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Nerd Attack

Nerd Attack

Titel: Nerd Attack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Stoecker
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ihren Kindern einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem neuen Alleskönnermedium beibringen, bekommen im Austausch im besten Fall ein Geschenk: Kinder nämlich, die sich in den digitalen Weiten da draußen bewegen wie Fische im Wasser, die nahezu jede beliebige Information in kürzester Zeit herbeischaffen können (und dabei verlässliche von verdächtigen Quellen zu unterscheiden wissen), die ihre sozialen Netze on- wie offline pflegen, die sich für das Weltgeschehen nicht nur interessieren, weil es um acht in der Tagesschau zu sehen ist, sondern weil sie sich auf digitalen Kommunikationsplattformen mit Menschen aus fernen Ländern austauschen. Die mit den digitalen Produktionsmitteln so souverän umgehen, dass sie innerhalb weniger Stunden aus einem kuriosen Sportereignis ein Stückchen Satire schaffen können, das weltweit für Gelächter sorgt. Kinder die, um es mit Steven Levy zu sagen, gelernt haben, dass man mit Computern Kunst und Schönheit schaffen kann. Ref 5

Kapitel 12
     

Kastrierte Pudel
     
    Die Entwicklung unserer liebsten Technikspielzeuge hat in den vergangenen Jahren einen paradoxen Verlauf genommen. Man könnte von einer Nintendoisierung sprechen: Telefone und andere tragbare Internetgeräte ähneln immer mehr Spielkonsolen, Geräten mit eingeschränktem Funktionsumfang, fest verschlossen und nicht dazu gedacht, dass der Nutzer daran herumschraubt.
    Diese Entwicklung vollzog sich in vier Schritten: Zunächst bauten die Hersteller Geräte, die eigentlich Computer sind (iPod, iPhone, Kindle, Blackberry oder eben Spielkonsolen), und nannten sie anders. Was im Grunde korrekt war, denn im Vergleich zu dem, was man seit den Achtzigern »Computer« nennt, waren diese Geräte kastriert. Neue Software dafür zu schreiben war nicht so einfach (außer man schraubte verbotenerweise an der Hardware herum). Es waren gewissermaßen fein frisierte Pudel ohne Fortpflanzungsmöglichkeit entstanden.
    Diese neuen Geräte verkauften sich ganz hervorragend, obwohl das, was sie tatsächlich konnten, nur einen Bruchteil dessen ausschöpfte, wozu ihre Hardware eigentlich in der Lage ist. Ein iPod von heute kann es in puncto Rechenleistung leicht mit einem PC aus den frühen Neunzigern aufnehmen, aber eine Tastatur daran anzuschließen, ein Textverarbeitungsprogramm zu installieren und dann damit zu arbeiten ist nicht ohne weiteres möglich. Ref 15
    Nach einer gewissen Zeit entwickelten die Gerätehersteller eine neue Idee: Ihre kastrierten Computer wurden wieder ein Stück weit geöffnet, generativ gemacht. Aber eben nur ein bisschen. Das, was früher Software hieß und auf Computern lief, wurde nochmal »erfunden« – und »App« getauft, was für »Application«, sprich Anwendung, steht. Manche Apps verwandeln ein Handy in ein virtuelles Bierglas, manche erkennen Lieder, die man ins Mikrofon des Mobiltelefons singt, manche geben Fahrplanauskünfte, manche sind nur darauf ausgelegt, ein bestimmtes Magazin oder eine bestimmte Zeitung auf einem digitalen Endgerät so hübsch wie möglich aussehen zu lassen. Statt innerhalb des komplizierten, offenen, chaotischen Internets sollen wir unsere Informationen lieber in einzelne Programme verpackt und nett aufbereitet konsumieren. Und natürlich dafür bezahlen.
    Die Apps für die nicht mehr ganz so kastrierten Geräte verkaufen sich nun ihrerseits wie geschnitten Brot, was die Hersteller freut, da sie – eine brillante Neuerung aus ihrer Sicht – nicht mehr jedermanns Software auf ihre Geräte lassen müssen. Zugang gewähren können nur sie selbst, und dafür nehmen sie eine Provision. 30 Prozent in der Regel, so ist das bei Apple und auch bei Amazon, dessen Lesegerät Kindle seit 2009 auch wieder ein bisschen mehr Computer sein und Apps abspielen darf.
    Für Spielkonsolen wie die Playstation 3, die Xbox 360 oder die Wii gelten vergleichbare, tendenziell noch striktere Regeln. Alle diese Geräte sind mit dem Datennetz verbunden – aber zum Teil nicht mit dem freien, offenen Internet, in dem es neben den Angeboten der Quasi-Monopolisten noch so viel mehr gibt, sondern vorrangig mit den ausgewählten, abgegrenzten und kontrollierten Angeboten des jeweiligen Unternehmens: dem Apple-Netz, dem Microsoft-Netz, dem Sony-Netz. Die Konzerne schaffen sich abgeschottete Parallelwelten innerhalb des Internets. In Apples App Store für iPhone, iPad und Co. kann man nur Programme kaufen, die von Apple genehmigt worden sind. Was schon mal dazu führt, dass die App des »Stern« oder

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