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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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pünktlich in Scene gingen.
    Fast in dem nämlichen Augenblicke, da Nero, von seinem glänzenden Hofstaat umringt, nach dem Hochsitz wandelte, und die versammelten Senatoren mit einem weit vernehmlichen ›Ihr Herren, seid mir gegrüßt!‹ bewillkommte, tauschte Seneca draußen vor dem Vestibulum mit dem hochgewachsenen, graubärtigen Führer der germanischen Edelinge einen kräftigen Händedruck. Die Gesandten waren von ihren mähnenumwallten Rossen gesprungen.
    Nero, das ›Heil dem Kaiser!‹ der Senatoren mit einer huldvollen Handbewegung erwidernd, hatte sich auf einen der beiden Prunksessel unter dem Baldachin niedergelassen.
    Zu seiner Rechten stand Burrus mit einigen Militärtribunen. Zur Linken der Agrigentiner Sophonius Tigellinus; Otho, der Gatte der schönen Poppäa Sabina; der junge Dichter Lucanus, den Seneca während der letzten Monate auffällig beschirmt und gefördert hatte; der Geheimschreiber Epaphroditus; und einige andre Hof- und Staatsbeamte mit ihren vornehmsten Untergebenen.
    Weiter nach rechts und nach links folgten kleine Abteilungen von Prätorianern, in vergoldeten Harnischen, hochrot gefärbte Roßschweife auf dem blinkenden Helmfirst, an der Hüfte das Schwert, – den gewaltigen Langspeer nach Art der Wachtposten senkrecht im Arme.
    Rechts und links an der Spitze der Senatoren saßen die regierenden Konsuln, deren Amt seit der staatlichen Neugestaltung nur noch äußerlich eine Bedeutung hatte, aber nichtsdestoweniger glühend erstrebt wurde.
    Auch der germanischen Botschaft hatte der Staatsminister eine Ehrenwache von prätorianischen Kriegern zugeführt, die jetzt zunächst durch das Ostium einzog, und sich links vom Eingang, gerade dem Thron gegenüber, ordnungsgemäß aufstellte.
    Hiernach erschien der Staatsminister mit dem Führer der Chatten, Lollarius geheißen. Die übrigen, stattliche, hochgewachsene Männer von dreißig bis vierzig Jahren, blauäugig und blond, bis auf zwei, deren Haupthaar die dunklere Färbung des Südens zeigte, wandelten unmittelbar hinter Lollarius einher und machten dann in der Mitte des Atriums Halt, während ihr Anführer mit dem höflichen Seneca dicht zu dem teppichbelegten Podium heranschritt.
    »Allgewaltiger Cäsar,« begann der Staatsminister, »der vortreffliche und tapfere Mann, der in Gemeinschaft mit seinen edlen Genossen als ein Freund des römischen Namens hier das Palatium betritt, ist der Gaufürst Lollarius, wohl der Erste im Rate unter den chattischen Großen, ein ruhmreicher Heerführer und ein ausgezeichneter Kenner unsrer Sprache, unsrer Gesetze und Sitten.«
    So sprechend, trat Seneca neben den Agrigentiner Sophonius Tigellinus, der die Hünengestalt des chattischen Gaufürsten mit staunender Neugier musterte.
    Nero erhob sich, schritt bis auf die letzte Stufe des Podiums herab, und reichte dem Botschafter mit einem gewinnenden Lächeln die Hand.
    »Wir heißen dich und die Deinen in unsrer geheiligten Siebenhügelstadt freudig willkommen. Aus deinen Augen blickt Geradheit und Mut. Ich liebe das. Im Namen der hier versammelten Väter und des unbezwungenen römischen Volkes biet' ich dir ehrliche Freundschaft an. Denn unsre Freundschaft zu suchen – das wissen wir von unserm Proprätor, eurem Nachbar am Rheine – seid ihr nach Rom gereist.«
    »Du sagst es, großmächtiger Kaiser,« versetzte Lollarius in musterhaftem Latein; denn auch er hatte, wie jetzt sein ältester Sohn, vor vielen Jahren die Weltstadt am Tiberstrome besucht, um Studien zu machen auf dem Gebiete der Staatswissenschaften und der römischen Kriegskunst. »Nachdem dein Stellvertreter unsre berechtigten Wünsche erfüllt hat, wüßte ich nicht, weshalb wir Chatten euch grollen müßten, – wenn ich's auch tief beklage, daß die kaiserlichen Legionen manchen urgermanischen Landstrich nach und nach in römischen Boden verwandelt haben.«
    »Weshalb beklagst du das?« fragte der Cäsar.
    »Weil wir Nordlandsmänner, die ihr Römer nur als Einzelvölker beurteilt, weit näher untereinander verwandt sind, als der Italier mit dem Hispanier; weil wir ein großes, gewaltiges Reich von einerlei Stamm und Nation ausmachen könnten, wenn nicht ein Teil uns durch Rom entfremdet, ein andrer durch die leidige Zwietracht vollständig lahmgelegt wäre. Wir Chatten allein und die wackeren Sigambrer haben Verständnis für die Zusammengehörigkeit aller germanischen Stämme, für die Allmacht der Staatsidee, die euch Römer so groß gemacht, – kurz: für das Vaterland.«
    Der

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