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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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Zwecke in Anspruch nahm.
    Die beiden Männer erkannten sich.
    Da Pharax hörte, um was es sich handelte, war er Feuer und Flamme. Er führte den Nicodemus geradeswegs zum Präfekten, kam auf die Huld zu sprechen, die Claudius Nero in eigener Person dem jungen Mädchen erwiesen habe, und betonte mit Nachdruck, daß es den Cäsar ohne Zweifel betrüben würde, wenn der Entflohenen irgend ein Unheil begegne.
    Der Stadtpräfekt reichte dem Nicodemus die Hand.
    »Meine Kohorten – die in der Waffenrüstung wie die in der Toga – sind leidlich geschult. Wir werden die Kleine schon auftreiben, – verlaß dich darauf! Uebrigens möchte ich meinen Rapphengst verwetten: eh' wir noch ernstlich auf sie gefahndet haben, kehrt sie von selbst zurück!«
    Sie kehrte weder von selbst zurück, noch auch glückte es den Kohorten des Stadtpräfekten, sie aufzutreiben.
    Vierzehn Tage lang hatte man – zuletzt sogar unter Beteiligung der gewerbsmäßigen Sklavenfänger – nach ihr geforscht. Alles umsonst.
    Auch Nero, der, von heimlicher Sehnsucht verzehrt, scheinbar aus gnädiger Wohlgesinntheit gegen den trostlosen Nicodemus einen namhaften Preis auf Actes Entdeckung gesetzt und seine Prätorianer beauftragt hatte, den Stadtkohorten hilfreiche Hand zu leisten, mußte sich schließlich mit dem Gedanken vertraut machen, daß Acte, die Süße, die Holdselige, die ihm das Herz mit so zauberischen Melodien erfüllte, ein für allemal spurlos verschwunden sei.
     

Fünftes Kapitel
     
    Es war Winter geworden und wieder Frühling.
    Der April mit seinen leuchtenden Horizonten goß himmlische Lebenslust über die Erde. Sein quellender Blütenflor hatte die vornehmeren Stadtviertel Roms in einen einzigen Garten verwandelt. Der Brunnen der Aqua Claudia und Marcia rauschten mit verdoppeltem Wogenschwall. Das Forum und die heilige Straße sahen aus wie beschneit: so zahlreich wimmelten dort die weißen Obergewänder der Müßiggänger. Die Volkspoeten sannen auf neue Weisen; die Jünglinge schmückten ihre Erkorenen mit Purpurrosen; die Mädchen träumten von zukünftigen Seligkeiten.
    Starr und düster – in schroffem Gegensatze zu all den Glücklichen, die er beherrschte – wandelte Claudius Nero Cäsar eines Nachmittags durch den Säulenhof.
    Ihm zur Linken schritt Seneca, sein Ratgeber und ehemaliger Lehrer.
    Beide verharrten wohl zehn Minuten und länger noch in bedrückendem Schweigen. Hin und wieder, wenn sie am Ende der marmorgetäfelten Bahn kehrt machten, blickte der Staatsminister heimlich unter den tiefgesenkten Wimpern hervor, um in den ernstgeschlossenen Zügen des Imperators zu lesen . . .
    Wie seltsam hatte der junge Fürst sich verändert, seit er damals in Gemeinschaft mit Tigellinus das Zelt des ägyptischen Zauberers betreten! Sein blasses Antlitz erzählte von Kämpfen, die kein menschliches Auge belauscht hatte, von einer ewigen Rastlosigkeit des Gedankens, der da ergründen, wirken und schaffen will, und doch niemals die That gebiert. Ach, die That erblüht nur aus der göttlichen Zuversicht, aus dem Glauben an ihre Notwendigkeit, aus der mannhaften Ueberzeugung. Vielleicht auch war es der Gram des Gemütes, was ihm die Schwingen in Fesseln schlug.
    Er, dem sonst die Kunst Blüte des Lebens gewesen, schloß sich mit einemmal wie ein Feind gegen sie ab.
    Seine Lieblingsautoren lagen unentrollt in den Elfenbeinkästchen der Bibliothek; er versuchte sich nicht mehr im Epos, noch in der Lyrik; die Kithara trauerte schwermutsvoll zwischen den Lorbeerkränzen, die ihm die wahren und falschen Bewunderer seines Talents gereicht hatten; kein Lied entquoll mehr seiner ehedem so sangesfreudigen Kehle.
    Seit ihm Acte entschwunden war, hatte er sich völlig der Philosophie gewidmet und der pflichtgetreuen Erwägung dessen, was Nicodemus im Vereine mit Seneca ihm als die höchste Aufgabe einer wahrhaft großen Herrschernatur anpries.
    Mancher Schritt war in dieser Richtung bereits geschehen . . .
    Die Erinnerung an Acte schien den Zögernden wie ein mahnender Genius allerwärts zu begleiten. Sie selber hing dem Bekenntnis der Nazarener ja an: durfte Nero da zweifeln?
    Dennoch, er zweifelte. Vielleicht weniger noch an der Heilsamkeit des gewaltigen Umsturzes, den man ihm zumutete, als an der Möglichkeit seiner Durchführung.
    Ja, hätte Acte ihm in die Seele geredet, die leibhaftige Acte mit ihrer süßen, schmeichelnden Stimme, – alle Bedenken wären dahingeschmolzen, wie Schnee im Lenzwinde. Ihr bloßes Andenken vermochte

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