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Nero

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Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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unsre Bewaffneten führt. Jüngst noch ein Jauchzen und Jubeln wie von hunderttausend liebedurstigen Lerchen, – und nun mit einemmal diese Verschlossenheit? Habt ihr euch etwa veruneint? Wie?«
    »Nein!« sagte die hübsche Pantherkatze mit erstaunlicher Barschheit.
    Jeder andre Sterbliche wäre durch ein halb so häßliches ›Nein‹ für immer der Gnade Agrippinas verlustig gegangen. Nur Acerronia genoß in dieser Beziehung die unglaublichsten Vorrechte.
    Agrippina ergriff ihre Hand. »Was ficht dich an, Täubchen?« fragte sie mütterlich. »Schon bei der Abfahrt hab' ich bemerkt, daß dein Antlitz etwas umflort war.«
    »Pah! Dieser Pharax!« rief Acerronia geringschätzig.
    »Ist dein Verlobter und wird, dafern es die Götter nicht hindern, noch vor Herbst dein Gemahl. Ich hab's ihm versprechen müssen . . .«
    »Müssen?« fragte Acerronia. »Wer konnte dich zwingen?«
    »Nun, er bat mich darum, er flehte . . .«
    »Wie viele bitten, ohne erhört zu werden!«
    »Ich verstehe dich nicht,« sagte die Kaiserin. »Hat dein Sinn sich geändert? Pharax gefiel dir doch. Gleich bei der ersten Begegnung.«
    »Ja, er gefiel mir, und er gefällt mir noch heute; aber eines gefällt mir nicht: daß er dir so gefallen hat.«
    »Närrin!« lächelte Agrippina. »Träumst du oder bist du bezecht? Wie kann's dich verdrießen, wenn der Mann, den ich dir zugedacht, meinen Beifall hat? Wär es dir lieber, ich fände ihn widerwärtig?«
    »Vielleicht, – – denn es kommt mir bisweilen so vor . . .«
    »Nun?«
    »Darf ich offen meine Gedanken aussprechen?«
    »Freilich.«
    »Nun, ich meine, du selber bist – über die Ohren verliebt in ihn.«
    Agrippina ward außerordentlich ernst.
    »Dank es den Göttern, daß der Cäsar dieses Wort nicht vernommen hat! Er ließe dich kreuzigen.«
    »Meinetwegen!« murmelte Acerronia. Sie nagte die Lippen. Ihre Stirn umwölkte sich zusehends.
    »Laß jetzt die Thorheiten!« sagte die Kaiserin strafend.
    »Nun, so verbiete den Sklaven, daß sie dir Dinge nachsagen, die . . . die . . .«
    »Du solltest vor Scham in die Erde sinken! Acerronia, die Tochter des cordubanischen Ritters, hört auf das Schandgerede der Unfreien! Jetzt verstehe ich erst! Wisse denn, Acerronia: mit eigenen Ohren hab' ich gehört, was zwei Dirnchen, die im albanischen Parke die Hecken zustutzten, selbander geschwatzt haben. Sie erfrechten sich, ihre Kaiserin zu beschimpfen; denn solche gemeine Seelen wissen ja niemals die politische Gunst der Fürstin von den Zärtlichkeiten des Weibes zu trennen. Ich rede hier ganz ohne Scheu, denn es ekelt mich an, daß gerade du in diesen schmutzigen Sumpf trittst. Ein Wink von mir, und jene Sklavinnen würden sterben. Agrippina aber denkt zu groß von ihrem unsterblichen Namen, als daß die Kleinheit und die Niedrigkeit sie beleidigen könnte. Artemis schoß die Pfeile auf die Töchter der Niobe, aber die Frösche im Tümpel mißachtet sie.«
    Die Worte der Kaiserin klangen so würdig und weihevoll, daß sie die Zweifel Acerronias glänzend besiegten.
    »Verzeih mir!« schluchzte das Mädchen.
    Sie legte ihr Antlitz wider die Schulter ihrer Gebieterin, als suchte sie Schutz vor sich selbst.
    Dann plötzlich zurückfahrend und ihre Hände wie Krallen ausstreckend: »Ich aber, ich bin keine Fürstin von hohem Geblüt; ich kann mich herablassen, die erbärmlichen Lügenmäuler zu züchtigen, wenn ich sie jemals wieder bei so schandbaren Reden ertappe. Und so schwör' ich's beim Jupiter . . .«
    »Ruhig, mein Kind!« unterbrach Agrippina die Zürnende. »Siehst du, hier sind wir bereits mitten im Häusergewühl. Trockne die Thränchen! Du hast eine Rolle zu spielen. Zum erstenmal erscheinst du vor dem Senat.«
    »Weshalb ist Pallas nicht mitgekommen?«
    »Er liegt im Fieber. Gestern abend ließ er sich krank melden.«
    »Ich bekenne dir, Herrin, daß ich für meine Person recht wenig Verlangen trage, mich von den ernsthaft-albernen Senatoren begaffen zu lassen.«
    »Du liebst Ausdrücke . . . Ernsthaft-albern! Uebrigens was du dir einbildest! Heute, bei einer so wichtigen Staatsaktion . . .!«
    »Mein rotes Haar ist noch wichtiger. Daß es schön ist, hast du ja selber gesagt, – fast so schön wie dein eigenes nachtschwarzes, und je älter die Männer, um so verrückter.«
    Die Hufschläge der Kappadozier dröhnten jetzt über das Pflaster der Via Sacra . . .
    Tigellinus hatte inzwischen von dem Herannahen des harnisch-umblitzten Reisewagens Kunde

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