Nerd forever
Hausmeisterloge. Die Trockenfutterplättchen schweben zu Boden und die jungen Piranhas nagen daran.
»Was fressen die eigentlich sonst noch?«
Bissig vermutet: »Mückenlarven. Ich weiß es aber nicht genau, werde Dr. Bauklo befragen. Ich möchte ihm ohnehin ein paar Piranhajunge schenken … Dann war es also deine Hand auf dem Handyfoto, das du mir gezeigt hast?«
»Nein.«
»Wie? Du hast nicht die Piranha-Eier gestohlen?«
»Nein. Habe ich nicht.«
Bissig klopft mit dem Finger gegen die Scheibe, die winzigen Piranhas zucken zurück.
»Es war also doch Frau Kastenholz«, sagt er. »Ich habe auf dem
Handyfoto die Schreibtischunterlage in der Bibliothek erkannt. Und sie hat auf den Stein NERD geschrieben, da sie glaubte, dass du ohnehin am nächsten Tag auf die Albert-Einstein-Schule wechseln würdest. Ich hatte ihr von Direktor Schmitts Vorhaben erzählt«, kombiniert Bissig. »Aber warum hat sie die Eier gestohlen? Für sich? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
Er schaut mich eindringlich an, aber ich werde nichts von Dr. Bauklo und Frau Kastenholz verraten, sondern schaue nur den Piranhas zu, wie sie nun wieder ruhig weiterfressen.
»Okay, Junge, das ist jetzt nicht mehr wichtig. Doch eine Sache noch …« Bissig setzt sich in seinen Rollstuhl. »Was wird aus Rick?«
»Ich weiß nicht.«
»Du solltest ihm helfen.«
»Wie?«
»Na, irgendwie. Schließlich möchte ich ein gutes Wort für dich bei Direktor Dr. Schmitt einlegen. Wegen der Tasche von Mrs Mistpickels und dem Barometer von Frau Ranzig gibt es sonst einen Schulverweis.«
»Aber der Wettbewerb ist schon morgen. Und Buchstabierkönig Viktor Vokabel ist mit dabei. Rick hat keine Chance außer …«
»Was außer…?«
»Ich habe eine Idee. Rick wird es schaffen. Er muss …«
Kapitel 44
Eine Nerdbrille, aber kein Hirn!
Ich laufe in den Chemiesaal. Das Licht des neuen Tages macht alles so hell. Obwohl ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe, bin ich hellwach. Die Tür zum Chemiesaal steht offen. Nerdine ist noch da. Sie trägt die Laborbrille. Hübsch sieht sie aus. Vor ihr liegt eine auseinandergebrochene kryptonische Super-Gegenteil-Kapsel. Winzige verschiedenfarbige Kügelchen sind darin. »Ich bin mir noch nicht ganz sicher, woraus sie bestehen. Die Farbigkeit der einzelnen Kügelchen scheint keine Rolle zu spielen. Lass mir noch zwei Tage Zeit, um ein paar Tests durchzuführen. Dann können wir sie selbst herstellen.«
»Ich brauche die Kapseln sofort. Ich muss sie Rick geben, sonst versagt er beim Wettbewerb. Er braucht heute zwei und morgen früh zwei, damit sich der Wirkstoff in ihm anreichern kann. Ein Junge, der das genaue Gegenteil von Rick ist, könnte sogar Worte wie Känguru buchstabieren. Die Kapseln machen aus gut böse, aus dumm schlau und aus Rick sogar ein Buchstabiergenie. Da bin ich mir sicher.«
»Wie viele Kapseln hast du denn noch?«
»Zwei. Aber die brauche …« Ich wollte nun
eigentlich sagen, dass ich sie noch für mich brauche, aber ich schweige.
»Dann gib sie ihm gleich, wenn er zur Schule kommt. Ich werde mich hier im Chemiesaal einschließen und die Kapseln weiter analysieren und neue für ihn herstellen, damit er den Wettbewerb gewinnt. Wir werden es schaffen.«
Ich zögere noch einen Moment, dann schlagen wir ein. Ich frage mich, was aus THE DARK NERD ohne die Kapseln werden soll. Als hätte Nerdine meine Gedanken gelesen, sagt sie: »Ertrinken soll the dark nerd. Denn der richtige Nerd wird schwimmen lernen, wenn er helfen kann.«
Ich schaue mich noch einmal um zu ihr, als ich den Chemieraum verlasse. Habe ich dieses Mädchen wirklich geküsst? Oder habe ich mir das nur… BANG! Ich bin gegen den Türrahmen gelaufen. Oh Mann, ist das peinlich! Nerdine hat nichts bemerkt, so vertieft ist sie in ihre Arbeit. Draußen sehe ich auf das Pflaster an meinem Ellbogen. Sie hat es mir aufgeklebt. Ich nehme die letzten beiden Kapseln aus der Box. »Ich werde sie Rick geben.«
Vor der Schule herrscht der allmorgendliche Verkehr. Ein neuer Schultag bricht an. Eine Menge Autos fahren vor. Mütter und Väter haben ihre Kinder auf den Rücksitzen gesichert, während sie die zu Fuß kommenden Schüler über die Straße jagen. Tempo 30. Schülerlotsen haben den Verkehr trotz ihrer orangefarbenen Weste und der Kelle in der Hand nicht im Griff. Alle kommen zur
Schule, nur ich gehe aus der Schule, warte eine Straßenecke weiter und halte Ausschau nach Rick. Er müsste längst da sein.
Nachdem selbst die letzten
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