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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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zurückbekehrt.«
    »Demut!« rief Nero hohnlachend. »Sie sollte doch wissen . . .! Demut! Ich, ich, der Cäsar!«
    Er sprang empor und schritt ein paarmal tief nachdenklich auf und nieder. »Verzeih!« sagte er endlich. »Deine Hand, Tigellinus! Du bist einer von den wenigen Sterblichen, denen ich gern und aus innigstem Herzen danke. Ich war nicht ganz bei der Sache. Die Berichte des Phaon – ich wollte sagen: des Burrus . . . Hier: lies selbst! Also sie kommt? Und was hab' ich nun weiter zu thun, da ich dir doch gelobt habe . . .?«
    »Wir besprechen das noch,« unterbrach ihn der Adjutant. »Du scheinst seltsam erschüttert. Was dir Burrus da meldet, hörte ich schon durch Poppäa. Sie weiß alles, diese Perle der Frauen. Die zwei meuterischen Tribunen, die er entwaffnet hat, sind durch Agrippina erkauft gewesen.«
    »Wer sagt das?«
    »Poppäa. Und sie wird dir's nächstens beweisen. Sprich nur jetzt nicht davon! Sie könnte sich aufregen, und wir müssen doch frisch und elastisch sein, wenn es nun gilt.«
    »Du hast recht, Tigellinus! Sie muß geschont werden. Zumal jetzt, da sie die Aussicht hat . . . mir ein Kind zu schenken.«
    »Cäsar, mein Freund!« stammelte Tigellinus bewegt, als hätte er nicht schon längst um dieses Geheimnis gewußt. »Deine süße Poppäa . . .? O, du seliger, du dreimal seliger Fürst! Nun hab' ich die volle Bürgschaft, daß alles gut geht. Das Kind des Kaisers liegt am Herzen der Götter. Noch einen Tag, – und Nero wird endlich von der giftgeschwollenen Natter befreit sein, die unablässig sein teures Haupt bedroht. Geh, mein Claudius! Speise mit deiner Poppäa! Bleib für heute mit ihr allein! So beruhigst du dich. So stählst du dein Herz und das ihre für die letzte entscheidende Fehde. Sei glücklich, Cäsar! Tigellinus wird für dich arbeiten.«
     

Siebzehntes Kapitel
     
    Am folgenden Morgen brach Agrippina, wie vereinbart, in aller Frühe von Bauli auf.
    Nero, von einem glänzenden Hofstaat umringt, begrüßte sie feierlich an der Landungstreppe, half ihr mit emsiger Höflichkeit aus der Barke und küßte ihr beide Hände. Auch Acerronia wurde huldvoll bewillkommt.
    Agrippina, mit dem Cäsar vorauf, schritt nun die Stufen hinan zu dem breiten, myrtenumhegten Pfade, wo die Sänften bereit standen. Selbst die wenigen Schritte bis zum Vestibulum sollten der Fürstin erspart bleiben: so streng nahm es der Flottenbefehlshaber Anicetus mit den Forderungen der Etikette.
    Ein Freigelassener des Kaisers war inzwischen damit beauftragt worden, die Barke abseits in einer der ausgemauerten Buchten anpflocken zu lassen, und die schweißtriefenden Ruderknechte, sowie die Sklavinnen Agrippinas ordnungsgemäß zu verpflegen.
    Poppäa Sabina, das Haupt voll Demut geneigt, die Hände nach orientalischer Sitte über der Brust gefaltet, harrte bereits am Eingang des Atriums. Längst hatte sich Agrippina daran gewöhnen müssen, die willensstarke Poppäa als eine ebenbürtige Macht anzuerkennen. Der Kaiser empfand für die schöne, in allen Schmeichelkünsten erfahrene Frau in der That eine leidenschaftliche Neigung, die nur dann flüchtig verdunkelt wurde, wenn ihn das halbverblaßte Erinnerungsbild Actes beschäftigte, oder in Augenblicken jener unstillbaren Lebensgier, die ihn meist dann ergriff, wenn er am tiefsten philosophiert hatte. Von solcher Ekstase geschüttelt, wünschte er allen Weibern der Erde einen gemeinsamen wonnestrahlenden Leib, um so in einer einzigen Liebesumarmung alles das auszukosten, was Aphrodite in ihrer göttlichen Thorheit so kläglich zersplittert hatte. War die Ekstase nachhaltig, so bemühte er sich wohl einige Tage lang, die Splitter zu sammeln. Von einer Inkarnation der Schönheitsidee schwärmte er dann zur andern. Er küßte die Töchter der Senatoren ganz mit der nämlichen Inbrunst wie die sigambrischen Sklavinnen; die Gemahlin des Konsuls wie die des Maultiertreibers; die Modedame Septimia, wie die Sängerin Chloris, die keine Gewissensbisse empfand, ihrem Liebhaber Tigellinus untreu zu werden, nachdem sie das wahre Glück ihres Lebens mit Artemidorus längst über Bord geworfen. Immer jedoch kehrte der Cäsar mit erneuter Leidenschaft zu Poppäa zurück, und diese war klug genug, von den Streifzügen des Gewaltigen nichts zu bemerken. So verlor er sich mehr und mehr an die Unwiderstehlichkeit ihrer Anmut.
    Jetzt vollends, da man sich überall zuflüsterte, Poppäa Sabina fühle sich Mutter, und Otho, von dem Sachverhalt in Kenntnis

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