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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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verlernt. Nur die Wut macht mir die Augen feucht. Ach, die herzzerfressende Wut!« . . .
    Nero hatte indes, nachdem er das Bad verlassen, einsam in der Kühle der Exedra auf den Polstern gelegen, und bald die marmornen Standbilder in den braunroten Blenden gemustert, bald einige Schriftstücke durchblättert, die ihm vor kurzem durch einen der palatinischen Eilboten zugestellt worden waren. Die Tagesberichte des Seneca und des Burrus hatte er nur leicht überflogen, obgleich namentlich die Epistel des letzteren Dinge enthielt, die nicht ohne Bedeutung schienen. Burrus meldete die erfolgte Verhaftung zweier Tribunen, die sich verschworen hatten, den Kaiser und Poppäa Sabina zu töten. Nach ihren Gründen befragt, hatten sie trotzig geantwortet: »Unsre Schwerter sollten die edle Octavia rächen!«
    Eine Minute lang hatte der Kaiser über den Zwischenfall nachgedacht. Seine Empfindungen gipfelten in dem Satze: »Um Octavias willen regt sich die Mordlust: also Octavia bedroht meine Sicherheit!«
    Dann aber schlug er sich diesen Gedanken und die daraus quellende jähe Verbitterung rasch aus dem Sinne. Weit mehr, als alle Berichte des Burrus über noch so unverhoffte Begebnisse interessierte ihn die Zuschrift des Phaon, den er als Oberverwalter der Hofburg in Rom zurückgelassen.
    Phaon überschickte ihm nämlich den Plan und den Kostenanschlag für ein neues üppiges Landhaus, das auf der Höhe des Hügelkammes zwischen Bajä und Cumä erbaut werden sollte, – ein funkelndes Zeugnis für die Verschwendungswut und das nachgerade persisch gewordene Luxusbedürfnis des Imperators.
    Das war binnen weniger Monate schon der fünfte Monumentalbau, den der Kaiser für seine eigene Person hatte entwerfen lassen. Zwei der Prunkhäuser standen bereits vollendet; denn die Sklaven und Arbeiter, die unter dem Oberbefehle der Architekten, Maler und Bildhauer bei Tag und bei Nacht auf den Beinen waren, bildeten eine Armee . . .
    »Entzückend!« murmelte Nero, sich von neuem in die Einzelheiten vertiefend. »Beim Zeus, das nenne ich doch Verständnis für die Lebensanschauung des Weltbeherrschers! Allerdings – die Kosten stehen im Verhältnis zur Ausstattung! Neunhundert Millionen! Ich zweifle sehr, ob einst Semiramis so fürstlich gewohnt hat. Neunhundert Millionen! Geld genug, um ganz Alexandria in alle Ewigkeit von Steuer und Last zu befreien!«
    Er stützte den Kopf in die Hand. »Für wen säest du also, keuchender Landmann im Delta des Nils? Für wen jagst du mit Gefahr deines erbärmlichen Daseins den Löwen, knochiger Mauretanier? Für wen züchtet ihr eure prächtigen Rinderherden, ihr schmutzigen Ansiedler des blauen Danubius? Und ihr in Südhispanien und Kappadocien die feurigen Rosse? Für mich, den Cäsar, dem ihr noch danken müßt, wenn er euch so viel beläßt, damit ihr nicht Hungers sterbt, und weiter säen, weiter jagen und züchten könnt! Ein herrliches, ein olympisches Hochgefühl! Wenn dieser Taumel mich packt, dann sinkt die Erde spurlos vor mir hinab; dann fühle ich, daß der Cäsar höher steht als das Fatum. Raubt mir doch, was ich liebe: es ist ein flüchtiger Tautropfen! Was ich aber beherrsche, was ich zerstäuben kann, das ist ein unerschöpfliches Meer, ein Ozean winselnder, elender Kreaturen!«
    Er starrte verzückt nach der holzgeschnitzten Decke empor, als gewahre er durch das schönverschränkte Gebälk die Unendlichkeit des entgötterten Himmels, für die nur ein erlauchter Gast noch bestimmt war: er selbst!
    So fand ihn sein Adjutant Tigellinus.
    »Herr,« sprach er im Tone einer geschäftlichen Mitteilung, »morgen in aller Frühe wird Agrippina hier eintreffen.«
    »Ich wußte es,« sagte der Kaiser zerstreut. »Wo Claudius Nero befiehlt, da gehorcht selbst die Trotzigste unter den Trotzigen.«
    »Nennst du das ernstlich einen Befehl, was in so schmeichlerischen Ausdrücken abgefaßt war?«
    Nero fuhr sich über die Stirn. »Ja, ich entsinne mich,« sprach er, als ob er nun plötzlich aus weltfernen Illusionen zur Wirklichkeit heimkehre. »Ja, ich bat, ich, der ich doch mit dem Blick meines Auges die ewige Roma zertrümmere! Aber du selber hast Schuld daran. Ich habe nur nachgeschrieben, was du mir vorgelegt.«
    »Mit gutem Bedacht, Herr! Mein Bote vermeldet mir, Agrippina sei überglücklich gewesen, und so erregt, daß sie zur schriftlichen Antwort nicht Zeit gefunden. Sie läßt dir hundert zärtliche Grüße entbieten, denn sie glaubt dich zu deiner früheren Demut völlig

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