Nervenflattern
könnte?«
»Nein. Und wenn, dann würde ich Ihnen davon nichts erzählen, weil ich meinen Job hier ziemlich gut leiden kann. Wenn was davon rauskommen würde, wie viel von meiner eigenen Meinung ich Ihnen schon gesteckt habe, würde ich genug Scherereien kriegen.«
Offensichtlich bekam Andrea Weil gerade Angst vor ihrer eigenen Courage. Lenz versuchte, sie zu beruhigen.
»Noch einmal, Frau Weil: Alles, was Sie uns erzählen, behandeln wir absolut vertraulich. Außerdem sind Sie sicher nicht die Einzige hier im Haus, die mit der Sache beschäftigt war.«
Die junge Frau entspannte sich etwas.
»Nein, darüber wissen schon einige Kollegen Bescheid. Aber von denen würde Ihnen keiner was dazu sagen, glaube ich.«
»Wir ermitteln in einer Sache, die mit der Entlassung von Frau Tauner nichts zu tun hat. Deshalb bitte ich Sie, uns alles zu erzählen, was Sie über die Geschichte von damals wissen, gehört haben oder auch nur vermuten«, fügte Lenz hinzu.
Es dauerte einen Moment, bis sie antwortete.
»Es ging das Gerücht um, dass der Leiter des Veterinäramtes selbst Dreck am Stecken gehabt hätte und die Tauner das Bauernopfer war, um die Medien zu beruhigen. Nach dem Motto ›seht her, wir greifen hart durch‹. Der OB und Stricker, der Amtsleiter, sind alte Freunde. Sie haben auch das gleiche Parteibuch. Da hackt eine Krähe der anderen doch kein Auge aus.«
»Aber bewiesen wurde nichts?«
»Da wurde so massiv gemauschelt und vertuscht, dass es am Ende nichts mehr zu beweisen gab. Und die Frau Tauner hatte sicher auch irgendwas gemacht, womit die sie erpressen konnten, sonst hätte sie sich doch juristisch gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen können.«
»Das ist merkwürdig, da gebe ich Ihnen recht. Aber es gibt keine Gerüchte oder Informationen, was das gewesen sein könnte?«
»Ganz ehrlich, nein. Aber, wie gesagt, da wurde so massiv Einfluss genommen, dass man sich so was sicher auch hätte zurechtbiegen können.«
»Und der Oberbürgermeister war involviert?«
»Offiziell nicht, dazu ist er viel zu schlau. Aber jeder hier im Rathaus kriegt mit, wenn etwas nicht nach seinem Willen läuft oder er etwas durchsetzen will. Dann ruft er kurz mal irgendwo an, und alles kommt so in Schwung, wie er es gerne hätte.«
Lenz musste ein Gähnen unterdrücken.
»Hatten Sie schon mal mit Herrn Freudenstein zu tun, dem Stellvertreter von Herrn Stricker im Veterinäramt?«
»Stellvertreter ist gut«, amüsierte sich die Frau, »der steckt doch bis zum Anschlag im Hintern seines Chefs. Und wenn Stricker etwas will, schickt er immer erst mal seinen Lakaien Freudenstein los. Ich wette, Sie waren schon im Veterinäramt, wollten zu Stricker und haben nur Freudenstein zu sehen bekommen.«
Sie grinste.
»Stimmt«, bestätigte Lenz überrascht. »Und Sie meinen, dass die beiden das immer so machen?«
»Mein Wort drauf. Selbst für uns vom Personalamt ist es nahezu unmöglich, Stricker zu fassen zu kriegen. Er hat sein Telefon meistens auf den Apparat von Freudenstein umgeleitet. Nur letztes Jahr, als die Sache mit Frau Tauner am Kochen war, ist er öfter im Rathaus aufgetaucht. Natürlich nie hier bei uns, sondern immer gleich beim Big Boss.«
Lenz jubelte innerlich, was natürlich weder die Angestellte der Stadtverwaltung noch Hain mitbekamen. Er stellte sich für den Bruchteil einer Sekunde vor, wie schön es wäre, Zeislinger eine Beteiligung an dieser offensichtlichen Schweinerei nachzuweisen. Und wieder blieben in seinen Gedanken nur Maria und er übrig.
Er fasste sich an die Stirn.
»Jetzt hätte ich fast vergessen, warum wir eigentlich zu Ihnen gekommen sind. Gibt es in Ihren Personalunterlagen vielleicht noch ein Foto von Frau Tauner?«
»Sicher, in der Personalakte ist immer ein Foto.« Sie stand auf.
»Ich gehe schnell rüber und hole es. Aber nur, wenn Sie es mir zurückbringen.«
Damit war sie auch schon verschwunden. Lenz und Hain mussten zwei Minuten warten, dann kam sie mit einem verstörten Gesichtsausdruck zurück.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Lenz besorgt.
»Ich weiß nicht. Zumindest kann ich die Akte im Archiv, wo sie sein müsste, nicht finden. Ich gehe mal eben nach drüben zu meiner Kollegin, vielleicht weiß die etwas über den Verbleib.«
Wieder dauerte es einige Minuten, bis sie zurückkam.
»Tut mir leid, meine Herren, aber die Akte ist nicht hier. Und es gibt auch im Moment keinen Hinweis, wo sie sein könnte.«
»Ungewöhnlich«, fügte sie nach einer kurzen Pause
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