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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Talente ich Tag für Tag mehr bewundere. Halb Capua hat seine Magazine geleert für die Beleuchtung, den Blumenschmuck, die Flaggen, die Teppiche. Alles übrige fügt sich harmonisch in das Gesamtbild. Wenn ich hinzusetze, daß ich die Festmusik eigens zu diesem Zwecke durch unsre beliebtesten Tondichter habe verfertigen lassen, so hab' ich genug gesagt. Mit einem Worte: das Ganze wird glorreich.«
    »Nun, und das Volk? Was sagt es zu der glänzenden Gastfreundschaft seines Kaisers?«
    »Es jubelt.«
    »Das sagtest du gestern bereits. Gibt es noch Leute, die bezüglich der Nazarener im Zweifel sind? Ich meine . . . die sie für schuldlos halten?«
    »Kaum. Die Verhafteten leugnen zwar; aber einer von ihnen, Paulus mit Namen, hat seinen Richtern mit Donnerstimme entgegengerufen, in diesem Brande erblicke er das Strafgericht des allmächtigen Gottes und die Erfüllung der alten Wahrsagung, die da lautet: ›Ich will ihren Namen auslöschen, und ihr Land will ich zu einer Wüste machen.‹«
    »Paulus . . .? Der Name ist mir zu Ohren gekommen.«
    »Ich selber sprach dir von ihm,« sagte der Agrigentiner. »Eine Persönlichkeit von unwiderstehlicher Kraft. Die dämonische Wucht seiner Rede riß – für Momente wenigstens – alles dahin, was irgend jemals in ihr Bereich kam. Deshalb nahm ich auch Anstand, diesen höchst gefährlichen Menschen mit ins Programm zu nehmen. Sein bloßer Anblick vielleicht hätte ihm Schüler geworben – und vollends, wenn er in letzter Stunde den Mund geöffnet und gezeugt hätte für die Lehre des Nazareners . . .«
    Claudius Nero nickte still vor sich hin. Dann richtete er aus den Agrigentiner einen fragenden Blick.
     

Zwölftes Kapitel
     
    »In aller Stille hab' ich ihn kreuzigen lassen,« erwiderte Tigellinus.
    Es entstand eine lange Pause. Nero blickte stumm auf den farbigen Mosaikboden, wo ein schön gezeichneter Tierkämpfer einem Löwen das Schwert in die Gurgel bohrte.
    »Schade,« sagte er endlich, tief Atem holend. »Ich hätte erleben mögen, was dieser Schwärmer, der sogar dich mit heimlicher Furcht erfüllte, mir geantwortet hätte auf den Zuruf: ›Du fabelst!‹
    In der sechsten Nachmittagsstunde begab sich der Kaiser mit Poppäa Sabina und dem ganzen Gefolge nach den vatikanischen Gärten, deren vielhundertjährige Ulmen und Pinien selbst jetzt, im Hochsommer, einen behaglichen Aufenthalt boten. Zahlreiche Springbrunnen sandten hier aus alabasternen Becken ihre silbernen Strahlen empor. Künstliche Bäche, durch die Claudische Leitung gespeist, rauschten durch die Grotten und Moosgründe, oder zerstäubten an farnumwucherten Felshängen. Ringsumher mannshohes Gesträuch, Buchsbaumpflanzungen, farbige Blumenbeete, – kurz, in der unmittelbaren Nähe der Hauptstadt ein Stück Campanierlandschaft.
    In der prächtigen Pan-Allee, die den Park von Norden nach Süden schnurgerade durchschnitt, hatte der Freigelassene Phaon im Auftrag des Agrigentiners drei endlose Tafeln gedeckt. So weit das Auge reichte, blinkten die Mischkrüge, die Becher, die Blumengewinde, die Platten und Schaugerichte. Speisesofas hatten sich in genügender Zahl nicht beschaffen lassen: aber die niedere Bevölkerung Roms war ja gewöhnt, bei Tische zu sitzen, – nicht, wie die höheren Gesellschaftsklassen, zu liegen. Die glattgezimmerten Bänke, über die man galäsische Teppiche ausgebreitet, schienen für diese Gesellschaft immer noch üppig genug.
    Es waren nahezu achtzigtausend Personen, die Claudius Nero so zu Gaste geladen.
    Ein nicht zu schildernder Anblick.
    Achttausend Sklaven waren anderthalb Stunden fortwährend beschäftigt, die unabsehbare Menschenmenge mit Speise und Trank zu versehen.
    Das Kaiserpaar, Tigellinus, die Militärtribunen, einige zwanzig altadlige Senatoren und der gesamte Hof – mit Ausnahme Senecas, der eine plötzliche Krankheit vorschützte – nahmen teil an dieser gigantischen Coena. In der nächsten Umgebung des Kaisers bemerkte man insbesondere den jüngsten seiner Vertrauten, den Günstling Helius. Dieser Mensch, von unfreier Geburt, verstand es, wie kaum Tigellinus, den Launen des Imperators zu schmeicheln, und jede Schwäche als eine Heldenthat, jeden Frevel als das selbstverständliche Recht des Thrones zu preisen. Die grausam-wollüstigen Gesichtszüge des Freigelassenen Helius hatten etwas vom Schwein, ohne doch durch ungebührliche Häßlichkeit geradezu abzustoßen.
    Die Prätorianer waren in unauffälliger Weise nach allen Richtungen hin verteilt

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