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Nerd Attack

Nerd Attack

Titel: Nerd Attack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Stoecker
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durch »H4xxor« ersetzt, sondern Metallica.mp3 durch EtallicaM.mp3.
    Weitere Prozesse waren die Folge. Schließlich, bereits im Jahr 2001, war klar, dass Napster in der bisherigen Form nicht überleben würde. Bertelsmann kaufte die Marke, um eine allgemeine, kostenpflichtige Download-Plattform einzurichten, scheiterte aber daran, dass man sich mit den anderen Größen der Musikbranche nicht einigen konnte. Die kochten lieber ihr eigenes Süppchen. Was sie entwickelten, war nur halb so komfortabel wie Napster und kostete obendrein noch Geld. Nach einigem Hin und Her gab es schließlich einen gemeinsamen Download-Shop von Warner, BMG und EMI und einen weiteren von Sony und Universal. Dieser Rückschritt – welcher Kunde wusste schon, bei welcher Plattenfirma sein Lieblingskünstler unter Vertrag war? – sorgte für das vorhersagbare Ergebnis: Beide Modelle floppten. Unterdessen schossen neue Tauschbörsen wie Pilze aus dem Boden, die den Napster-Geburtsfehler vermieden: Sie waren vollständig dezentral, das Netzwerk bestand zwischen den Rechnern der angeschlossenen Nutzer, Zentralserver gab es nicht mehr. Innerhalb weniger Monate entstanden Limewire, Morpheus, Audiogalaxy, Bearshare, E-Donkey, Kazaa und andere. Der P2P-Traffic im Internet nahm nicht ab, sondern zu.
    Die Musikbranche versuchte sich mit Kopierschutzmechanismen zu retten, die zunächst auf defekten Sektoren innerhalb der Datenoberfläche beruhten. CDs, die mit diesen frühen Schutzfunktionen ausgestattet waren, hatten allerdings den Schönheitsfehler, dass sie in manchen CD-Spielern schlicht nicht liefen. Eigentlich sollten mit dem Mechanismus nur die besonders feinfühligen Laufwerke in Rechnern ausgetrickst werden, um das »Rippen« von CDs auf Festplatten und das Umwandeln in MP3-Dateien zu verhindern. Doch der vermeintliche Kopierschutz erwies sich in Autoradios, Radioweckern und anderen Geräten de facto als Abspielschutz. Ehrliche Käufer, die für eine CD immerhin um die 18 Euro bezahlten, fühlten sich bestraft. Illegal gebrannte CDs oder aus dem Internet heruntergeladene Dateien verursachten solche Probleme nicht.
    Einen besonders groben Schnitzer in Sachen Kopierschutz leistete sich Sony: Der japanische Konzern wurde gewissermaßen beim heimlichen Verbreiten von Computerviren erwischt. Schob man eine neu gekaufte Sony-CD ins Laufwerk eines Rechners, installierte sich tief in den Eingeweiden des Systems eine Software, die dort fortan heimlich schnüffelte und, schlimmer noch, ein Einfallstor für andere Viren oder böswillige Angriffe auf das System bot. Die Staatsanwaltschaft des US-Bundesstaats Texas strengte im November 2005 daraufhin eine Klage gegen den Konzern an. »Konsumenten, die eine Sony-CD gekauft haben, dachten, sie hätten Musik gekauft«, kritisierte der texanische Justizminister Greg Abbott. »Stattdessen haben sie Spionage-Software bekommen, die den Computer beschädigen kann, ihn für Viren anfällig macht und den Benutzer möglichen Verbrechen aussetzt.« Sony musste schließlich die mit dem System ausgestatteten CDs ersetzen, an die Betroffenen Gutscheine verschenken, sich verpflichten, nie wieder so etwas einzusetzen, und zudem Nutzern, deren Rechner durch die Software Schaden genommen hatten, eine Entschädigung bezahlen.
    Ähnlich unbeliebt waren von Anfang an Systeme des digitalen Rechtemanagements (»Digital Rights Management«, DRM), die die Branche erdacht hatte. Sie legten beispielsweise fest, dass ein einmal heruntergeladener Song nur auf fünf Geräten abgespielt werden durfte. Jedes Gerät musste dazu einzeln »autorisiert« werden, meist durch Angabe eines Benutzernamens und eines Passworts. So wollte man verhindern, dass digital gekaufte Songs sofort in Tauschbörsen landeten – doch das Ergebnis war eher, dass Kunden sich zweimal überlegten, ob sie wirklich für verkrüppelte Musikdateien auch noch Geld bezahlen sollten. Das leuchtete sogar Spitzenmanagern der Branche ein. Tim Renner, bis Anfang 2004 Deutschlandchef von Universal Music, begründete damit in einem Interview seinen Rücktritt: »In dem Augenblick, in dem sich meine Verkaufsmechanik am Dieb ausrichtet und nicht am Kunden, mache ich es dem Kunden denkbar unangenehm. Ich behandle ihn wie einen Dieb.« Außerdem sei die Branche so sehr auf den Aufbau des nächsten kurzlebigen »Teenie-Acts« fixiert, dass sie die eigentliche Aufgabe, die langfristige Entwicklung und die Förderung echter Künstler, aus den Augen verloren habe. Hier sah Renner

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