Drengurs Blick und wusste, dass der Lehrer ihn nicht verschonen würde. Mit klopfendem Herzen ging er durch die Flammen, die über sein Gesicht glitten wie warme Tücher, und trat in die Mitte des Kreises.
    »Kannst du einen Schutzwall um dich ziehen?«, fragte Drengur, und Nando nickte. Diese Lektion war eine der ersten gewesen, die er von Antonio gelernt hatte. Leise murmelte er die Formel und schaute gleich darauf durch das leicht flackernde Blau seines Schildes.
    »Zieh dein Schwert und sprich Lef Hem’donyan!«, forderte Drengur ihn auf. »Entstehe, Schwert aus Licht!«
    Nando folgte der Anweisung, spürte seine Magie in seinen Adern wie erhitztes Blut und stellte zu seinem Erstaunen fest, wie sich sein Schwert mit gleißend weißem Licht überzog.
    Er spürte seinen Herzschlag in den Schläfen, als er sah, wie die anderen Novizen sich um den Kreis versammelten. Viele grinsten höhnisch, allen voran Paolo, dessen Augen sich zu zwei gehässigen Schlitzen verengt hatten. Er flüsterte einigen Nephilim etwas zu, sie nickten und bedachten Nando mit schadenfrohen Blicken. Dieser versuchte, die Position Drengurs einzunehmen, was jedoch schändlich misslang. Er verlor das Gleichgewicht und taumelte seitwärts, ehe er sich wieder fing und reglos stehen blieb. Vermutlich sah er aus wie eine Ente mit gebrochenen Flügeln, und als hätten die anderen seine Gedanken gehört, begannen sie leise zu lachen.
    Nando holte tief Atem und zwang sich, ihre Stimmen aus seinem Kopf zu vertreiben. Stattdessen dachte er an Silas. Letzten Endes sind wir Nephilim hier unten nicht anders als die Menschen der Oberwelt: Alles, was wir nicht kennen, ängstigt uns, gerade dann, wenn sich Legenden und düstere Mythen darum ranken. Silas war jetzt irgendwo in der Oberwelt oder in den Gängen der Schatten. Vielleicht befand er sich gerade in einer ganz ähnlichen Situation wie Nando, und sicher würde er weder weglaufen noch aufgeben. Er verteidigte die Stadt der Nephilim, kämpfte für seine Ideale und schützte Bantoryn vor der Entdeckung durch die Engel. War es da nicht das Mindeste, dass Nando sich jetzt bemühte, sich dessen als würdig zu erweisen? Er spürte den kühlen Griff des Schwertes und die Wärme, die dessen Licht aussandte, als er es vor seine Augen hielt. Dann wandte er den Blick, sah Drengur an und neigte kaum merklich den Kopf.
    Im nächsten Moment rasten unzählige Zauber auf ihn zu. Er riss sein Schwert empor, schnitt zwei Feuerbälle mitten entzwei, deren Hälften funkensprühend davonstoben, und sprang in die Luft. Mehrere gelbe Blitze zischten unter ihm hindurch. Schwer atmend landete er auf allen vieren, ein tosender Schwarm aus messerscharfen kleinen Flammen flog auf ihn zu. Im letzten Moment konnte er sich zu Boden werfen, doch schon glitt ein Feuernebel über ihn hinweg und ließ seinen Schutzschild bedenklich knacken. Eilig verstärkte er ihn mit seiner Magie, drehte sich, so schnell er konnte, um die eigene Achse und wehrte einen flammenden Pfeilhagel ab, der mit voller Wucht in den Boden direkt neben ihm einschlug. Atemlos hörte er, wie die Nephilim mit sich überschlagenden Stimmen Zauber riefen und zunehmend heftigere Attacken auf ihn niederschickten. So schnell er konnte, wirbelte er sein Schwert durch die Luft, doch immer häufiger wurde sein Schild getroffen, und bald zogen sich schwarze Risse hindurch.
    Das höhnische Lachen der anderen schnitt ihm ins Fleisch, seine Knie wurden weich. Wie lange würde Drengur ihn noch kämpfen lassen? Keuchend schlug er einen Eiszauber mit dem Schwert zurück, der in tausend glitzernden

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