Nerd forever
Dann sagt mir mein Hirn: Du brauchst zumindest einen Stuhl! Den gibt es auch nicht. Schließlich braucht der Hausmeister in seiner Loge keinen, er hat ja immer einen dabei.
»Wie soll ich da hinaufkommen?«
Hausmeister Bissig stemmt seine Hände auf die Lehnen des Rollstuhls, wuchtet seinen Körper hoch und steht auf. Einfach so!!!!!
Häääää?
Und nimmt den Werkzeugkasten lässig runter.
Doppel-Häääääää????
Er gibt mir einen Schraubenzieher. »Müsste passen. Beeil dich.«
Ich schraube den PC auf. Überall Viren. Sie sind riesig, kleben und hängen zwischen den Kabeln, fressen an den Platinen und haben die Festplatte an den Rändern über all die Jahre hinweg abgenagt. Normalerweise müsste der Computer schon auseinandergefallen sein, aber so ein Ur-Siemens hält einiges aus.
Da ich ein Nerd bin, habe ich natürlich Antivirenprogramme und Antivirenfallen dabei.
Hausmeister Bissig füttert derweil die Piranhas. Er nimmt eine kleine Flasche, auf der Rinderblut steht. Mit einer Pipette zieht er etwas Blut heraus und tropft es ins Aquarium. Die Piranhas werden sofort wild. Sie schwimmen gierig durcheinander in der roten Wolke. Beißen wie verrückt ins Leere. Der Hausmeister öffnet eine Mehldose. Mehlwürmer krümmen sich zwischen seinem Daumen und Zeigefinger. Die Piranhas schnappen danach. »Am liebsten mögen sie Rinderherzen, aber Mehlwürmer zappeln einfach schöner. Die Eingeborenen am Amazonas opfern bei Flussüberquerungen stets ein Rind, um die Piranhas vom Rest der Herde fernzuhalten.
« Mir laufen Dauerlaufschauer über den Rücken. Die Piranhas zerfetzen die Würmer in tausend Stücke. Dann sagt Bissig: »Ich muss mal weg. Wenn ich zurück bin, bist du fertig mit dem Computer. Ist das klar?«
Eine gefühlte Ewigkeit später bewegt sich kein Schädling mehr auf der Festplatte. Ich fahre den PC hoch, höher. Endlich zeigt er mir keinen ERROR mehr an, dafür den Browser fürs Netz.
Bilbo Beutlin ist online. Er hat ein neues Foto von sich auf seine Seite gestellt. Es zeigt ihn, wie er gemütlich in seiner Höhle hockt, ein Pfeifchen raucht und den Hobbitjungen und -mädchen aus Beutelsend Geschichten vom Ende der Welt und seinen Abenteuern mit Orks und dem Drachen Smaug erzählt.
Ich schreibe: »Bin in einer Schule.«
»Schule?«
»Ja.«
»Wirst du bewacht?«
»Vom Hausmeister.«
»Sauron?«
»Nein. Hier gibt es keinen Sauron.«
»Voldemort? Darth Vader? Gargamel? Joker? Bowser?«
»Nein, Bilbo. Er ist ein Hausmeister, Hausmeister Aldidas Bissig.«
»Klingt übel. Aber ich hole dich da raus.«
»Und wie?«
»Unterschätze nie die Macht des Rings und die Schläue und Kraft eines Meisterdiebs.«
Obi-Wan würde sagen: Gekommen ist die Zeit zu zweifeln an Meister Beutlin . Denn ich frag mich, welcher Bus vom Auenland hierher zur Schule fährt.
»Hey, Freundchen!« Der Hausmeister taucht plötzlich neben mir auf. Lautlos wie ein U-Boot. Und fährt mir mit seinem Rollstuhl gegen das Schienbein.
»Das tut weh.«
»Memme«, sagt er und klickt Bilbo weg. »Schleich dich, Nerd!«
Ich nehme Zange und Eimer.
»Schmeiß den Müll nachher in den Container! Hast du kapiert, Nerd?«
Kapitel 10
Wo kann ich eine Tarnkappe kaufen?
Kaum, dass ich auf dem Schulhof bin, klingelt es.
DRIIIINNNNGGGG! DRIIIIIINNNNGGGG!
Türen knallen, Stimmen werden lauter; hohe Stimmen, tiefe Stimmen, alle jubeln, schreien, stürmen aus den Klassen, Freiheit, Lehrer gehen aus dem Weg, verstecken sich im Lehrerzimmer wie Insekten vorm Monsunregen. Denn etwas Schreckliches wird kommen! Die Schreie werden lauter, ein Donner rollt, dann stürmt die Meute durch die Glastür auf den Schulhof.
Und wer steht da?
ICH! NERD! OPFER NUMBER ONE!
Das ist kein Spiel, kein Traum, das ist echt. Die Schüler des Grauens sind da!!!!
Ich picke ein Stück Papier auf und wäre gerne durchsichtig.
»Hey, was machst du denn da?« Der Junge ist groß und fett.
Ich schweige vor mich hin.
Rick kommt. Seine Schultern sind echt breit. Er teilt die Menge wie Moses das Meer.
»Das ist Nerd. Der gehört mir, mir allein. Höhöhöhö!« Auch er fragt mich: »Hey. Was machst du denn da?«
Ich gucke auf meine Zange, auf den Eimer, auf das Papier, das ich in den Eimer fallen lasse. Ganz ruhig. Sie wissen, was ich hier mache. Ich weiß, dass die Frage nicht ernst gemeint ist. Solche Fragen nennen sich rhetorische Fragen. Aber es nutzt mir nichts, dass ich solche Dinge weiß. »Ich mache das für den Hausmeister.«
»Wie schön
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