Nero
waren mit Epheu und Akanthus umwunden.
In kurzer Zeit waren die Gäste verteilt, dank der großen Gewandtheit der Obersklaven und ihrer Gehilfen. Während vom Garten her eine schmelzende südhispanische Weise erscholl – ›Schlummerst du‹ war sie betitelt – gossen die Sklaven und Sklavinnen aus etruskischen Henkelkrügen goldenes Vesuvgewächs in die mattglänzenden Becher.
Den Ehrenplatz an der Spitze der linken Tafel – vom Atrium aus gerechnet – hatte die Kaiserin-Mutter. Ihr zur Rechten lehnte Afranius Burrus, der Oberst der Leibwache; auf der andern Seite Flavius Scevinus, der Hausherr. An der Spitze der zweiten Tafel thronte der Imperator zwischen Octavia und der Gemahlin des Hausherrn. Eine querlaufende Verbindungstafel, wie dies sonst üblich war, fehlte.
Da nur die äußeren Seiten der Tische mit Speisesofas bestellt waren, die inneren aber, nach römischer Sitte, frei blieben, so hatte Flavius und seine Gattin Metella keine Seitennachbarn.
Die Reihe der Gäste schloß sich vielmehr drüben an Burrus, hüben an die Gemahlin des Imperators.
Und zwar folgte bei Octavia zunächst der Stoiker Thrasea Pätus; hiernach eine reiche Aegypterin, Epicharis mit Namen; dann der Staatsminister Annäus Seneca; und links von ihm die vierzehnjährige Frau eines Senators.
Thrasea Pätus wandte sich gleich beim Beginn des Mahles, das mit lucrinischen Austern und asiatischen Meertulpen eröffnet wurde, der jungen Kaiserin zu.
Octavia hatte nur ein unbedeutendes Wort an ihn gerichtet, eine höfliche Frage wegen der jüngst in Scene gegangenen Cirkusspiele, die ganz Rom in fieberhafter Erregung hielten: denn immer noch war es nicht ausgemacht, ob der sausende Fulgur des Tigellinus gesiegt hatte, oder die Flava des Anicetus. Ein Ausschuß war niedergesetzt worden zur Erledigung dieses weltbewegenden Streites. Zeugen wurden verhört, als handle es sich um einen Prozeß wegen Steuererpressung. Die meisten Aussichten hatte bis jetzt Anicetus, was die Partisanen des Tigellinus um so bitterer verdroß, als der unangenehme Gegner eigentlich auf dem Land nichts zu suchen hatte. Anicetus war Seeoffizier. Seit kurzem befehligte er die Flotte am Kap Misenum, und nur aus besonderem Anlaß weilte er jetzt in Rom, wo er sofort dem altbewährten Agrigentiner den Rang bestritt . . .
Thrasea Pätus lächelte bei der Frage Octavias, als glaube er nicht an den Ernst ihres Interesses. Er gab ihr Auskunft – ganz in dem Tone, mit dem er gesagt haben würde: ›Ja, Herrin, das Wetter ist allerliebst‹. –
Octavia nickte zerstreut und that eine zweite Frage, die nach einigen Abschweifungen auf ein geradezu unerschöpfliches Thema führte: auf den Kaiser Augustus und die allbewunderten Großthaten dieses Monarchen für die Entwickelung des Weltreichs.
Auch Nero und die ägyptische Nachbarin des Thrasea Pätus – Epicharis – nahmen mehrfach an diesem Gespräche teil. Ja, selbst der Staatsminister Annäus Seneca löste sich bald von dem öden Geplauder seiner Partnerin links, um an geeigneter Stelle ein epigrammatisches Wort einzuwerfen.
So ernst, so feierlich wogte der Strom dieser Erörterungen, daß Nero sich fast im Arbeitsgemache der Hofburg wähnte, wo ihm der geistreiche Philosoph gerade während der letzten Wochen so unaufhörlich betont hatte, wie das Leben Entsagung, Selbstbeherrschung und Pflicht sei.
Bei dieser Erinnerung überkam den jugendlichen Monarchen plötzlich inmitten der festlich-lauten Gesellschaft das Wehgefühl einer unermeßlichen Oede.
In der That, es war ein unvermittelter Gegensatz, der die Künstlerseele des jungen Kaisers seltsam erregen mußte.
Während man hier, an dem oberen Ende der Tafel, nahezu Vorlesungen aus dem Gebiete der lichtlosen Stoa hielt, scherzte und lachte es von dort unten herauf, wie das Murmeln einer geschwätzigen Quelle in den Gründen von Tibur.
Schöne Jünglinge neigten sich mit verbindlichen Reden zu ihren blühenden Nachbarinnen, – und zwischen den jugendfröhlichen Paaren saß unsichtbar der geflügelte Gott, seine Pfeile schärfend.
Reifere Männer schwelgten in heiterem Geplauder über Vergangenes, wußten ganz allerliebste Geschichten aus ihren Amtserfahrungen in Sicilien oder Kleinasien, leerten Becher um Becher, und citierten, wie zur Entschuldigung, die Worte des hellenischen Trinkliedes: ›Nyn chre methyskein‹ . . .
Ach, und dort – der verliebte Ehemann, der allezeit eifersüchtige Otho, der von zwei lustigen Tarraconenserinnen förmlich
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