Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
Vom Netzwerk:
das römische Volk Opfer entzünden zum Dank für die Rettung unseres glorreichen Imperators! Geht, geht! Ich selber werde dem Kaiser behilflich sein.«
    Die Sklaven entfernten sich.
    Tigellinus warf sich vor der löwenfüßigen Bettstatt des Imperators heuchlerisch in die Kniee und barg sein Antlitz wie ein Verzweifelter in den Falten der Purpurdecke.
    »Claudius Nero,« stöhnte er dann, sich feierlich ausrichtend, »dieser Dolchstoß kam dir von Agrippina.«
    Ein wildes Röcheln quoll über die Lippen des jungen Fürsten. »Sophonius!« rief er, die rechte Faust wie zum Schlage erhebend.
    »Von Agrippina!« wiederholte der Sicilianer.
    »Beweise mir's!« ächzte der Kaiser.
    »Ich kann's, und deine Poppäa wird mir's bestätigen. Soll ich sie rufen lassen?«
    »Thu was du willst! Aber wehe dir, wenn du mich täuschest!«
    »Täuscht man auch seine Freunde? Mit diesem Kopfe steh' ich dir dafür ein, daß Poppäa genau das nämliche aussagt, wie ich. Meine Behauptung aber lautet wie folgt: Dies schöngeschliffene Stilett entstammt dem geheimen Mordarsenal, das sich die würdige Agrippina in der Wand ihres Cubiculums angelegt hat. Dort findest du ihrer noch mehrere. Wenn sie der Waffe, die ich hier in der Hand halte, nicht gleich sehen, wie ein Ei dem andern, so schleife mich nach den gemonischen Stufen!«
    Er trat an die Thür und schickte einen der Sklaven, die in der Mitte des Säulenhofs wieder Stellung genommen, zu der ränkevollen Gemahlin des Otho.
    Die kleine Phönicierin Hasdra, die auf Poppäas Geheiß mit der ihr eigenen wunderbaren Gelenkigkeit das Scheinattentat vollbracht hatte, war inzwischen, ohne von jemand bemerkt zu werden, bei ihrer Gebieterin angelangt.
    Noch im ersten Korridor hatte sie sich die Ledermaske hinuntergerissen und das hochgeschürzte Gewand wieder fallen lassen.
    Poppäa wartet längst in fiebernder Ungeduld. Da sie vernahm, daß alles genau so gelungen sei, wie verabredet, zog sie das Mädchen an ihre Brust und küßte sie zwanzigmal. Hasdra jedoch schien keinerlei Dank zu beanspruchen. Ihre Augen funkelten von dämonischer Freude. Dann schlich sie hinweg, setzte sich wieder auf ihr einsames Polsterkissen und weinte. Ihre Thränen galten dem toten Pharax.
    Jetzt kam der Bote des Tigellinus.
    Poppäa zögerte nicht. Was fragte sie nach den übrigen Insassen des Palatiums, die ihren Eintritt in das Cubiculum Neros bemerken konnten! Nachgerade schien es ihr an der Zeit, etwas freier und kühner die Wirklichkeit zu betonen, als während der Anwesenheit der Octavia.
    »Cäsar, ich grüße dich,« sagte sie lächelnd, als ahne sie nichts. Sie umarmte ihn zärtlich.
    »Herrin,« bat Tigellinus, »schenk mir für einige Augenblicke Gehör!«
    »Was gibt's?« fragte sie neugierig.
    Der Agrigentiner erzählte – zuerst von den Begebnissen im Hause des Lucius Menenius, dann von dem Auftritt mit Agrippina und schließlich von dem entsetzlichen ›Frevel‹, den ›ein unbekannter Verbrecher‹ wider den Kaiser in Scene gesetzt.
    Poppäa Sabina gebärdete sich wie toll. »Nero, mein süßer Nero!« klagte sie unaufhörlich. »Lebst du noch, oder ist's ein Traum, daß ich dein teures Haupt hier zwischen den Händen halte? Ja du lebst! Ach, ich vergehe, wenn ich mir ausmale . . . Tigellinus, ich taumle . . . O, mein armes, armes, zerquältes Hirn! . . .«
    Nach einer Weile flossen ihr sogar einige Thränen über die Wangen, echte, natürliche, breithinrollende Thränen.
    In diesem Augenblick hielt ihr der Agrigentiner den dreimal gekanteten Dolch hin und sagte ruhig: »Sieh, Herrin, das ist die Waffe, die der Mörder zurückließ.«
    Poppäa Sabina schrie gell auf. Sie sank, von den Armen des Tigellinus rechtzeitig aufgefangen, in eine gut erkünstelte Ohnmacht, während dem Kaiser in Wirklichkeit alles Blut nach dem Herzen strömte. Er schwankte. Mit beiden Händen stützte er sich auf den wuchtigen Bronzetisch, daß die silbernen Becher und Schüsseln hart widereinander klirrten.
    Endlich ermannte er sich. »Poppäa,« raunte er tonlos, »zwinge mich nicht, das Ungeheure zu glauben . . .! Es wäre mein Tod, Poppäa!«
    »Nicht der deine, denn du bist schuldlos. Nero . . .! Wenn Tigellinus dir schon gesagt hat . . . Er hat die Wahrheit gesprochen. Dieser Dolch . . .«
    »Dieser Dolch . . .?« flüsterte Nero. »Ueberlege dir's! Du irrst dich, Poppäa! Du mußt dich irren, oder das weite All verdiente in Schutt zu sinken!«
    Poppäa Sabina schüttelte traurig den Kopf.

Weitere Kostenlose Bücher