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Nerd Attack

Nerd Attack

Titel: Nerd Attack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Stoecker
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weitgehend akademisch: Ihre Computer- und Internetnutzung ist schlicht zu eingeschränkt und zu selektiv, um ihre Geistesverfassung ernstlich zu beeinflussen, in der einen wie in der anderen Richtung.

Chaos auf dem globalen Schreibtisch
     
    Es gibt allerdings einen Teil der Gesellschaft, in dem die Dinge anders liegen. Die Rangliste der von 14- bis 19-Jährigen zumindest gelegentlich genutzten Online-Angebote sieht laut der ARD/ZDF-Online-Studie aus dem Jahr 2010 folgendermaßen aus:
    Wikipedia: 95 Prozent.
    Videoportale wie YouTube: 95 Prozent.
    Private Communitys: 81 Prozent.
    Instant-Messaging-Dienste wie ICQ oder AIM: 81 Prozent.
    Foto-Communitys: 28 Prozent. Die letzte Zahl ist bemerkenswert, denn im vorangegangenen Jahr lag sie noch bei 42 Prozent. Offenbar machen die Social Networks mit den verbesserten Möglichkeiten, Bilder hochzuladen und dem eigenen Freundeskreis verfügbar zu machen, spezifische Fotocommunitys wie Flickr langsam überflüssig. Die übrigen Zahlen aber zeigen: Der Zugriff auf das Wissen der Welt und die digital vermittelte Kommunikation mit dem eigenen Freundeskreis sind für die digitalen Eingeborenen von heute fast so selbstverständlich wie elektrisches Licht. Ref 3
    Für diese Altersgruppe stellt das Internet womöglich tatsächlich eine Gefahr dar. Und zwar eine, die sich ziemlich gut mit den Gefahren eines unaufgeräumten Schreibtischs vergleichen lässt. Es ist eine psychologisch-pädagogische Binsenweisheit, dass eine Umgebung voller Ablenkungen und Versprechen für angenehmere Beschäftigungen als jener, der man gerade nachgeht, nicht gut für konzentriertes Arbeiten ist. Bis heute bringt man Kindern sinnvollerweise bei, dass sie ihren Schreibtisch aufräumen sollen, bevor sie mit den Hausaufgaben beginnen. Dass auf der Tischplatte herumliegende Zeitschriften, Bücher, Spielsachen im Zweifel dafür sorgen, dass sie für ihre Hausaufgaben eher länger brauchen werden als kürzer. Stimuluskontrolle nennen das Verhaltenspsychologen: Wenn man sich nicht den lockenden Reizen aussetzt, die mit angenehmeren Beschäftigungen verknüpft sind, ist es leichter, bei der Sache zu bleiben. Ein Computer mit Internetanschluss ist – und darunter leide ich ebenso wie Frank Schirrmacher oder Nicholas Carr – derzeit der unordentlichste Schreibtisch der Welt. Auf dem Bildschirm lauern jederzeit unendlich viele Ablenkungen, Verlockungen, die einem eine schnellere Befriedigung versprechen als die anstrengende Aufgabe, die man sich gerade vorgenommen hat. Selbst eigentlich Ungeliebtes wird attraktiv, wenn man etwas noch Ungeliebteres tun muss – deshalb sind Studentenwohnungen zur Examenszeit oft besonders sauber und ordentlich.
    Dieser Mechanismus funktioniert auch am Rechner: Ich ertappe mich häufig dabei, dass ich meinen E-Mail-Account oder meinen RSS-Reader aufrufe, wenn ich mit der Arbeit an einem Text nicht weiterkomme. Die Herausforderung für den Arbeitsplatz der Zukunft besteht darin, den digitalen Schreibtisch aufzuräumen – indem man zum Beispiel den Browser beim Start nicht automatisch aufruft und nach j eder notwendigen Netzrecherche sofort und diszipliniert wieder schließt. Indem man womöglich Software installiert – die gibt es bereits –, die den Zugriff auf bestimmte Programme oder Internetdienste reglementiert, ihn etwa nur innerhalb bestimmter Zeiträume zulässt. Ref 4
    Für Eltern, die ihre Kinder zum konzentrierten Arbeiten anhalten müssen, wird diese Aufgabe durch das Netz nicht leichter, kein Zweifel. Auf der anderen Seite ist die Lösung des Problems vielleicht verblüffend einfach: So wie mir in meiner Kindheit Fernsehen nur zu bestimmten Zeiten und für spezifische Sendungen gestattet war, so müssen die Eltern der Gegenwart und Zukunft die Computernutzung ihrer Kinder einschränken, dafür sorgen, dass die Sprösslinge nicht nur digital, sondern auch real kommunizieren, sich sportlich betätigen, Bücher lesen. Und ihre Hausaufgaben mit einem Stift auf Papier erledigen, wann immer das möglich ist. Denn die Behauptung, dass der Computer für die Hausaufgaben gebraucht wird, ist heute noch fast ebenso unwahr wie 1983: Der JIM-Jugendstudie 2009 zufolge verbringen Jugendliche täglich etwa zweieinviertel Stunden mit dem Internet. Sie nutzen es in erster Linie zur Kommunikation, beispielsweise über Social Networks oder Instant Messaging, sie verschaffen sich Unterhaltung, hören Musik oder spielen. Schule und Ausbildung dagegen sind kaum ein Thema.
    Eltern, die

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